29.04.2025 11:48
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Profitgier bei Nestlè
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Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) reagiert mit scharfer Kritik auf die Ankündigung von Nestlé, die Werke in Neuss bis August 2026 und Conow bis Anfang 2026 schließen zu wollen. Dies sei unverantwortlich gegenüber den 234 Beschäftigten (151 in Neuss, 83 in Conow).
Guido Zeitler, Vorsitzender der NGG, dazu: „Nestlé will Werke schließen, obwohl die Umsätze weltweit gestiegen sind. Nestlé ist ein hochprofitabler Konzern. Die Schließung erfolgt, um diese Profitabilität noch weiter zu steigern, also aus reiner Profitgier auf Kosten der Beschäftigten. Wir fordern die Konzernleitung auf, diesen radikalen Schritt zu unterlassen und ihrer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden an den Standorten Neuss und Conow nachzukommen.“
Andreas Zorn, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates der Nestlé Deutschland AG und Betriebsratsvorsitzender des Werkes in Neuss ergänzt: „Es ist unerträglich, dass Beschäftigte die Konsequenzen der völlig verfehlten Managementstrategie eines Großkonzerns tragen sollen. Die Schließung insbesondere des Thomy-Werkes Neuss wird konzernseitig damit begründet, dass in der Vergangenheit leider Investitionen unterblieben seien. Das ist hochgradig zynisch gegenüber uns als Betriebsrat. Wir haben immer wieder genau darauf hingewiesen, Nestlé hat blockiert. Und nun sollen wir Beschäftigte und unsere Familien die Konsequenzen tragen, vor die der Konzern uns alternativlos stellt. Noch unverfrorener wird die Konzernerzählung, wenn die Schließung des Standortes Neuss nun Investitionen in unsere Produkte an anderen Standorten finanzieren soll. Wir werden gegen dieses absurde Theater eines höchst profitablen Großkonzerns Widerstand leisten. Investitionen ja bitte – aber an den Standorten Neuss und Conow!“
Carolin Jakob, Betriebsratsvorsitzende des Werkes in Conow ergänzt: „Gestern hat uns Nestlé in Conow noch gefeiert, als besonders agil, flexibel und kompetent. Als beispielhaftes Testlabor des Konzerns und Produktionsstätte für kleine Serien von zum Teil ausgefallenen Lebensmitteln. Das soll heute plötzlich anders sein? Das kann nicht stimmen. Das ist auch heute noch so! Unsere Produkte sind profitabel – daran gibt es keinen Zweifel! Und wir produzieren eine vegetarische Innovation: Vuna. Aber: Dass ein neues Produkt ohne relevante Marketingmaßnahmen nicht gleich den kapitalmarktgetriebenen Profiterwartungen von Nestlé entsprechen kann, ist doch klar. Und das Produkt soll laut Nestlé auch nicht eingestellt werden, sondern an einen anderen Standort verlagert werden. Apropos Standort. Wir leben hier in einer schönen Region, die ist aber das, was man strukturschwach nennt. Vergleichbare Industriearbeitsplätze gibt es für uns nicht. Deshalb darf es keine andere Antwort geben: Maggi Conow bleibt! Thomy Neuss bleibt!
Die NGG kritisiert darüber hinaus, dass Nestlé in Deutschland immer weniger auf regionale Wertschöpfung setze und stattdessen auf Konzentration und Outsourcing von Arbeitsbestandteilen an externe Dienstleister. Dazu sagt Zeitler: „Mit jeder weiteren Schließung entfernt sich Nestlé weiter von seinem eigenen Versprechen, eine weltweite Marke zu sein, die regional produziert und ausgeliefert wird.“
Wie ein schlechter Scherz klingen die Schließungspläne, liest man auf der Webseite, wie Nestlé dort den Standort Conow bewirbt: „Wir sind in der Region verwurzelt und gerne hier. Wer Lust auf eine familiäre Arbeitsatmosphäre in einer tollen Umgebung hat, ist hier richtig…“ Ähnliche Versprechungen gibt Nestlé ihren Konsumenten zum Werk Neuss: „Mit Zutaten, die man aus dem Kühlschrank kennt, nachhaltig vom Feld bis auf den Teller.“ Als NGG fragen wir die Verantwortlichen bei Nestlé: Wie bringt ihr Familienfreundlichkeit und Nachhaltigkeit mit Werksschließungen und Kündigungen zusammen?
Seit 2014 hat Nestlé wiederholt durch den Verkauf von Marken und eingegangene Joint Ventures negative Schlagzeilen gemacht. Seitdem sind über 2.500 Jobs verlorengegangen.
Guido Zeitler: „Wir fordern das Unternehmen auf, Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam an einer tragfähigen Zukunft zu arbeiten – für die Beschäftigten, die Standorte und für die Regionen, in denen Nestlé bisher aktiv ist.“
Kontakt für die Presse: Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Savannah Guttmann, Tel.: 040 – 38013106; E-Mail: [email protected]
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25.04.2025 08:18
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Geringe Fairness bei der elektronischen Patientenakte EPA
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Menschen mit Behinderung werden bei der elektronischen Patientenakte vielfach ausgeschlossen. In der kommenden Woche soll die elektronische Patientenakte (EPA) in ganz Deutschland eingeführt werden. Doch der Sozialverband VdK sieht das Projekt durch fehlende Barrierefreiheit und anhaltende Sicherheitsbedenken bedroht. Nach langem Hin und Her steht fest, dass der bundesweite Rollout der elektronischen Patientenakte am 29. April beginnt. Nach einer Übergangsphase soll die Nutzung der EPA ab dem 1. Oktober für Apotheken und Praxen zur Pflicht werden. Laut Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wurden inzwischen mehr als 70 Millionen elektronische Akten angelegt, über 90 Prozent der Praxen seien bereits »EPA-ready«.
Doch neben anhaltenden Sicherheitsbedenken gibt es weiter Kritik an dem großen Digitalisierungsprojekt. So beklagt der Sozialverband VdK, dass die Krankenkassen bei der Umsetzung der EPA nicht von Anfang an zur Barrierefreiheit verpflichtet wurden.
"Aktuell sieht es so aus, dass Menschen mit einer Behinderung vielfach von der Nutzung der EPA ausgeschlossen werden, weil der Zugang zur EPA nicht barrierefrei ist. Dieser Ausschluss von Patientinnen und Patienten mit einer Behinderung ist eine nicht hinnehmbare Benachteiligung«, erklärt VdK-Präsidentin Verena Bentele in einer Pressemitteilung.
EPA für Menschen mit Behinderung besonders wichtig
Das sei besonders problematisch, da die EPA vor allem für Menschen mit Behinderung, die oft an mehreren schweren Erkrankungen litten, eine Bereicherung seien könne. »Teilhabe ist kein Geschenk an eine Minderheit, sondern eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und der Fairness und muss im Gesundheitssystem zwingend gegeben sein. Wir fordern daher dringend eine schnelle Lösung des Problems, damit Menschen mit Behinderung keine Nachteile haben«, so die Präsidentin des VdK.
Grundsätzlich begrüßt der Sozialverband allerdings die Einführung der elektronischen Patientenakte: »Alle wichtigen Gesundheitsdaten – wie Arztbriefe oder Befunde – sind an einem Ort gespeichert und beim Arztbesuch sofort abrufbar. So können beim Besuch verschiedener Arztpraxen unter anderem unnötige Doppeluntersuchungen vermieden und gefährliche Wechselwirkungen von Medikamenten verhindert werden«, erläutert Bentele.
Neben der fehlenden Barrierefreiheit seien auch die anhaltenden Sicherheitsbedenken eine Gefahr für den Erfolg des Digitalisierungsprojekts: »Auch wenn der geschäftsführende Bundesminister für Gesundheit betont, dass Sicherheitslücken geschlossen wurden, verspüren viele Menschen dennoch einen Rest von Unsicherheit. Schließlich haben die meisten nach wie vor die Warnungen von Computerspezialisten und verschiedenen Organisationen aus dem Gesundheitswesen im Ohr, dass die Datensicherheit nicht gewährleistet sei«, sagt die VdK-Präsidentin. Das Wissen um die Datensicherheit müsse dringend bei den Nutzerinnen und Nutzern ankommen, damit die EPA ein Erfolg werden kann.
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11.04.2025 15:34
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Journalistische Sorgfalt versus Desinformation - Zeitungen filtern erfolgreich Fake News
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Fake News sind allgegenwärtig, doch gedruckte und digitale Zeitungen bleiben ein Garant für geprüfte Qualität. 85 Prozent der Deutschen haben bereits Erfahrungen mit Falschnachrichten gemacht, aber nur acht Prozent sind in Zeitungen darauf gestoßen.
Das ist ein Ergebnis der heute veröffentlichten Studie „Zeitungsqualitäten 2025“, die die Zeitungsmarktforschung Gesellschaft (ZMG) im Auftrag des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) durchgeführt hat. Sie betont die herausragende Rolle der Zeitungen als zuverlässiges Informationsmedium.
Hauptquelle für Fake News ist das Internet: 78 Prozent der Befragten begegneten dort Desinformation, besonders in sozialen Netzwerken (67 %) und auf Video-Plattformen (53 %). Redaktionell betreute Nachrichten bieten dagegen geprüfte Qualität: Nur neun Prozent berichten von Fake-News-Erfahrungen auf Zeitungswebsites. Laut Studie legen 80 Prozent der Befragten großen Wert auf eine verlässliche und glaubwürdige Berichterstattung - Werte, die Zeitungen seit Jahrzehnten verkörpern.
„Redaktionen prüfen Fakten, recherchieren unabhängig und stehen für fundierte Berichterstattung. Die Studienergebnisse zeigen, wie essenziell journalistisch geprüfte Inhalte für eine informierte Gesellschaft sind“, sagt BDZV-Hauptgeschäftsführer Dr. Jörg Eggers. „Zeitungen und ihre digitalen Angebote garantieren faktenbasierte Berichterstattung – gerade in Zeiten, in denen Desinformation Hochkonjunktur hat.“
Stark im Lokalen
Die Studie zeigt, dass immer mehr Menschen Zeitungen digital nutzen. Mit einer Reichweite von 77,3 Prozent und wöchentlich 54,5 Millionen Leserinnen und Lesern – offline und online – erreichen Zeitungen eine breite Bevölkerungsbasis, darunter auch junge Zielgruppen. Besonders lokale und regionale Angebote genießen großes Vertrauen: 93 Prozent der Befragten sehen sie als erste Adresse für lokale Berichterstattung. Gleichzeitig wächst die Bedeutung kostenpflichtiger digitaler Abonnements, was die hohe Wertschätzung für qualitativen Journalismus widerspiegelt.
Unersetzlich für eine aufgeklärte Gesellschaft
Die Studie belegt erneut die zentrale Rolle von Zeitungen für Meinungsbildung und demokratischen Diskurs. Für neun von zehn Befragten ist eine freie Presse unverzichtbar für die Demokratie. In einer unübersichtlichen Medienwelt bieten Zeitungen Orientierung und fördern fundierte, sachliche Auseinandersetzungen mit aktuellen Themen.
Für die Studie „Zeitungsqualitäten 2025“ wurden im November 2024 rund 1.000 Personen in Deutschland ab 16 Jahren online befragt. Alle Auswertungen stehen als animierte Grafiken auf www.zeitungsqualitäten.de zum freien Download bereit.
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05.04.2025 15:27
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Kaufland: Märkte mit gravierenden Mängeln und Gefahren für Lebensmittelsicherheit
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Eine investigative Recherche zeigt: In vielen Kaufland-Märkten gibt es gravierende Mängel bei der Lebensmittelsicherheit. Von manipulierten Haltbarkeitsdaten bis hin zu Mäusebefall – die Ergebnisse sind besorgniserregend. Jetzt hat sich der Deutschland-Chef der Supermarktkette zu den Vorwürfen geäußert.
Mäusekot in der Backwarenabteilung, verschimmelter Käse sowie Fäkalkeime auf Hähnchenfleisch: Aktuelle Enthüllungen über mutmaßliche Hygienemängel bei Kaufland sind alarmierend. Ein Reporterteam von "Stern" und RTL hat in 48 von 50 untersuchten Märkten gravierende Mängel bei der Hygiene und der Lebensmittelsicherheit aufgedeckt. Nun zieht die Supermarktkette Konsequenzen. Das sind die Vorwürfe gegen Kaufland Für die Recherche arbeiteten zwei Reporterinnen verdeckt in zwei Kaufland-Filialen. Sie stießen dabei auf gravierende Missstände: Im bayerischen Bad Tölz etwa soll bei Produkten wie Antipasti mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum getrickst worden sein, um abgelaufene Ware weiterhin verkaufen zu können. Inhalten.
Außerdem soll verschimmelter Käse für den Verkauf "aufgehübscht" worden sein: Die Reporterin habe die Anweisung bekommen, den Schimmel abzuschneiden und die verbliebenen Reste in den Kühltruhen der Selbstbedienung auszulegen – mit neuem Mindesthaltbarkeitsdatum. Man könne ja nicht den ganzen Käse wegwerfen, soll eine Mitarbeiterin zu der verdeckten Journalistin gesagt haben. "Ich bin fassungslos. Möchte meine Hände die ganze Zeit waschen. Muss würgen", berichtet die verdeckte Journalistin im "Stern".
Fäkalkeime auf Hähnchen
In Homburg im Saarland soll es den Recherchen zufolge Mäuse in der Kaufland-Filiale geben: Mitarbeiter berichten von Tieren, die sich nachts in den Regalen tummeln und Reporter entdeckten in der Backwarenabteilung Mäusekot unter Brotkisten.
Gegenüber dem "Stern" räumt eine Sprecherin von Kaufland einen "Schädlingsbefall" ein. Bereits Ende des vergangenen Jahres ist laut dem saarländischen Umweltministerium ein "massiver Schadnagerbefall" festgestellt worden. Es laufe ein Ordnungswidrigkeitsverfahren.
In einem Großteil der 50 untersuchten Filialen seien außerdem etwa defekte Kühltruhen und Schimmel dokumentiert worden. Abstriche in den Kühlregalen zeigten erhebliche Mängel: In einer bayerischen Filiale wurde ein Wert von rund 3.000 koloniebildenden Einheiten festgestellt – das entspricht dem 300-Fachen des zulässigen Grenzwerts. Zudem ergaben Laboranalysen von 30 Hähnchenprodukten, dass 15 Proben Fäkalkeime (Campylobacter) aufwiesen.
Darüber hinaus stehen auch die Arbeitsbedingungen bei Kaufland in der Kritik: Mitarbeitende berichten laut "Stern" von einem enormen Arbeits- und Leistungsdruck. Bei Krankheitsausfällen würden Konsequenzen drohen.
So reagiert der Kaufland-Chef auf die Vorwürfe
Der Chef von Kaufland Deutschland, Jochen Kratz, hat sich in einem Interview mit der "Bild" zu den Vorwürfen geäußert und räumte ein: "Trotz strenger Regeln und regelmäßiger Schulungen kam es zu Verstößen." Diese müssten nun analysiert und behoben werden. In die Aufarbeitung sollen auch externe Experten einbezogen werden.
Die direkte Konsequenz: Die Filiale in Homburg wurde Kratz zufolge sofort geschlossen. "Die ursprünglich geplante Renovierung im zweistelligen Millionenbereich machen wir jetzt während der Schließzeit", sagte er. Was dort zu sehen gewesen sei, werde es so nicht mehr geben. Belegschaft und Betriebsrat seien informiert worden. Die rund 100 Beschäftigen werden während der Arbeiten bezahlt freigestellt. Der Markt soll in fünf bis sechs Monaten wieder öffnen.
In dem Markt in Bad Tölz habe es bereits umfassende Schulungen gegeben. "Aus Sicherheitsgründen haben wir zudem entschieden, die betroffene Filiale nochmals für eine Woche zu schließen", sagte Kratz. Diese Entscheidung sei am Freitag (4. April) getroffen worden. Sämtliche Abläufe und Bedingungen sollen gründlich überprüft werden: "Wir drehen alles von links nach rechts und von rechts nach links." Der genaue Zeitraum der Schließung ist bisher offen.
Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte Kaufland zudem personelle Konsequenzen: In den beiden Märkten sei man bereits mit einer neuen Führung im Einsatz. Das Unternehmen kündigte außerdem an, in den kommenden Wochen alle Filialen in Deutschland einer Grundreinigung zu unterziehen und Kühlgeräte auszutauschen.
Kaufland hat seinen Hauptsitz in Neckarsulm in Baden-Württemberg. Die Supermarktkette hat nach eigenen Angaben mehr als 770 Filialen und über 90.000 Beschäftigte in Deutschland. Kaufland ist wie der Discounter Lidl ein Tochterunternehmen der Schwarz-Gruppe.
Von Alina Lingg auf Web.de
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