Blog nach Kategorie: Führung

02.06.2021 09:28
Leitbild für Führung: Klaus M. Leisingers Handbuch für Reflexion und Praxis des Leadership
Die Ouvertüre dieses fulminanten Werkes heißt „Vertrauen“. Damit ist der Tenor im ersten Kapitel für das gesetzt, was Klaus Michael Leisinger auf 408 Seiten zu vielen Facetten dessen entfaltet, was „Integrität im geschäftlichen Handeln“ bedeutet, sein kann, sein soll und sein darf. Wobei das Gegenteil auch zur Sprache kommt, kommen muss, doch das bekommt hier kein Übergewicht. So ist das Handbuch eine fundierte Reflexions- und Praxisanleitung zu integrem Business und Führungshandeln.

Der Sozialwissenschaftler Leisinger ist Gründer und Präsident der Stiftung Globale Werte Allianz. Er war bis 2013 der Stiftungsratspräsident und CEO der Novartis Stiftung und ist emeritierter Professor für Soziologie an der Universität Basel. Gut 50 Jahre Praxiserfahrung, darunter viele Jahrzehnte in oberster verantwortlicher Position, verbinden sich bei Leisinger mit gründli-chen wissenschaftlichen Kenntnissen und einer überzeu-genden ethischen Denkungsart. So macht er klar: „Das Schaffen von Mehrwert muss einhergehen mit Schaffen von Vertrauen“. Dazu gehören nicht nur „auf integre Weise erzielte Erfolge am Produkt- und Dienstleistungsmarkt, sondern auch glaubwürdige Teilnahme am öffentlichen Diskurs über den Beitrag geschäftlichen Handelns zum Gemeinwohl“. Insofern handeln „verantwortungsbewusste Führungspersönlichkeiten“ über das gesetzlich Vorgeschriebene hinaus.

Leisinger gilt „die Erhöhung der ethischen Qualität unternehmerischen Handelns“ als „Voraussetzung für eine men-schenwürdige Gegenwart und Zukunft“. Was er an die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ der UN und die Leitgedanken der Enzyklika „Laudato Si‘“ von Papst Franziskus bindet. Vertrauen ist also von Leisinger in einem weit umfassenderen und grundsätzlichen Sinne aufgefasst als das einfach verstandene, unmittelbare Vertrauen zwischen wenigen Menschen. Vertrauensaufbau und –erhalt bezieht sich auf den Sockel jeglichen geschäftlichen Handels, jegliche kommunikative Interaktion und auf die Tugendethik der Entscheidungsträger. Dies ist durch einen ordnungspolitischen Rahmen, den Leisinger Wirtschaftsethik nennt, und durch betriebliche Selbstverpflichtungen, die er Unternehmensethik nennt und die sich oft in einem Leitbild spiegeln, abzusichern und anzuregen.

Das Zentralstück des Buches ist „Die Sache mit der Ethik“, in dem Leisinger die unterschiedlichen Ethik-Typen wie etwa Pflichtethik, Tugendethik, Diskursethik und Situationsethik, jedoch auch ethische Ansätze „nach christlichen Sozialethi-ken“ und nach der Verantwortungsethik beschreibt. Dabei geht er begrifflich und argumentativ sehr präzise vor, dass es wie im ganzen Buch eine Freude ist, seinen Ausführungen zu folgen. Leisinger spielt die ethischen Handlungsansätze nicht gegeneinander aus, wie das oft Mode ist, sondern findet ihr gut begründetes und für die Praxis taugliches Zu- und Miteinander heraus. Zu Recht stellt er heraus, dass „Menschen, besonders jene im Geschäftsleben in der Regel nicht die Möglichkeit haben, sich unter Wettbewerbs- und Zeitdruck sowie Ressourcenknappheit zurückzulehnen“ und über die dargelegten Ansätze nachzudenken. Dazu fordert selbst die Darstellung von Leisinger in diesem Kapitel einiges an Denkanstrengung denen ab, die in solcher Materie nicht mal eben sehr bewandert sind. Hilfreich dabei seine Perspektive: „Die meisten ethisch relevanten Probleme, die sich im geschäftlichen Alltag stellen, ergeben sich aus dem Mangel an anständigem, weil respektvollem und achtsamem Umgang mit den Menschen innerhalb und außerhalb des Unternehmens“.

Was die Rolle von Unternehmen gegenüber und im Zusam-menspiel mit Staat und den Individuen bedeutet, klärt Leisinger mit den „drei Ebenen der ethischen Reflexion“: 1. der „Ordnungs- bzw. Wirtschaftsethik“, durch die verant-wortungsvolles Handeln gesetzlich herausgefordert und „unverantwortliches Handeln entmutigt und bestraft wird“; 2. der „Gouvernance-Ethik im Sinne der Reflexion und Ent-scheidung über firmeninternen Regelungen“, durch die das Gewinnstreben in die unternehmerische Verantwortungs-kultur eingebettet und das erwünschte Handeln von Mitar-beitern unterstützt wird; 3. die „personale Ethik, durch die sichergestellt wird, dass Menschen im Unternehmen die erwünschte ethische Grundhaltung haben“ und auch bei Stress und Konflikten aufrechterhalten. Denn „richtiges Entscheiden und Handeln ist auf jeder Ebene wichtig für das Gesamtresultat ethischer Bemühungen. Die personale Ethik hat eine herausgehobene Bedeutung“. Dabei müssen drei Ebenen der Verantwortung im Blick sein: die Muss-, die Soll- und die Kann-Dimension der Verantwortung. Die Muss-Dimension ist die Sorge um die Legalität, die Produktivität, die Effektivität und die Innovation im Business.

Doch auch „legales Handeln kann illegitim sein“. Daher gilt es darüber hinaus, dass Führungspersönlichkeiten das Rich-tige tun und dadurch „absehbare Schäden legalen Handelns vermeiden sowie zusätzliche Beiträge an das Gemeinwohl leisten“. Die Goldene Regel hat hier eine maßgebliche Be-deutung, so dass es zu keinen „doppelten Standards“ kommt und zu klaren Kriterien wertorientierten Handelns. Dazu gehören unter anderem Ehrfurcht vor dem Leben, Respekt der Menschenwürde, Gewaltverzicht, Schöpfungs-bewahrung, Freiheitsrechte, Gerechtigkeit und Fairness. Damit ist der Übergang zur Kann-Dimension von Verantwor-tung schon gelegt. Was können Führungspersönlichkeiten und Unternehmen „zur Lösung sozialer und ökologischer Probleme beitragen“?
Leisinger mit jahrzehntelanger Expertise im Umgang und in der Kommunikation und Partnerschaft mit Stakeholdern und Nichtregierungs- und Nonprofitorganisationen erschließt die „Beziehungen zu Stakeholdern“ für die Praxis im Business. Dadurch haben Führungspersönlichkeiten die Möglichkeit, „am Puls gesellschaftlichen Wertewandels zu sein und durch Kommunikation mit Akteuren aus anderen Teilsystemen bessere Lösungen für Probleme von strategischer Bedeutung zu finden“. Das wird aber nur gelingen, wenn „Führungspersönlichkeiten statt Manager“ die Verantwortung tragen. Denn von der „Persönlichkeit der Entscheidungsträger“ hängt es ab, was jenseits gesetzlicher und internationaler Normen geschieht oder unterlassen wird.

Damit eröffnet das wichtige Kapitel über „Charakter und Persönlichkeit“, in dem Leisinger nach der Sozialphilosophie und –psychologie von Erich Fromm (1900-1980) die „Kriterien für das Anforderungsprofil von Führungspersönlichkeiten“ konturiert. Dazu gehören im Frommschen Sinne Für-sorge, Verantwortungsgefühl, Achtung vor Anderen und Erkenntnis. Ohne eine kritische Selbstreflexion lässt sich Integrität und fundierte Führung im geschäftlichen Handeln nicht erreichen. Das trägt zur Bescheidenheit bei, wo Hybris durch Erfolge oder Lobhudelei – modern bisweilen PR genannt – naheliegend ist. Das hat Folgen für die Unternehmenskultur. Leisinger: „Ich habe nie erlebt, dass bei informellen Gesprächen bei Firmenseminaren oder Arbeitspausen geschweige in Fallstudien besonders sensibles, menschenfreundliches Handeln und Verhalten als vorbildlich herausgestellt wurde“; Graubereiche sind oft akzeptiert. Es gibt seiner Ansicht nach „nicht ‚die eine richtige‘ Kultur für eine Organisation. … Eine rigide Verfestigung der Organisa-tionskultur sollte vermieden werden“.

Entscheidend bleibt eine offene Unternehmenskultur: „mit einer offenen Organisationskultur ist ein Unternehmen in der Lage, permanent mit seinem sozialen Umfeld zu kommunizieren. … Eine solche Unternehmenskultur aufzubauen, glaubwürdig vorzuleben und nachhaltig zu pflegen, gehört zu den bedeutungsvollsten Aufgaben des Topmanagements“. Dazu sind intrinsische motivierte, charaktergefes-tigte, ethisch reflektierte, fach- und führungskompetente Persönlichkeiten unerlässlich, die zu ihrem Arbeitsinhalt und –umfeld passen.

Dafür schlägt Leisinger „Leadership für einen neuen Gesellschaftsvertrag“ vor: „Es geht um einen von allen Akteuren anerkannten Gesellschaftsvertrag, der die impliziten und expliziten Abmachungen und Erwartungen festlegt, die die Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Gesellschaft im Licht neuer Rahmenbedingungen regelt.

Dafür braucht es „aufgeklärte Führungspersönlichkeiten“, die Führende und nicht Nachvollziehende sind. Und die sich so für ihr Unter-nehmen so einsetzen, dass sie dabei zugleich das Gemeinwohl verfolgen, in das ein Unternehmen und vor allem die Menschen als Konsumenten, Produzenten, Bürger, Mediennutzer, Wissenschaftler, Verbandsvertreter usw. eingebettet sind. Dazu kann die Beachtung der „UNO Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“ dienen. Denn wie wir in der Pandemie und globale Klimakrise erfahren, sind die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Realität weltweit so miteinander vernetzt, dass es keinen nachhaltigen Erfolg für die einen auf Kosten der anderen gibt. Es sei denn, man bastelt sich einen mickrigen Begriff von Nachhaltigkeit, der am Anliegen vorbeigeht. Dagegen aber gibt es „Nachhaltigkeit unternehmerischen Erfolgs“ durch Anstrengung der Einzelnen, der Führungspersönlichkeiten, der Gruppen und aller am geschäftlichen Handeln Beteiligten, wenn Integrität zum Markenkern jeglicher Führung wird. Dafür hat Klaus Leisinger eine grandiose Summe seines Wissens und seiner Erfahrung zum Thema vorgelegt, ein Leitbild für Führung vorge-legt. Ihm ist eine nachhaltige Wirkung bei allen mit Führung und Verantwortung Betrauten zu wünschen ist.
Norbert Copray

Klaus M. Leisinger: Integrität im geschäftlichen Handeln. Reinhardt Verlag, Basel 2020. 431 Seiten. 29,80 €

23.09.2019 12:11
Rupert Lay im Hörbuch und als Podcast
Das „Rupert Lay Lesebuch“ mit dem Titel „Was dem Leben dient“ (Hamburg 2019) gibt es nun auch als Hörbuch und als Podcast.

Aus den 49 Büchern von Prof. Dr. Rupert Lay SJ gibt es in 8 Themenfeldern meist kurze, gut verständliche Schlüsselpassagen, die seine vielfältige biophile Philosophie und Ethik spiegeln. Sie zentrieren sich in der Maxime Lays: „Handle stets so, dass Du das personale Leben in Deiner Person als auch in der Person des anderen eher mehrst denn minderst“. Ein Glossar erschließt zentrale Begriffe der Ethik der Biophilie (= Liebe zum Leben).

Hörbuch:
Die Ethik der Biophilie für Entscheiden und Handeln - Das Rupert Lay Lesebuch

Das Buch "Was dem Leben dient" können Sie auch als Hörbuch streamen oder kaufen. Das Hörbuch ist in folgenden Stores erhältlich:
"bei Google Play"
"Bei Spotify"
"Bei Deezer"
"Bei YouTube Music"
"Bei Napster"
"Bei Tidal"

Sprecher: "Erich Ruhl-Bady"

Podcast:
Die Ethik der Biophilie für Entscheiden und Handeln - Das Rupert Lay Lesebuch können Sie auch als Podcast abonnieren. Jeden Tag erscheint eine neue Folge. Sie können den Podcast mit folgender URL direkt zu Ihrem Podcatcher hinzufügen:
"services.fairness-stiftung.de/LayPodcast.aspx"

Der Podcast ist in folgenden Podcastverzeichnissen verfügbar:
"bei iTunes"
"bei Spotify"
"bei Deezer"
"Bei Podcast"
"bei fyyd"

Sprecher: "Erich Ruhl-Bady"

Nutzen Sie die Möglichkeiten:
• Das komplette Hörbuch kaufen und downloaden
• oder das Hörbuch im Internet hören
• oder den Podcasts im Internet
• oder mit Download nutzen.

Sie sind frei und finden unter den angegebenen Links die entsprechenden Schritte. Wenn Sie bei einem der Anbieter schon Kunde sind, ist es für Sie einfach und leicht zugänglich.

Wir wünschen Ihnen gutes Zuhören und gute Anregungen.

Zum 90. Geburtstag Rupert Lays ehrt das Buch einen Philosophen, der auch nach dem Entzug der Lehrerlaubnis, dem Verweis aus der Ordensniederlassung St. Georgen (Frankfurt am Main) und dem Interviewverbot zu theologischen Fragen wegen seines Buches „Nachkirchliches Christentum“ weiter für eine biophile Ethik eintritt. Sein letztes Buch „Über die Liebe zum Leben“ (Tredition 2018) gilt als Spitze seiner Publikationen. Rupert Lay war 1967 bis 1997 Professor für Philosophie und Wissenschaftstheorie. Ab 1967 auch psychotherapeutische Praxis sowie Coaching für Führungskräfte. 2000 Gründungsmitglied und Vorsitzender, inzwischen Ehrenvorsitzender, des Kuratoriums der gemeinnützigen Fairness-Stiftung. Ein „Leitstern ethischer Orientierung“ (managerseminare).

Das gebundene Buch finden Sie unter:

"Was dem leben dient. Rupert Lay Lesebuch"

10.11.2010 12:57
Wenn dem Chef der Kragen platzt
Ist Wolfgang Schäuble, deutscher Bundesfinanzminister, ein unfairer Akteur? Was sich am 6.11.2010 in der Bundespressekonferenz http://www.youtube.com/watch?v=Ngm-rX_XZv0 abgespielt hat, lässt diesen Schluss zu, denn es gab seitens Schäuble keine Entschuldigung und keine Rehabilitation seines Pressesprechers Michael Offer. Diesen hatte Schäuble vor aller Welt und Kameras abgekanzelt wie einen Schuljungen und außerdem erkennen lassen, dass er das auch lustig findet – auf Kosten seines engen Mitarbeiters.

Viele Menschen wollen immer nicht glauben, dass es unfaire Attacken nicht nur als Mobbing im Sinne einer mehrwöchigen oder mehrmonatigen destruktiven und verletzenden Eskalation gibt, sondern auch als Dolchstoß. Daher hat die Fairness-Stiftung von Anfang an formuliert:
Unfaire Attacken sind immer gekennzeichnet durch
• eine gewisse zeitliche Dauer oder durch einen einmalig heftigen Angriff, der auf eine Kettenreaktion von Folgen (Domino-Effekt) angelegt ist,
• Regelmäßigkeit oder substantielle Schärfe,
• Systematik oder Zielorientierung der Beschädigung von Personen oder Organisationen sowie
• Begleitumstände destruktiver Kommunikation (mit teils heftiger Wirkung) oder mediale Echoeffekte („Spiel über die Bande“).

Michael Offer hat als Reaktion auf seinen plötzlichen Gesichtsverlust und die Ministerattacke die einzig richtige Konsequenz gezogen, nachdem eine öffentliche Entschuldigung und Rehabilitation durch den Minister Schäuble nicht kam. Und ist von seinem Amt zurückgetreten. Das sollten auch andere tun, die sich in ähnlicher Weise vor anderen angegriffen sehen, und das Spielfeld verlassen.

Nun sinnen einige darüber nach, was Wolfgang Schäuble zu seinem Verhalten gebracht hat. Da wird seine Querschnittslähmung ins Spiel gebracht, das Attentat auf ihn, die Schmerzen, die Medikamente, der enorme Zeit- und Entscheidungsdruck, der auf Politikern lastet. Das mag alles sein, doch für jeden Chef gilt: Niemand erhält durch irgendwas das Recht, einen anderen Menschen herabzusetzen – öffentlich zumal. Niemand erhält das Recht durch eigenes Leid und Weh, sich bei attackierten Menschen nicht zu entschuldigen und ihren guten Ruf nicht wieder herzustellen. Und niemand sollte in einer herausgehobenen Führungsrolle sein, der nicht selbstkritisch genug eigenes Verhalten reflektieren, korrigieren und wieder gut machen kann.
http://www.youtube.com/watch?v=Ngm-rX_XZv0 http://www.fairness-stiftung.de/UnfairnessGlossar_Grafik.htm

13.12.2008 12:07
Chefs fairer als gedacht?
Gute Nachrichten aus der Führungspraxis: Etwa 80 Prozent der Berufstätigen halten ihren Chef für fair. Über 75 Prozent schätzen ihre Chefs, weil er sich bei internen Problemen stellt. Gut 50 Prozent der Arbeitsnehmer sehen in ihrem Chef ein Vorbild.
Diese erfreulichen Zahlen ergeben sich aus einer repräsentativen Umfrage, die GesundheitPro bei der GFK Markforschung in Auftrag gegeben hat. Befragt wurden 899 Arbeitnehmer mit Vorgesetzten.

Allerdings: Es könnte gut sein, dass die Zahlen nur die Oberfläche wiedergeben. Denn bei einer ersten Erkundigung lassen viele Beschäftigte auf ihren Chef nichts kommen, um auch selbst nicht in ungünstigem Licht zu erscheinen. Denn wenn jemand antworten würde, er finde seinen Chef unfair, illoyal und alles andere als ein Vorbild, wird sich fragen lassen müssen, wie er es mit einem solchen Chef aushält und warum er nicht längst gegangen ist.
So beschweren sich knapp 30 Prozent der Mitarbeiter darüber, dass ihr Chef autoritär sei und keinen Widerspruch dulde. 25 Prozent fühlen sich vom Chef ständig unter Druck gesetzt und 20 Prozent urteilen, ihr Chef habe wirklich keine Ahnung von Mitarbeiterführung. Knapp 15 Prozent halten ihren Chef für unorganisiert und chaotisch. Und noch 10 Prozent bescheinigen ihrem Vorgesetzten, bei jedem kleinsten Anlass zu schreien und cholerisch zu sein.

Wer diese Aussagen mit dem Ergebnis, 80 Prozent der Mitarbeiter hielten ihren Vorgesetzten für fair und 50 Prozent sehen in ihm ein Vorbild, in Beziehung setzt, bekommt ein uneinheitliches, spannungsgeladenes Bild. Da dürfte die faire Führungspraxis dann doch nicht so konsistent sein wie zunächst behauptet. Und autoritäre, keinen Widerspruch duldende, undialogische und cholerische Vorgesetzte haben auf Führungsetagen nichts zu suchen. Vielleicht gehen einige in sich und gönnen sich ein Führungscoaching, um in ihren Verhaltensweisen professionell und fair zu werden. Oder die Mitarbeiter sollten sie allein auf ihren Etagen zurücklassen.

17.03.2008 11:29
Wenn Fairnessmängel Neid auslösen
Unfaire Attacken können durch Neid gespeist sein. Neid entsteht, wo Verhältnisse als unfair und als intransparent erlebt werden. Es gibt berechtigten und unberechtigten Neid.

Neid ist berechtigt, wenn beispielsweise für die gleiche Tätigkeit in gleicher Position bei gleicher Erfahrung und Arbeitsqualität unterschiedliche Gehälter gezahlt werden, was im Verhältnis von Männern und Frauen häufig zu Ungunsten der Frauen der Fall ist. Hier äußert sich Neid häufig als Empörung, um durch psychische Kraft eine Veränderung herbei zu führen. Oder die Betreffenden haben schon resigniert, dann brodelt der Neid im Stillen und sucht sich ein Ventil, beispielsweise indem die Leistungsstärke vermindert wird oder Vorgaben kreativ unterlaufen oder uminterpretiert werden.

Unberechtigter Neid kann auf Selbstüberschätzung, eigene unfaire Maßstäbe oder eine Kränkung zurück gehen.

Wo sich Neid äußert, ist die Führung gefragt. Bei unberechtigtem Neid fehlt es an Gespräch, an Transparenz, an frühzeitigem Feedback und an Hilfe zu einer realistischen Selbsteinschätzung. Bei Neid, der ein Symptom für eine unfaire Situation ist, schafft die Führung den Anlass für Neid, Empörung und Demotivation ab, indem sie für Gleichbehandlung sorgt, wo Gleichbehandlung motiviert, Betriebsfrieden sichert und Vergleichbarkeit zur Fairness gehört.

Führungskräfte gestehen sich nicht gern ein, dass Neid ein Indikator für übersehene oder nicht bereinigte Unfairness ist. Wenn sie jedoch eine solche Emotion konstruktiv zu nutzen verstehen, verbessern sie die Arbeitszufriedenheit und tragen zu erhöhter Motivation der Mitarbeiter bei.

31.01.2007 16:19
Rambo-Chefs unterwegs
Verbreiten Führungskräfte nach «Rambo-Art» Angst und Schrecken unter den Mitarbeitern, leisten diese auf lange Sicht weniger. Wer Mitarbeiter durch Druck, Drohung oder Erpressung dazu bringt, gegen ihren Willen etwas zu tun, bekommt nur 50 Prozent der möglichen Leistung.

Hinter Dauerdruck verbirgt sich die Unfähigkeit von Vorgesetzten, mit der eigenen Angst auf faire Art umzugehen. Zum Erfolg führt vielmehr eine «natürliche Autorität» - und diese entstehe durch faires Entscheiden und Handeln. Sie resultiert aus Selbstreflexion und Kritikfähigkeit. Ein daraus folgender Führungsstil motiviert Mitarbeiter, selbstständig zu arbeiten. Denn so identifizierten sie sich mit dem Unternehmen.

Die Frage, bis wann ist es notwendiger Autorität und Macht bedarf, um Arbeitsprozesse zum Laufen zu bringen und am Laufen zu halten, und ab wann der Machtgebrauch ramboartig ist, stellt sich natürlich sofort. Fakt ist für viele Geschäftsführer, dass sich in ihren Unternehmen nichts bewegen würde, wenn nicht auch mit klaren Vorgaben (eine Machtmethode?) gearbeitet wird.

Das gilt jedoch meistens nur für einfache und teilweise eintönige Aufgaben, nicht für kreative Menschen mit Kompetenz. Rambos arbeiten mit Ellenbogen, auf Kosten anderer ohne fairen Ausgleich für Leistung und Zuarbeit, mit einer Mischung aus Angst und Druck oder mit Dauerdruck und –stress. Wie neue neurowissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, führt dies letztlich nicht wirklich zu verbesserter Arbeitshaltung, besseren Ergebnissen usw., sondern zu einer sich selbst bestätigenden Illusion der Manager, dass es an ihrer harten Kante läge, dass sich überhaupt was Vernünftiges täte. Dahinter steckt in 90 % der Fälle, dass sie mal eine falsche Personalentscheidung getroffen und die falschen Leute auf den falschen Platz gesetzt haben und jetzt letztlich selbst ratlos sind. Aber wer mag sich das wirklich eingestehen…

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