30.04.2020 11:13
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Tag der Arbeit: Whistleblower von Bundesregierung im Stich gelassen
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Am Tag der Arbeit fordern das Whistleblower-Netzwerk und Transparency Deutschland, mit denen wir kooperieren, Hinweisgeber am Arbeitsplatz besser zu schützen
Whistleblower-Netzwerk und die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland fordern das umfassende Gesetz zum Hinweisgeberschutz auf Basis der vorliegenden Richtlinie der Europäischen Union (EU 2019/1937). Die neue Gesetzgebung sollte zwingend auch rein deutsche Rechtsbereiche berücksichtigen, um in Zukunft alle Hinweisgeber gleichermaßen sinnvoll schützen zu können.
Bei der Aufdeckung von Korruptionsfällen und anderen Straftaten sind Hinweisgeber unverzichtbar. Doch wer in Deutschland im Arbeitskontext Straftaten, Fehlverhalten und Missstände meldet, ist Repressalien durch den Arbeitgeber fast schutzlos ausgeliefert.
„Auch der Tag der Arbeit steht in diesem Jahr im Eindruck der Corona-Krise. Gerade mit Blick auf bereitgestellte Staatshilfen und den Handlungsdruck auf das Gesundheitswesen und die medizinische Forschung braucht es engagierte Bürgerinnen und Bürger, die Missbrauch und Fehlverhalten ans Licht bringen", so Louisa Schloussen, Leiterin der Arbeitsgruppe Hinweisgeber von Transparency Deutschland.
Annegret Falter, Vorsitzende von Whistleblower-Netzwerk: „Wenn Beschäftigte im Zusammenhang der Corona-Pandemie auf Rechtsverstöße oder Missstände hinweisen, erwarten wir von Behörden und der Rechtsprechung schon jetzt eine richtlinienkonforme Auslegung bestehender Vorschriften.“
Die deutsche Bundesregierung muss bis Oktober 2021 die EU-Richtlinie zum Whistleblowerschutz in nationales Recht umsetzen. Damit wird eine Harmonisierung des Hinweisgeberschutzes in den EU-Mitgliedstaaten angestrebt. Whistleblower-Netzwerk und Transparency Deutschland erwarten Verbesserungen, die über EU-Recht hinaus das Schutzniveau für Hinweisgeber im Beschäftigungsverhältnis erhöhen.
Die Richtlinie schützt nur Personen, die Verstöße gegen bestimmtes EU-Recht melden. Ob ein konkreter Fall EU- oder nationales Recht betrifft, ist schon für Juristinnen und Juristen häufig schwer zu bestimmen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist eine solche Rechtsunsicherheit nicht zumutbar. Ohne eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf Verstöße gegen nationales Recht müsste ein Hinweisgeber selbst wissen und entscheiden können, ob seine Meldung im konkreten Fall zulässig und er oder sie damit geschützt ist. Eine solche Regelung würde den Sinn der Richtlinie in ihr Gegenteil verkehren und Nachteile für alle Beteiligten mit sich bringen. Dem Vernehmen nach hat das Bundeswirtschaftsministerium jedoch in einem Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums umfangreiche Änderungen geltend gemacht, um eine Ausweitung auf nationales Recht zu verhindern.
„In Deutschland sind Hinweisgeber bisher nur in wenigen Bereichen gesetzlich geschützt, etwa, wenn sie Straftaten im Finanzbereich aufdecken. Die EU-Richtlinie setzt die notwendigen Impulse, um die Bundesregierung zum Handeln zu bewegen und endlich alle Hinweisgeber am Arbeitsplatz besser zu schützen“, so Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland.
"Das Positionspapier"
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08.04.2020 10:13
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Geschäfte ohne oder mit Gewissen?
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Einer der größten Textilstandorte der Welt liegt im indischen Bundesstaat Tamil Nadu. Rund 2,2 Millionen Menschen arbeiten dort. Darunter 300.000 Mädchen und junge Frauen, die vor allem in Baumwollspinnereien wie Sklavinnen schuften, heißt es im neunen terre des hommes-Magazin.
"Kann ein Lieferkettengesetz helfen, die Situation der Arbeiterinnen zu verbessern? Dazu diskutierte terre des hommes mit Bundestagsabgeordneten, Vertretern der Wirtschaft und der Initiative für ein Lieferkettengesetz bei einem parlamentarischen Abend in Berlin.
Exzessive Überstunden, erbärmlicher Lohn, unzumutbare Unterkünfte, Schikanen und sexuelle Belästigung durch die Vorgesetzten – all das gehört zum Alltag der Textilarbeiterinnen in Indien. 40.000 Mädchen hat terre des hommes bisher aus dieser Sklaverei befreit. Sie gehen wieder zur Schule oder machen eine Ausbildung. Außerdem hat terre des hommes mit der indischen Partnerorganisation Care-T einen Verhaltenskodex entwickelt für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen der Mädchen.
In Deutschland sollen Unternehmen mit dem Lieferkettengesetz dazu verpflichtet werden, Schäden an Mensch und Umwelt zu vermeiden. Beim parlamentarischen Abend betonte Cornelia Heydenreich von der Initiative Lieferkettengesetz: »Ein Lieferkettengesetz hätte vorbeugende Wirkung, denn Unternehmen müssen im Vorfeld menschenrechtliche Risiken analysieren und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung zu vermeiden. Bei Verstößen muss ein Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden können.«
Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge von Bündnis 90/Die Grünen ergänzte, dass immer mehr Unternehmen in einem Lieferkettengesetz auch eine Chance sehen: »Dann sind alle in der Pflicht, nicht nur die, die sich bereits jetzt engagieren.« Auch Dr. Johannes Merck von der Otto Group sieht in einer gesetzlich für alle verbindlichen Regelung eine vernünftige Option.
terre des hommes-Botschafterin Margot Käßmann, die erst vor einigen Monaten das Projekt von terre des hommes in Tamil Nadu besucht hatte, machte deutlich, wie wichtig es sei, die indischen Frauen zu stärken und sie dabei zu unterstützen, ihre Rechte gegenüber den Fabrikbesitzern durchzusetzen.
Einig waren sich alle Beteiligten darüber, dass ein Boykott, solche Textilien zu kaufen, keine Lösung für die Arbeiterinnen wäre. P. E. Reji, terre des hommes-Mitarbeiter in Indien, fasste zusammen: »Wir brauchen endlich faire Arbeitsbedingungen.«
Die Initiative Lieferkette … ist ein Zusammenschluss zahlreicher Organisationen, die dafür eintreten, dass Unternehmen Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden. Freiwillig kommen Unternehmen ihrer Verantwortung nicht ausreichend nach. Deshalb sollen Unternehmen, die Schäden an Mensch und Umwelt in ihren Lieferketten verursachen oder in Kauf nehmen, dafür haften. Skrupellose Geschäftspraktiken dürfen sich nicht länger lohnen. Geschädigte müssen auch vor deutschen Gerichten ihre Rechte einklagen können. terre des hommes unterstützt diese Initiative".
Aus: tdh-Magazin 1-2020, S. 18f "zum Magazin von terre des hommes
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06.04.2020 10:00
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Meldestelle gegen Hetze im Internet
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Im Kampf gegen Hetze und Hass im Internet setzt die hessische Landesregierung noch mehr auf die Unterstützung aus der Bevölkerung. Die erste staatliche Meldestelle hat in Hessen seine Arbeit aufgenommen, bei der sich jede und jeder mit Texten oder Fotos aus dem Netz an Experten zur Prüfung wenden kann.
Per Onlineformular, E-Mail oder über eine Telefon-Hotline können sich die Bürger nun unter www.hessengegenhetze.de
"Direkt zum Meldeformular bei Hass und Hetze im Internet"
bei Vorkommnissen melden. Ministerpräsident Volker Bouffier betonte, eine breite gesellschaftliche Unterstützung sei nötig. Nach seiner Erkenntnis sei es das erste Mal in Deutschland, dass ein solches Meldeportal eingerichtet wurde: "Das ist keine Eintagsfliege, sondern soll eine Dauereinrichtung sein."
Der stellvertretende Regierungschef Tarek Al-Wazir (Grüne) sagte, Hessen sei ein sicheres Land. In Teilen der Gesellschaft sei aber eine Verrohung erkennbar. "Wir haben eine Senkung der Hemmschwelle. Was offline gilt, gilt aber auch online", sagte Al-Wazir zu strafbaren Äußerungen im Netz. Deshalb sei diese zentrale Meldestelle eingerichtet worden.
Mehr als 80 Ermittlungsverfahren bereits eingeleitet
Die Landesregierung hatte im Herbst ein Aktionsprogramm zur Ächtung von Online-Hetze vorgestellt. Es war in Folge des Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) aufgestellt worden. Vor und nach der Tat hatten Nutzer im Internet - mutmaßlich aus dem rechten Spektrum - gegen das Opfer gehetzt. Teil des Aktionsplans ist neben dem Meldesystem ein Bündnis aus Vereinen, Institutionen und Justiz gegen Hetze im Netz.
Seit dem Start Anfang November gingen rund 6.200 Hinweise bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) ein, wie Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) am Donnerstag sagte. Etwa 40 Prozent der geprüften Meldungen würden als strafrechtlich relevant eingeschätzt. 79 Ermittlungsverfahren seien daraufhin eingeleitet worden. Es reiche nicht, diese Inhalte nur zu löschen, betonte die Ministerin. Es müsse auch zu einer strafrechtlichen Verfolgung kommen. Mit dieser bundesweit einmaligen Kooperation solle erreicht werden, dass Meinungsfreiheit im Netz wieder mehr Platz finde.
"Direkt zum Meldeformular bei Hass und Hetze im Internet"
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03.04.2020 17:38
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Bereut Adidas den unfairen Mietzahlungsstopp?
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Der Sportartikelhersteller Adidas zahlt nach harscher öffentlicher Kritik nun doch seine Mieten und entschuldigt sich für sein Vorpreschen. „Die Entscheidung, von Vermietern unserer Läden die Stundung der Miete für April zu verlangen, wurde von vielen von Ihnen als unsolidarisch empfunden“, heißt es in einem offenen Brief, den Adidas am Mittwoch veröffentlichte und vom Handelsblatt zitiert und wie folgt kommentiert wird.
„Ihre Meinung ist uns wichtig, und Ihre Meinung ist eindeutig: Sie sind von adidas enttäuscht.“ Adidas hatte im Zuge der Corona-Krise angekündigt, die Miete für die geschlossenen Läden in Europa ab April nicht mehr zu bezahlen. Man sei in Gesprächen mit den Vermietern. Daraufhin hatte es zum Teil harsche Kritik aus allen Teilen der Gesellschaft gehagelt - von Vermieterorganisationen über politische Parteien bis hin zu Privatleuten.
Im Internet gab es Boykott-Aufrufe gegen das Unternehmen. Auch die Modekette H&M und der Schuhhändler Deichmann hatten erklärt, die Mietzahlungen einstellen zu wollen.
„Wir haben einen Fehler gemacht und damit viel Vertrauen verspielt. Es wird dauern, Ihr Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Aber wir werden alles dafür tun“, wird in dem Brief beteuert, der am Donnerstag als Anzeige in ausgewählten Medien erscheinen soll.
„Deshalb möchten wir uns bei Ihnen in aller Form entschuldigen. Wir haben unseren Vermietern die Miete für April bezahlt. Fairness und Teamgeist sind seit jeher eng mit Adidas verknüpft und sollen es auch bleiben“, heißt es in dem Brief weiter.
Das Geschäft von Adidas sei in der Coronakrise eingebrochen. „Fast auf der gesamten Welt findet kein normales Geschäft mehr statt. Die Läden sind zu. Das hält selbst ein gesundes Unternehmen wie Adidas nicht lange aus“, heißt es in dem Brief weiter. Das Unternehmen hatte 2019 nach Angaben von Vorstandschef Kasper Rorsted ein Rekordjahr hingelegt. Bei einem Umsatz von 23,6 Milliarden Euro machte Adidas einen Gewinn von fast zwei Milliarden Euro.
Adidas müsse harte Einschnitte machen, auch um die 60.000 Arbeitsplätze des Unternehmens zu sichern, hieß es weiter. Mit den Betriebsräten sei Kurzarbeit vereinbart worden, Führungskräfte übten vorübergehenden Gehaltsverzicht, ein Programm zum Aktienrückkauf sei gestoppt worden.
Gleichzeitig versuchte das Unternehmen, auch in der Krise anderen zu helfen. So würden der Solidarity Response Fund der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Hilfsorganisationen in Deutschland unterstützt. In China habe Adidas medizinische Güter für Mediziner und Pflegepersonal bereitgestellt. Adidas-Partner produzierten auf Adidas-Kosten Gesichtsschutz und Masken für das Gesundheitswesen.
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