Wenn Siemens-Chef Klaus Kleinfeld und sein Vorgänger Aufsichtsratsvorsitzender Heinrich von Pierer behaupten, sie hätten von den Schmiergeldzahlungen nichts gewusst, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie sagen nicht die Wahrheit oder sie haben ihr Unternehmen nicht wirklich im Griff gehabt. Ein Zeuge sagte laut Spiegel nun aus, die beiden Manager seien sehr wohl informiert gewesen - und hätten selbst einer Zahlung zugestimmt.
Der unter Bestechungsverdacht stehende Ex-Siemens-Manager Michael Kutschenreuter will Kleinfeld und Pierer zumindest in einem Fall über einen Bestechungsfall in Saudi-Arabien informiert haben, heißt es im "Wall Street Journal". Dabei verweist die Zeitung auf Zeugenaussagen und andere juristische Unterlagen, in die sie Einsicht hatte.
Selbst in der Fairness-Stiftung hatten wir seit 3 Jahren nicht juristisch verwertbare Hinweise, dass es bei Siemens in großem Ausmaß Korruption gab: trotz eines ausgiebigen Maßnahmekatalogs gegen Korruption und trotz Mitgliedschaft bei Transparency International. Das Ausmaß und die gesamte Korrptionslogistik ließen darauf schließen, dass die Unternehmensspitze vielleicht nicht selbst zu diesem Vorgehen aufforderte, es aber zumindest duldete und nicht so genau wissen wollte.
Des Korruptions Kern ist aber: Wer Erfolge um jeden Preis verlangt, wer Vertagsabschlüsse im Ausland um jeden Preis erwartet - falls nicht, wackeln Führungspositionen und Unternehmensteile, der bekommt sie auch um jeden Preis.
Allerdings: Bis zum Beweis gilt die Unschuldsvermutung, auch für Kleinfeld und von Pierer. Nur: die ist nicht weniger ungeheuerlich wie das Gegenteil. Denn sie bedeutet: auf der Ebene des Top-Managements war Korruption an allen Antikorruptionsstrategien und am Vorstandsvorsitzenden vorbei möglich, ohne das dieser etwas mitbekam. Das kann nur bedeuten: Vertrauen und Kommunikation in dieser Etage sind in einem elenden Zustand gewesen.
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