Blog nach Monat: Juni 2008

19.06.2008 13:30
Fairness und Fußball – geht das noch zusammen?
Im Fußball müssen Leistungs- und Fairnessprinzip zusammen gebracht werden. Das gelingt nur wenigen Spielern und Teams. Beim Spitzenfußball geht es um viel Geld, um Prestige, um Marktwert. Das „faire Foul“ ist an der Tagesordnung. Und Härte gegenüber dem Gegner gilt aus Ausweis von Einsatzfreude und Durchsetzungswillen. Faires Spiel hingegen wird als Risiko für den Sieg angesehen.

Die Sport- und Sozialpsychologie hat herausgefunden, dass der Trainer als Vorbild großen Einfluss darauf hat, ob seine Spieler bereit sind, gegen Fairnessnormen zu verstoßen. Toleriert der Trainer unfaires Verhalten seiner Spieler, verhalten sie sich eher unfair. Duldet der Trainer Fairnessverstöße nicht, agieren sie eher regelgerecht. Von vielen Coaches ist bekannt, dass sie ihre Spieler auffordern, den Gegner hart anzugehen. Der Sportwissenschaftlers Gunter Pilz von der Universität Hannover hatte schon vor einigen Jahren 1000 Fußballer zwischen 12 und 14 Jahren zu ihrem Fairness-Verständnis befragt. Es zeigte sich: Je länger jemand im Verein kickte, desto eher war er bereit, unfair zu spielen. Ähnliche Erkenntnisse gewann der Sportpsychologe Hartmut Gabler, der gleichfalls 1000 Jugendliche befragte. Je größer der Wettkampfcharakter des Fußballs, so Gabler, desto irrelevanter werden Fragen der Fairness.

Wie Unfairness umgedeutet und für Fairness gehalten wird, zeigt die Definition des „fairen Fouls“. Untersuchungen belegen, dass Trainer und Spieler zwischen "fairen" und "unfairen" Fouls unterscheiden. „Faire Fouls“ dienen der Taktik und werden sogar trainiert. Unfaire, also brutale Fouls lehnen die Coaches mehrheitlich ab. Foul ist nicht gleich Foul - so lautet die Doppelmoral des Fußballs. Gabler konnte nachweisen, dass Fußballer Regelverstöße wie Notbremsen, Schwalben und Zeitspiel als regelwidrig einstufen, aber nicht als normverletzend. Die Logik des Fußballers klingt so: Es entspricht zwar nicht der Regel, ein Foul zu begehen, aber der Norm.

Zur Fairness neigen die Spieler eher, wenn der Schiedsrichter als fair erlebt und empfunden wird. Wird der Schiedsrichter als unfair angesehen, leiten offensichtlich Spieler davon die Erlaubnis zu eigenen Verstößen gegen die Fairness ab. So eine Studie vom Jahresanfang. Offensichtlich findet sich in den Spieler selbst keine Motivation zu fairem Spielverhalten. Und das Training in den Vereinen in offenbar nicht geeignet, Orientierung und Wertigkeit der Fairness zu vermitteln. Armer Sport: keine zu realisierende Idee, wie Fairness und Spitzenleistung zusammen passen. Das ist unprofessionell und ein Armutszeugnis für die Ansprüche des Sports. Er könnte sich an der freien Wirtschaft ein Beispiel nehmen. Da gibt es überzeugende Unternehmen, die Spitzenleistung und Fairness zusammen bringen.
http://www.fairness-stiftung.de/FSBlogEintrag.aspx?EID=60 http://www.fairness-stiftung.de/Fairnesspreise.htm

10.06.2008 17:01
Fairness-Abkommen versinkt im Kampf
Neues von der Fairness-Front. Vor einigen Wochen startete die IG Metall ihre Kampagne "Leiharbeit fair gestalten" gestartet (unser Blog berichtetet darüber unter "Fairness-Abkommen"). Der IG Metall-Bezirk Frankfurt hat mit den Zeitarbeitsverbänden IGZ und BZA ein "Fairness-Abkommen" geschlossen, mit dem Mindestbedingungen für Zeitarbeits-Beschäftigte festgeschrieben werden sollen.

Der Versuch, auch andere Zeitarbeitsunternehmen auf dieses Abkommen zu verpflichten, stieß bald auf den Widerstand des Arbeitgeberverbands Mittelständischer Personaldienstleister (AMP), der beim Landgericht Frankfurt eine Einstweilige Verfügung erwirkte, mit der der IG Metall untersagt werden soll, Zeitarbeitsfirmen unter Androhung von Aktionen gegen sie zur Unterzeichnung dieses Abkommens aufzufordern (AZ: 2-06 O 253/08).

Die Fairness-Stiftung sah es kritisch, mit der notwendigen Zustimmung von Betriebsräten zum Einsatz von Zeitarbeitsfirmen in den Unternehmen ein Fairness-Abkommen zu erzwingen. Zwang passt nicht zu fairer Partnerschaft.

Nun hat der Leiter des IG Metall-Bezirks Frankfurt, Armin Schild, sich wegen der Einstweiligen Verfügung kämpferisch gezeigt: "Es freut uns, dass der getroffene Hund bellt und die Kampagne der IG Metall Wirkung zeigt", sagte Schild. "Es bleibt dabei, wir reichen den Arbeitgebern der Branche, die zur Fairness bereit sind, die Hand. Das gilt auch für AMP-Mitglieder. Aber wir werden auf keinen Fall unfaire Zeitarbeit akzeptieren", erklärte Schild.

Das ist die andere Seite: Mit unfairen Bedingungen für Zeitarbeiter, die wiederum die Gehaltsstruktur und das Arbeitspensum der Festangestellten drücken, zwingen die Unternehmen die Mitarbeiter in schlechtere Arbeitsverhältnisse. Auch das schafft keine faire Partnerschaft zwischen Arbeitsgeber und -nehmern, sondern Kampf und Misstrauen.

Ein Fairness-Abkommen, das seinen Namen verdient, entsteht aus der Einsicht in die wechselseitige Abhängigkeit zu Gunsten einer erfolgreichen Zukunftsstrategie. So weit sind die Partner nicht. Noch stehen die Signale auf Kampf, nicht auf Fairness.



02.06.2008 17:45
Gesine Schwan: Mehr Fairness!
Prof. Dr. Gesine Schwan, SPD-Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin, hat zu mehr Fairness in der politischen Auseinandersetzung aufgerufen. Der Kampf um die besseren Argumente sei aber eine unverzichtbare Voraussetzung für die Demokratie, sagte sie am Samstag zum Abschluss des SPD-Zukunftskonventes in Nürnberg. Sie werde das kommende Jahr bis zur Wahl nutzen, um für mehr Demokratie in der Gesellschaft zu werben und eine Debatte über Grundwerte in Deutschland in Gang zu bringen. Dabei betonte sie ausdrücklich, dass es zur Demokratie gehöre, miteinander streiten zu können: "Ich finde, dass wir uns wieder daran gewöhnen müssen, dass Politik kontrovers sein kann, ja muss." Weiter mahnte Gesine Schwan an, dass Politik stärkeren Einfluss auf die Wirtschaft nehmen müsse: "Politik muss Wirtschaft gestalten - Politik darf nicht das Anhängsel der Wirtschaft sein."

Wenn der Appell von Gesine Schwan tatsächlich wirken soll, dann müssten allerdings persönliche Attacken aus dem politischen Streit verschwinden. Doch daran ist nicht zu glauben, zumal eine ganze Mediengruppe davon lebt, aus Sachfragen Personenfragen zu machen und als persönliche Attacken zuzuspitzen. Zur Fairness würde im politischen Wettstreit auch gehören, weder den politischen Gegner noch den Wähler für dumm zu verkaufen.

01.06.2008 15:54
Fairness-Abkommen auf der Kippe
Fairness lässt sich nicht erpressen. Das ist widersinnig. So sah es die Fairness-Stiftung schon am 11.4.08 in Bezug auf das Fairness-Abkommen der Gewerkschaften mit den Zeitarbeitsfirmen. So sah es nun auch der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und erwirkte
beim Landgericht Frankfurt/Main gegen die IG Metall eine mit 250.000 € strafbewehrte einstweilige Verfügung. Die IG Metall hatte im April dieses Jahres Zeitarbeitsunternehmen mit der Androhung, dem Einsatz von Zeitarbeitsfirmen in den Unternehmen seitens der Betriebsräte nicht mehr zuzustimmen, die Zeitarbeitsfirmen zu Fairness-Abkommen veranlasst. In einer einstweiligen Verfügung vom 21. Mai 2008 hat das Landgericht Frankfurt der IG Metall mit einem Ordnungsgeld von 250.000 € untersagt, weiterhin in dieser Form an Zeitarbeitsunternehmen heranzutreten. Der Präsident des Arbeitsgeberverbandes Peter Mumme, sagte: „Wir haben uns als einziger Zeitarbeitsverband erfolgreich gegen die Zumutung zur Wehr gesetzt, dass die IG Metall mehr als 8.000 Unternehmern und Unternehmerinnen mit nach meinem Empfinden erpresserischen Methoden die Bedingungen diktieren will, mit denen Vertragsbeziehungen zu Mitarbeitern und Kunden geregelt werden."
Die Fairness-Stiftung fragte am 11.4.08: „Ob das fair ist: zu einem Abkommen genötigt werden und mit einem Abkommen Wettbewerbsvorteile sichern?“ Und war zugleich skeptisch, dass das Fairness-Abkommen wirklich Fairness bedeutet. Und empfahl: „auf lange Sicht kommen Unternehmen und Gewerkschaften nur kooperativ, aber weniger konfrontativ weiter. Da kann man sich das teure Hick-Hack gleich sparen und mit fairem Vorgehen Zeit, Geld und Ansehen sparen.“

Nun wäre es Sache des AMP, auf die Gewerkschaften zuzugehen, um eine kooperative Vorgehensweise zu finden. Denn der Kerngedanke „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist Fairness-Abkommen gilt nach wie vor, denn die Zeitarbeitnehmer tragen schon größere Risiken als andere Arbeitnehmer. Und die Arbeitgeber haben die Vorteile der Flexibilität, Mobilität und reduzierter Kosten auf ihrer Seite.


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