Blog nach Monat: August 2013

20.08.2013 10:52
Mobbing aus dem Umfeld
So hatte sich die neue Leiterin des Lingener Finanzamtes, Regina Lesch ihre Beförderung nicht vorgestellt: Kaum trat die Juristin ihren Posten als Vorsteherin des Finanzamtes in Lingen an, begann das Mobbing. Anonyme Briefe mit haltlosen Vorwürfen sind nur der Anfang. Ihren Höhepunkt erreichen die Anfeindungen, als Regina in einem Zeitungsartikel niedergemacht wird. Die verzweifelte Frau weiß nicht mehr weiter, bricht zusammen und geht sogar in eine psychiatrische Klinik. Wissen Claudia Ludwig und Wolfgang Kindler Rat? Das zeigte eine TV-Sendung am 28.8. auf Sat1 um 22:15 Uhr.

Wolfgang Kindler ist Gymnasiallehrer, berät seit dem Amoklauf von Emsdetten 2006 Schulen in ganz Nordrhein-Westfalen zum Thema. Als Autor veröffentlichte Kindler bereits mehrere Bücher, meist speziell für den Schul- und Jugendbereich, wovon die meisten das Thema Mobbing behandeln.

Seine fünfzehn Thesen zum Thema Mobbing lauten:
„1. Mobbing ist keine neue Gewaltform. Bereits in Märchen finden wir Beispiele für Mobbing: „Es war ein Mann, der hatte drei Söhne, davon hieß der jüngste der Dummling und wurde verachtet und verspottet und bei jeder Gelegenheit zurückgesetzt.“ Brüder Grimm - Die goldene Gans
2. Neu bei Mobbing sind jedoch zunehmende Willkür, Normenlosigkeit, Hemmungslosigkeit.
3. Verabschieden Sie sich von der Vorstellung, dass es in Ihrem Umfeld kein Mobbing gibt.
4. Eine Institution, sei es eine Firma, eine Behörde, eine Schule, die Probleme leugnet, kann sie nicht lösen.
5. Mobbingvorwürfe werden oft als Waffe gegen Dritte eingesetzt.
6. Mobbing ist eine dauerhafte Gewaltform, sodass die dabei entstehenden Rollen von Täter und Opfer verinnerlicht werden.
7. Mobbing wirkt sich auf das gesamte soziale Feld aus, in dem es stattfindet. Auch unbeteiligte sind Opfer des Mobbings. Und oft genug Mittäter.
8. Mobbing kann jeden treffen. – Das Opfer gibt es nicht.
9. Die Ursachen für Mobbing liegen in den Persönlichkeitsstrukturen der Täter, in der Struktur der jeweiligen Gruppe und im Umgang der Leitung mit Mobbing.
10. Mobbing ist ein Gruppenproblem. Denn Mobbing ist nur möglich, wenn es von der Gruppe zugelassen wird.
11. Mobbing ist ein Täterproblem. Die Täter entscheiden sich zu mobben. Kein Mensch muss mobben.
12. Mobbing nimmt die Lust und die Fähigkeit, erfolgreich zu arbeiten.
13. Mobbing macht krank. Physisch und psychisch.
14. Mobbing wird in der Regel verdeckt ausgeübt.
15. Die vermeintlichen oder wirklichen Schwächen und Fehler der Opfer sind Anlass, nicht Ursache“.

Die Thesen sitzen. In die entgegengesetzte Richtung geht es mit Fairness. Da fehlt es oft an fundiertem Wissen, an Hintergrund, an analytischen Ansätzen, um Unfairness zu bewältigen und Fairness zu stärken. Zu finden in:
"Das Fairness-Buch zum Thema"

Die Sendungen „Schluss mit Mobbing“auf Sat1 (Trailer, Vorschau, Folgen):
"TV-Serie"




06.08.2013 12:21
Wie fairer Handel (Fair Trade) fairer werden muss
Fairer Handel hat noch viel Potenzial. Und zwar bei der Fairness und bei der Verbreitung. Das zeigt der Film "Wie fair ist Fairtrade?" ARTE (Link dazu siehe unten). Das zeigt auch eine nicht repräsentative Umfrage des Bildungszentrums des hessischen Handels, die im Herbst 2013 veröffentlicht wird. Fair Trade könnte zum neuen Trend werden. Allerdings kommen auch dessen Widersprüche dann mehr auf den Tisch als bisher. Das zeigte auch im Oktober 2012 das Internationale Fairness-Forum der Fairness-Stiftung mit dem Titel: Produzieren - verkaufen - konsumieren: geht das wirklich fair?
Zur Erkenntnis der Fairness-Qualität von Unternehmen verhilft der Fairness-Check (www.fairness-check.de). Und es gibt Fairness-Qualität, wo sie als solche nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist, wie etwa der gerecht gehandelte Kaffee aus Guatemala, den als Partner hierzulande die action365 vertreibt.

Auf dem Fairness-Forum erläuterte ein Pionier der ersten Stunde und Experte für fairen Handel, Dr. Martin Kunz, was dies Widersprüche fairen Handels bedeuten: Er demonstrierte an Beispielen fair gehandelten Kautschuks (Gummi) und fair gehandelter Bio-Baumwolle die Schwierigkeit und damit die Aufgaben, die noch zu bewältigen sind. Ein Problem ist auch die noch zu geringe Nachfrage nach fair gehandelten Produkten in den Industrieländern, so dass Bio-Tee-, Kautschuk- und Baumwollbauer zwar eifrig Ländereien und Produktionen zur Bio-Erzeugung und zu fairen Handel verändert haben, aber ihre Produkte oft nicht in gleichmäßig verlässlicher Menge auf dem Markt loswerden. Dass der ganze Bereich der globalen Transporte und damit die Speditionsbranche noch gar nicht im Blick fairen Handels und ökologischer Kriterien sind.

Zum ARTE-Film berichtet der Regisseur Donatien Lemaître, wie sich mit dieser Arbeit sein Blick auf Fairtrade geändert hat: "Ich drehte eine Reportage über den Anbau von Ananas in Costa Rica. Die Produktion dort wird von amerikanischen Firmen kontrolliert, was zu grossen Mißständen führt: sowohl sozialer Natur als auch für die Umwelt. Da ich zeigen wollte, dass es noch andere Ansätze gibt, habe ich in einer Fairtrade-Kooperative gedreht.

Und - zu meiner großen Überraschung musste ich entdecken, dass bei den Kleinproduzenten die Arbeiter, hauptsächlich Nicaraguaner, nicht nur weit unter dem Mindestlohn arbeiten, sondern auch ohne jeglichen Schutz - und die Ananas ist eine empfindlich stechende Pflanze...

Insgesamt erschien mir dieser Geschäftszweig ziemlich komplex... Und so dachte ich bei meiner Rückkehr, ein langer Dokumentarfilm könnte das Thema Fairtrade global betrachten und sowohl den Erfolg als auch die Probleme aufzeigen.

Die Fairtrade-Bewegung hat große Prozesse in Bewegung gesetzt. Die Idee, kleine Produzenten zu unterstützen, war ja ganz neu. Wie man am Beispiel Mexiko sieht, können kleine Produzenten, die für Fairtrade-Kooperativen arbeiten, ihre Lebensbedingungen merklich verbessern.

In dem Dorf, in dem ich drehte, konnten sich die Familien einen Küchenanbau leisten. Das scheint auf den ersten Blick nichts Besonderes zu sein, aber so müssen die Menschen wenigstens keine giftigen Dämpfe mehr einatmen. Außerdem schicken die meisten Väter ihre Kinder auf weiterführende Schulen und finanzieren die Ausbildung, so dass die nächste Generation wahrscheinlich schon anders leben wird. Allerdings vollzieht sich dieser positive Prozess sehr langsam. Zu langsam, finden die Produzenten.

Ich finde, die Kommunikation rund um den fairen Handel ist zu vereinfachend, zu simpel. Mit dem Label Fairtrade kauft man zwar die fairen Arbeitsbedingungen, weiß aber nicht, dass die zuweilen nur für die Kleinproduzenten selbst gelten.

In der Dominikanischen Republik zum Beispiel beschäftigen die geförderten Kleinproduzenten von Bananen Erntehelfer aus Haiti, die von den Fairtrade Richtlinien überhaupt nicht profitieren. Das wird verschwiegen. Sie leben unter miserablen Bedingungen, verdienen schlecht und haben noch nicht mal ein Visum.

Außerdem wird nicht kommuniziert, dass immer mehr große Bananen-Produzenten mit mehreren hundert Mitarbeitern gefördert werden, da die Nachfrage nach Fairtrade-Bananen angeblich nicht durch die kleinen Produzenten gedeckt werden kann, vor allem für den englischen Markt. Ziel von Fairtrade ist aber, Bedürftige zu unterstützen und nicht Wohlhabende reich zu machen.

Hinzu kommt, dass Fairtrade International mit Sitz in Bonn zunehmend Partnerschaften mit multinationalen Konzernen schließt. Das ist völlig paradox: Als die Gründer (der Missionar Frans van der Hoff und der Ökonom Nico Roozen) das Label geschaffen haben, ging es ja genau darum, die Praktiken der internationalen Kaffee-Konzerne anzuprangern, die durch Kurspekulationen die kleinen Produzenten ausgehungert haben.

Fairtrade hat seine ursprüngliche politische Dimension zum Teil eingebüßt, aber viele Verbraucher wissen dies nicht: Sie sehen in diesem Label ein echtes Werkzeug, um die Welt zu verändern. Fairtrade International wiederum versucht, das System von innen heraus zu reformieren. Und genau da drückt der Schuh.

Problematisch daran ist, dass die Handelsriesen bei den fair gehandelten Produkten besonders große Gewinnmargen einstreichen. Der Verbraucher zahlt einen höheren Preis. Aber von dem Geld, das Bedürftige unterstützen soll, bleibt der größte Teil beim Händler. Und das ist legal, weil Fairtrade den Händlern keinen Verhaltenskodex vorschreibt“.

Frage von Barbara Bouillon an den Regisseur: „Sollen die Verbraucher Fairtrade denn trotz allem noch unterstützen?"

Antwort von Donatien Lemaître: "Unbedingt! Mein Film zeigt, dass Fairtrade bereits Großes umsetzen konnte. Allein die Transparenz, dass man die Kette vom Produkt bis zum Produzenten nachvollziehen kann, ist eine große Errungenschaft von Fairtrade.

Auch wenn nicht alles perfekt ist in der Kette, haben wir dank dieses Labels erste Informationen darüber, wie unser Tee, unsere Bananen, unser Kaffee am anderen Ende der Welt produziert werden.

Über die Produktionsweise der anderen Produkte wissen wir gar nichts. Also ist Fairtrade meiner Meinung nach in jedem Fall vorzuziehen. Mein Film soll die Verbraucher informieren und sensibilisieren, mit dem Ziel, dass sich Fairtrade - auch unter dem Druck der Öffentlichkeit - weiterentwickelt und verbessert“.

Auch die Fairness-Qualität der Faire Trade-Produkte und Unternehmen muss transparenter und insgesamt dadurch fairer werden.

"Fairness-Check"

"ARTE-Themenabend mit diversen Filmen und Dokumentationen"

"Faire Trade auf dem Internationalen Fairness-Forum der Fairness-Stiftung"

Gerecht gehandelter Kaffee seit 40 Jahren

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