22.01.2016 12:38
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Fairness-Fall: dm und Alnatura befehden sich
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Neue Runde im Rechtsstreit: dm-Gründer Götz Werner gegen den Alnatura-Chef Götz Rehn. Wie das Landgericht Frankfurt bestätigte, klagt dm-Gründer Götz Werner erneut gegen den Alnatura-Chef Götz Rehn. In erster Instanz war die Klage abgewiesen worden (AZ: 2-06 O 44/15). Das Landgericht Frankfurt bestätigte am Donnerstag einen Bericht des "Handelsblatts", das zuerst darüber berichtet hatte. Werner hat Berufung eingelegt und will nun vor dem Oberlandesgericht Frankfurt klagen. Die einstigen engen Partner scheinen sich gründlich zerstritten zu haben.
Die beiden Manager waren nicht nur 30 Jahre lang erfolgreiche Geschäftspartner. Rehn ist auch Werners Schwager. Werner verlangt von Rehn die Markenrechte an Alnatura. Er argumentiert damit, dass Alnatura erst durch dm erfolgreich geworden sei. Vor einiger Zeit hat dm indes eine eigene Bio-Linie gestartet. Durch die Eigenmarke verspricht sich dm offenbar höhere Margen, meinen Branchenkenner. Das Unternehmen dm kommentiert dies nicht. Der dm-Geschäftsführer Erich Harsch spricht lieber von Kundennutzenmaximierung durch mehr Vielfalt in den Regalen statt von Gewinnmaximierung. Intelligentes Wording war schon immer die Kunst von dm.
Laut „Handelsblatt“ verklagt außerdem das Unternehmen dm auch noch Alnatura vor dem Landgericht Darmstadt: Alnatura will sich nicht mehr an einen Kooperationsvertrag mit dm halten, nachdem die Drogeriekette etwa 200 Produkte des langjährigen Lieferanten aus den Regalen genommen hatte. Die Sprecher von dm und Alnatura bestätigten den Inhalt der Klagen.
Alnatura hat indes den Online-Handel intensiviert und ist eine Vertriebspartnerschaft mit dem größten deutschen Lebensmittelhändler Edeka eingegangen. „Die Alnatura-Produkte werden von den Edeka-Kunden sehr stark nachgefragt. Wir bekommen sehr positive Rückmeldungen“, sagte die Sprecherin. „Auch unser Online-Shop ist gut angelaufen.“
Das Unternehmen Alnatura zeigt sich offen enttäuscht. Ihm zufolge werden bis April 70 Prozent der Alnatura-Produkte bei dm ausgelistet. „Es ist sehr schade, wir haben 30 Jahre sehr eng und erfolgreich zusammengearbeitet“, sagte eine Alnatura-Sprecherin am Donnerstag. Das Verhältnis zwischen dm und Alnatura sowie zwischen Götz W. Werner und Götz Rehn ist wohl endgültig zerrüttet. Es sei denn, beide bekennende Anthroposophen besinnen sich und ergreifen die Möglichkeit einer fairen Mediation. Im Moment sieht es nicht danach aus.
Vielleicht ruft Götz Werner mal bei der Fairness-Stiftung an. Immerhin hat er 2003 den Deutschen Fairness Preis erhalten. Hat er seine Orientierung vergessen?
"Zoff zwischen dm und Alnatura"
"Werner und Rehn zoffen sich"
"Warum dm Alnatura aus den Regalen wirft"
"dm im Fairness-Check"
"Alnatura im Fairness-Check"
"Deutscher Fairness Ehrenpreis 2003 an Götz Werner"
"Edeka im Fairness-Check"
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13.01.2016 11:38
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Rote Karte im Verkehr
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Aggression, Egoismus und Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr: Unfairness massenhaft. Der ADAC hält aggressives Verhalten auf deutschen Straßen für Alltag. Mitgliederbefragungen des ADAC haben gezeigt: Acht von zehn Autofahrern empfinden egoistisches und rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr als besonders belastend. Ärger entsteht vor allem, weil sich Verkehrsteilnehmer – ob absichtlich, fahrlässig oder versehentlich – nicht an die Verkehrsregeln halten. Doch was der ADAC nicht erwähnt: die Rechthaberei im Straßenverkehr trägt mit dazu bei, wenn Verkehrsteilnehmer anderen wegen Fahrfehler oder unfairem Verhalten gleich Mores lehren wollen. Und: die Werbung für leistungsstarke, sportive Autos sowie die erhöhte Sitzposition in SUV schaffen Überlegenheitsgefühle und –bedürfnisse, die im Verkehr ausgelebt werden. Man sehe sich nur die TV-Autowerbung an. Werbung für faires Fahrverhalten ist etwas anderes.
Der ADAC hat einen Verhaltenskodex – einen „Knigge“ für die Straße – für ein faires Miteinander zusammengestellt: - Blickkontakt: "Straßenverkehr findet über Kommunikation statt. Ohne Blickkontakt mit anderen Verkehrsteilnehmern kann das Miteinander nicht funktionieren. Deshalb sollte stets der Blick nach draußen die Kommunikation ermöglichen – zu anderen Autofahrern, Radfahrern, Fußgängern und vor allem zu Kindern. - Handzeichen: Im Straßenverkehr kommen zahlreiche Gesten zum Einsatz – oft sind es jedoch nur die beleidigenden. Mit freundlichen Handzeichen hingegen lässt sich Danke sagen, entschuldigen oder loben. - Blinken: Fahrmanöver ausführen, ohne zuvor andere Verkehrsteilnehmer darüber zu informieren, erzeugt zwangsläufig Ärger. Deswegen muss, etwa beim Abbiegen oder Spurwechseln, zwingend geblinkt werden. - Zeit einkalkulieren: Häufig lösen Stress und Termindruck aggressives Verhalten aus. Oft genügt schon ein Stau, dass Sicherungen bei Autofahrern durchbrennen. Tipp des ADAC: Einige Minuten zusätzlich als Sicherheitsplus einkalkulieren, frühzeitig starten und entspannt ans Ziel kommen". Zu ergänzen wäre: - Vorteil gönnen: es geht im Verkehr nicht primär um's Recht haben, sondern um heil und gesund am Ziel anzukommen. Dazu gehört auch, aggressives Fahren durch rücksichtsvolles ersetzen, auch dem anderen Verkehrsteilnehmer einen Vorteil gönnen und nicht um Biegen und Brechen streitig machen. Denn das sind oft die Ursachen für Karambolagen, wo weder Nebel noch Regen noch Schnee und Eis den Verkehr beeinträchtigen, sondern nur der Mensch allein.
Gute Tipps für mehr Fairness im Verkehr. Doch wie sieht’s mit der Fairness im ADAC-Verein aus? Es gibt eine Reihe von Personal- und Strukturentscheidungen, die ihre Bewährungsprobe noch vor sich haben. Und eine Orientierungsänderung wäre auch ratsam: Nicht die freie Fahrt für freie Bürger propagieren und den Autosport sponsern, sondern für mehr Fairness im ADAC und auf der Straße aktiver und deutlicher eintreten – auch mal mit weniger Geschwindigkeit, mehr Fußgefühl und Achtsamkeit.
"Verkehrs-Knigge"
"Reformentscheidungen im ADAC"
"Wer das Reglement im ADAC überwacht"
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04.01.2016 11:57
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Ist der Sinn für Fairness kulturell verschieden geprägt?
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Der Sinn für Fairness ist nicht in allen Kulturen gleichermaßen ausgebildet. Am stärksten reagiert das eigene Fairness-Empfinden, wenn man selbst von Unfairness betroffen ist. Und dass scheint es in allen Kulturen zu geben. Doch ein Fairness-Gespür für die Unfairness anderen gegenüber gibt es nur in wenigen Kulturen und ist sehr unterschiedlich ausgeprägt.
Studien hatten bisher schon bei Kindern im Alter von drei bis fünf Jahren nachgewiesen, dass sie einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn haben und sich auch für die Opfer von Ungerechtigkeiten einsetzen. Allerdings waren die bisherigen Studien vor allem auf westliche Kulturen konzentriert und hatten andere Kulturkreise nicht genügend berücksichtigt. Unklar war deshalb bisher, ob sich der scheinbar weltweit vorhandene Sinn für gerechtes Teilen bei Kindern aller Kulturen auf dieselbe Art und in vergleichbarem Alter entwickelt.
Der Psychologe Peter Blake von der Boston University und seine Kollegen wiesen nun durch Untersuchungen mit Hilfe von Süßigkeitsverteilungen nach, dass der Gerechtigkeitssinn bei Kindern von der Kultur abhängt. Alle Kinder pochen vor allem dann auf Gerechtigkeit, wenn sie von Benachteiligung selbst betroffen sind. Nur in wenigen Kulturen protestieren sie gegen unfaire Verteilungen, die ihnen selbst einen Vorteil bringen. Ein Sinn für Gerechtigkeit existiert demnach in allen Kulturen – er entwickelt sich aber in unterschiedlichem Alter und auf unterschiedliche Weise, beschreiben die Forscher im Journal "Nature".
Die ersten Unterschiede zeigten sich je nach Alter der Kinder: Jüngere Kinder wiesen schnell Verteilungen zurück, bei denen das andere Kind mehr erhielt als sie selbst. Ab einem Alter von etwa acht Jahren verwarfen die Kinder aber auch dann die Süßigkeiten, wenn das andere Kind deutlich weniger als sie erhalten sollte. „Es war ein ziemlich überraschendes Resultat, dass Kinder ein solches Opfer eingehen“, meint Blake. „Als wir sie nach dem Grund fragten, sagten sie, es sei nicht fair“.
Die Untersuchungen fanden in der Bostoner Region statt sowie an insgesamt bei über 1.600 Kindern aus Kanada, Indien, Mexico, Peru, Senegal, Uganda und den USA. Die Experimente mit den Kindern zwischen vier und fünfzehn Jahren ergaben. Sobald das andere Kind weniger Süßigkeiten erhalten sollte, zeigten sich jedoch überraschenderweise nur Kinder aus Kanada und den USA sowie aus Uganda solidarisch und verzichteten aus Fairness-Gründen auf den eigenen Vorteil. Die Forscher nehmen daher an, dass der Sinn für diese Form der Ungerechtigkeit eher kulturell geprägt ist, als der universell vorhandene Widerstand gegen den eigenen Nachteil.
Den Forschern war es wichtig zu betonen, dass ihre Ergebnisse nicht zwangsläufig bedeuten, bestimmte Kulturen seien egoistischer als andere. „Wir behaupten nicht, dass die Abneigung gegen den eigenen Vorteil durch Ungleichheit in diesen Kulturen nicht existiert“, sagt Studienleiter Felix Warneken von der Harvard University in Massachusetts. „Es kann sein, dass Kinder in den USA und Kanada schon früh darauf gebracht werden, und dass es in anderen Kulturen erst später auftritt“. Die teilnehmenden Kinder aus Uganda waren außerdem an ihrer Schule auch von westlichen Lehrern unterrichtet worden, was sie entsprechend kulturell mitgeprägt haben könnte.
„Ein wichtiger Hinweis ist, dass wir nur eine begrenzte Zahl Kulturen überprüft haben“, fügt Erstautor Blake hinzu. „Wir haben zum Beispiel keine Jäger-und-Sammler-Kulturen untersucht. So ist es gut möglich, dass wir dieses Phänomen auch in solchen Kulturen antreffen“. Die bisherigen Ergebnisse seien jedoch ein wichtiger erster Schritt, die kulturellen Ursprünge des Gerechtigkeitssinnes besser zu begreifen. Die gefundenen Unterschiede und Prozesse sollen auch die Auswahl untersuchter Kulturen in zukünftigen Studien erleichtern.
Quelle: Nature, 2015; doi: 10.1038/nature15703; Harvard University / Boston College, 23.11.2015 - AKR
"Ist Fairness kulturabhängig?"
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