21.05.2025 14:49
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Hat Frankreichs Regierung Nestlés Mineralwasser-Skandal vertuscht? Regierung soll von „massiver Betrügerei“ der Verbraucher gewusst haben
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Nestlé wird vorgeworfen, Mineralwasser wie Perrier nachbehandelt und irreführend als „natürlich“ vermarktet zu haben. Nun steht Frankreichs Regierung im Fokus, schreibt die Frankfurter Rundschau am 20.5.25.
"Mineralwasser mit dem Zusatz „natürlich“ darf diesen einer EU-Vorschrift zufolge nur tragen, solange das Produkt gänzlich unbehandelt bleibt. Dagegen hat der Konzern Nestlé mutmaßlich verstoßen, indem er offenbar jahrelang unerlaubte Filter zur Behandlung seines Wassers einsetzte. Betroffen ist vor allem die Marke Perrier, daneben macht der Skandal aber auch vor anderen Mineralwassern der Marke Nestlé keinen Halt. Nun gibt es einen neuen schweren Vorwurf. Dieses Mal richtet er sich an die französische Regierung.
Im Zuge des Rechtsstreits um mutmaßlich illegal behandeltes Mineralwasser wirft eine Untersuchungskommission im französischen Senat der Regierung des Landes „Vertuschung“ vor. „Der Staat hat es an Transparenz fehlen lassen mit Blick auf die lokalen und europäischen Stellen, aber auch mit Blick auf die Bevölkerung“, heißt es in einem am Montag (19. Mai) veröffentlichten Bericht einer Untersuchungskommission des Senats in Paris, wie die französische Nachrichtenagentur AFP nun berichtet. Das sei eine „bewusste Strategie“ gewesen.
Vermarktet wird Perrier als Wasser mit einzigartiger Spritzigkeit und als „Art de vivre à la française“, also als Ausdruck französischer Lebensart. Doch die Untersuchungskommission im französischen Senat kam nun zu dem Schluss: „Das verkaufte Produkt entsprach nicht dem Etikett“, wird der Vorsitzende der Kommission, Laurent Burgoa, von der Tagesschau zitiert. „Es gab hier also eine Täuschung der Verbraucher. Statt natürlichem Mineralwasser tranken sie normales, aufbereitetes Getränkewasser.“ Nestlé soll Mineralwasser wie Perrier entgegen EU-Richtlinie nachträglich gefiltert haben
Zwar ging davon kein Gesundheitsrisiko für Konsumentinnen und Konsumenten aus, doch von Transparenz gegenüber Endverbrauchern zeugt das mutmaßliche Handeln der Nestlé Unternehmensführung gewiss nicht. Ausgangspunkt für die zu Unrecht eingesetzte Nachbehandlung des Mineralwassers sollen ursprünglich Verunreinigungen des Quellwassers gewesen sein. Auch Quellen anderer Nestlé-Marken, etwa Vittel und Contrex, sollen davon betroffen gewesen sein.
Ans Licht kam die mutmaßliche Affäre Anfang 2024 durch Berichte der Zeitung Le Monde und des Senders France-Info, demzufolge Nestlé Waters 0,2 Mikron feine Filter (ein Mikron ist ein Millionstelmeter) verwende, um seine Mineralwasser von Verunreinigungen zu befreien. „Obwohl die Desinfektion des Wassers eine Täuschung der Verbraucher darstellte, hatte dies keine juristischen Folgen“, schreiben die Senatorinnen und Senatoren weiter.
Frankreichs Regierung wird vorgeworfen, Mineralwasser-Skandal unter den Tisch gekehrt zu haben
Nachdem Nestlé bereits 2020 Verunreinigungen in den Quellwassern seiner Produkte festgestellt hatte, soll die Unternehmensführung in Kontakt mit der französischen Regierung getreten sein. Anstatt Maßnahmen auf Grundlage der EU-weiten Mineralwasser-Richtlinie zu treffen und die Filtration einzuschränken oder die Bezeichnung „natürliches Mineralwasser“ betroffener Nestlé-Produkte zu streichen, sollen Behörden dem Konzern die Reinigung der Mineralwasser mit Mikrofiltern gestattet haben, was der europäischen Richtlinie widerspricht.
Marie Dupin von Radio France sagte vor dem Untersuchungsausschuss des Senats, in dieser Affäre habe die französische Regierung ihre Pflichten missachtet, weil sie die Verfahrensweisen Nestlés zum Vorteil des Konzerns nicht vor Gericht gebracht hätte. Aus dem Bericht der Untersuchungskommission im französischen Senat ging darüber hinaus auch hervor, dass eine Liste der im Wasser der Perrier-Quellen entdeckten Verunreinigungen, wie Bakterien und Pflanzengifte, nicht in einen Bericht der regionalen Gesundheitsbehörde aufgenommen wurde.
Auch die Organisation Foodwatch wirft Frankreichs Regierung vor, „eine massive Betrügerei gedeckt zu haben“. Dies habe es Nestlé ermöglicht, „weiter betrügerischen Produkte zu verkaufen“, wie Ingrid Kragl, Kommunikationsleiterin der Organisation, gegenüber Reuters betonte. Am Perrier-Standort im südfranzösischen Vergèze fürchten rund Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um ihre Anstellung. Denn die Quellen entsprechen wegen Verunreinigungen offenbar nicht mehr den Normen natürlichen Mineralwassers. Bis Anfang August hat die Präfektur in Gard, Frankreichs ärmsten Departement, Nestlé noch eine Lizenz zur Abfüllung seines natürlichen Mineralwassers gegeben. Um den Standort zu retten, sollte der Konzern bis dahin eine Lösung im Mineralwasser-Skandal finden".
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13.05.2025 06:55
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Nestlés Mineralwasser in scharfer Kritik
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Nestlé hat Mineralwasser wie Perrier und Vittel jahrelang mit illegalen Methoden gereinigt. Die Anlagestiftung Ethos will nun dem Nestlé-Verwaltungsrat die Entlastung verweigern. berichtet die NZZ (Neue Züricher Zeitung). Und:
"Nestlé ist in letzter Zeit wegen des abrupten Chefwechsels vom vergangenen Jahr in den Schlagzeilen gewesen. Doch nun treten wieder Sachfragen in den Vordergrund. Vor der Generalversammlung am Mittwoch holt ein Thema den Nahrungsmittelkonzern ein: das Wasser. Die Schweizer Anlagestiftung Ethos kritisiert den Nestlé-Konzern für seinen Umgang mit dem Mineralwasser-Skandal in Frankreich. «Nestlé informiert ungenügend», erklärt der Ethos-Direktor Vincent Kaufmann im Gespräch. Der Konzern habe jahrelang illegale Behandlungsmethoden für Mineralwasser angewendet. «Aber weder im Jahresbericht 2024 noch im Nachhaltigkeitsbericht liefert Nestlé Informationen dazu, obwohl das Unternehmen im vergangenen Jahr eine Busse von zwei Millionen Euro bezahlt hat.» Ethos empfehle deshalb, dass die Aktionärinnen und Aktionäre an der Generalversammlung dem Verwaltungsrat für das Jahr 2024 keine Entlastung erteilten. Damit blieben etwa Schadenersatzklagen möglich.
Illegale Methoden bei Perrier, Vittel und Henniez
Der Mineralwasser-Skandal hat hohe Wellen geworfen. Anfang 2024 wurde bekannt, dass Nestlé Waters bis 2022 Methoden wie Aktivkohlefilter, Mikrofiltration oder UV-Licht verwendet hatte, um Mineralwasser zu reinigen. Das passierte nicht nur bei Marken wie Perrier oder Vittel in Frankreich, sondern auch bei Henniez in der Schweiz.
Man habe so sicherstellen wollen, dass die Lebensmittel für die Konsumenten stets sicher gewesen seien, verteidigte sich Nestlé. Doch die Praktiken waren gegen das Gesetz: Wenn ein Produkt als «natürliches Mineralwasser» verkauft wird, darf es nicht behandelt werden, sondern es muss ursprünglich rein aus den unterirdischen Quellen in Flaschen abgefüllt werden.
Französische Politik wird aktiv
In Frankreich hat der Fall eine politische Dimension erreicht. Kritiker werfen Präsident Emmanuel Macron und seinem Umfeld vor, früh von den Vergehen gewusst, aber nichts unternommen zu haben. Der französische Senat hat eine Untersuchungskommission eingesetzt. Vor Gericht ist eine Klage der Organisation Foodwatch gegen Nestlé wegen mutmasslicher Täuschung von Konsumenten hängig.
Im Konflikt steht Nestlé auch mit lokalen Behörden. Seit der Konzern die illegalen Behandlungsmethoden nicht mehr anwendet, scheint es Probleme mit der Wasserqualität zu geben. Die Gesundheitsbehörde des Département Gard hat bei einer Untersuchung offenbar Keime im Wasser gefunden. In den nächsten Monaten wird sich entscheiden, ob die Behörde Nestlé die Bewilligung entzieht, das berühmte Perrier-Wasser in Südfrankreich weiterhin als «natürliches Mineralwasser» zu verkaufen. Nestlé hat versichert, man halte die gesetzlichen Vorgaben ein.
Welche Verantwortung trägt der Verwaltungsrat?
Die Schweizer Ethos-Stiftung stört, wie Nestlé mit dem Fall umgeht. «Nestlé hat mit seinem Wassergeschäft ein Glaubwürdigkeitsproblem», sagt Kaufmann. Die Aktionäre hätten ein Anrecht darauf, zu erfahren, wie gross dieses Problem sei. «Wir wollen wissen, wer verantwortlich war, was die Risiken für das Unternehmen sind und welche Massnahmen ergriffen wurden. Hat beispielsweise der Verwaltungsrat seine Verantwortung für die Überwachung der Geschäfte wahrgenommen?» Darüber müsse der Konzern transparent informieren.
Ein gewisser Sinneswandel scheint bei Nestlé indessen schon stattgefunden zu haben. Der Nestlé-Chef Laurent Freixe hat sich vor Wochenfrist einer Anhörung im Untersuchungsausschuss des französischen Senats gestellt. Freixe – selbst Franzose – sagte, Nestlé bedauere die Vorfälle zutiefst; diese seien nicht im Einklang mit den Werten des Konzerns gestanden. Gleichzeitig kündigte Freixe eine «interne Untersuchung in Frankreich» an. Die anwesenden Parlamentarier lobten, Freixe’ Auftritt zeige, dass Nestlé weniger defensiv agiere als früher.
Wassergeschäft als Fremdkörper im Konzern
Es geht auch kommerziell um viel. Nestlé hat sein Wassergeschäft jüngst in eine eigenständige Einheit ausgelagert und sucht jetzt nach Finanzinvestoren, die einen Teil der Sparte übernehmen. Das Wassergeschäft könnte dabei mit 5 Milliarden Euro bewertet werden. Doch manche Investoren üben sich womöglich in Zurückhaltung. «Wenn der Fall nicht aufgeklärt ist, könnte dies einen Einfluss auf den Verkaufspreis von Nestlé Waters haben», sagt der Ethos-Direktor Kaufmann.
Immer wieder wird spekuliert, dass Nestlé das Wassergeschäft mittelfristig ganz verkaufen könnte. Dies einerseits, weil das Wachstumspotenzial klein, die Marge gering und die öffentliche Kritik gross ist. Anderseits wirkt die Wassersparte zunehmend wie ein Fremdkörper im Konzern.
Der Firmenchef Freixe räumte bei der Anhörung vor dem französischen Senat ein, das Wassergeschäft sei «sehr verschieden» von Nestlés anderen Aktivitäten. Die Kernkompetenz des Unternehmens ist die Verarbeitung von Lebensmitteln. Aber «natürliches Mineralwasser» ist von Gesetzes wegen ein Produkt, das nicht behandelt werden darf. Die Abfüller sind von den Launen der Natur abhängig und davon, was an der Oberfläche über den Quellen passiert. Ein Problem ist, dass Rückstände aus der Landwirtschaft, wie Pestizide oder Fäkalbakterien vom Düngen, in die Quellen gelangen können. Nestlé wandte deshalb nicht nur die Filtermethoden an, sondern setzt sich seit Jahren auch für Umweltschutz oberhalb der Wasserquellen ein.
Die Anlagestiftung Ethos dürfte mit ihrem Vorstoss, den Nestlé-Verwaltungsrat wegen des Umgangs mit dem Mineralwasser-Skandal nicht zu entlasten, wenig Chancen haben. Aktionäre verweigern eine Entlastung meist nur in Ausnahmefällen. Aber das Thema ist die Nestlé-Führung damit nicht los. Für den Konzernchef Freixe bleibt das Wassergeschäft eines der drängendsten Probleme, die er in den nächsten Monaten lösen muss.
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03.05.2025 12:53
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Schluss mit Fast Fashion und Ultra Fashion - jetzt
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WeMove Europe, Amis de la Terre und Emmäus fordern auf: Fast Fashion- und Ultra Fast Fashion-Marken wie Shein, Temu, Primark und Zara repräsentieren das Schlimmste, was die Modeindustrie zu bieten hat. Ihre Praktiken dürfen nicht ungestraft bleiben. Wir fordern, dass die wahren Umweltauswirkungen von Fast Fashion-Produkten für die Bürger*innen vollständig transparent gemacht werden.
Wir fordern die Europäische Kommission auf:
Unterstützen Sie die von Frankreich geplante Methode zur Umweltkennzeichnung in ihrer jetzigen Form. Diese Methode bewertet die Umweltauswirkungen jedes Produkts und zeigt die Auswüchse von Fast Fashion auf. Verwenden Sie diese Methode auch für die Berechnung der Umweltauswirkungen von Kleidung auf europäischer Ebene. Sie ist effektiver als die von der EU geplante Methode, die zu sehr von den Lobbys der Privatwirtschaft beeinflusst wird und damit zu einer viel zu günstigen Bewertung von Fast Fashion-Produkten führt. Machen Sie diese Umweltkennzeichnung für alle in der Europäischen Union verkauften Textilien und Schuhe verbindlich und verhängen Sie für die umweltschädlichsten Produkte finanzielle Sanktionen.
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