Blog nach Monat: November 2021

20.11.2021 08:44
Versprechen zu Klimaschutz und Fairness oft nur heiße Luft
Das kennen wir auch seitens der Fairness-Stiftung. Flink sind Bekenntnisse zur Fairness geäußert, schnell sind Fairness-Ansprüche auf Website und von Unternehmen – zumal in der Werbung – behauptet. Doch wenn man genauer hinschaut und prüft, bleibt vom Fairness-Bekenntnis nicht viel übrig. Greenwashing und Fairness-Washing wohin man schaut.
"Welche Firmen und Marken Fairness-Qualität erreichen"

Oft, zu oft haben wir erlebt, dass bei Jubiläen und Festvorträgen gern das Bekenntnis zur Fairness vorgetragen wurde, die Fairness im Führungsalltag für sehr wichtig gehalten wurde, um dann im Nachhinein nicht an der Verbesserung der Fairness-Qualität zu arbeiten, vor allen Dingen, kein Geld dafür auszugeben.

Das mussten auch die Forscher der Universität Linz (Österreich) erfahren und staunten über ihre Forschungsergebnisse nicht schlecht. Zwar geht es hier um den Klimaschutz, doch die Diskrepanz ist hier ähnlich. Alle bekennen sich zum Klimaschutz, doch nur wenige sind bereit, dafür tatsächlich einzustehen. So berichtet Verena Kern in der Frankfurter Rundschau am 20.11.:

>>Was würden Sie tun, wenn Sie fünf Euro geschenkt bekämen? Würden Sie das Geld behalten? Oder wären Sie bereit, die fünf Euro zu spenden, wenn damit Klimaschutzmaßnahmen finanziert werden, mit denen eine bestimmte Menge an CO2 eingespart wird? Und wenn ja, wie viel von der Summe würden Sie spenden? Alles? Oder nur ein, zwei Euro?

Die Frage ist nicht nur ein Gedankenexperiment. Der Statistiker Johannes Reichl vom Energieinstitut der Universität Linz hat gemeinsam mit seinem Team Menschen aus ganz Europa tatsächlich vor diese Entscheidung gestellt: Spenden oder nicht spenden? Für das Forschungsprojekt nahmen knapp 16 000 repräsentativ ausgewählte Menschen aus 27 EU-Ländern an einer Umfrage teil, in der es um ihre Einstellung zum Klimawandel ging. Für ihre Teilnahme erhielten die Befragten fünf Euro. Und sie wurden gefragt, was sie mit dem Geld machen wollen. Soll es in ihre eigene Tasche fließen oder wollen sie es für Emissionsreduktion hergeben?

Die Frage zielt auf ein zentrales Problem der Klimapolitik. In Umfragen spricht sich regelmäßig eine überwältigende Mehrheit der Bürger:innen für mehr Klimaschutz aus. Doch wenn es um die konkrete Umsetzung geht, bröckelt die Zustimmung rapide. Die geäußerte Unterstützung für Klimaschutz wird dann von anderen Erwägungen, Bedenken, Motivationen förmlich verschluckt und bleibt bloße Theorie. Wollen und Machen scheinen einfach nicht zusammenzupassen. Oder?

Es ist eine offene Forschungsfrage, was Menschen tatsächlich zu klimapositivem Handeln bewegt. Unzählige Studien haben sich damit beschäftigt und einzelne Aspekte herausgearbeitet. Etwa, dass die persönliche Einstellung zum Klimawandel eine Rolle spielt, auch das Umfeld, in dem man sich bewegt, oder auch der Zusatznutzen, den man Klimaschutzmaßnahmen zuschreibt, wie saubere Luft oder die Schaffung neuer Jobs. Dennoch bleibt vieles unklar (und die Fortschritte beim Klimaschutz sind entsprechend dürftig).

Insofern füllt das Linzer Spendenexperiment eine Lücke. Zum einen, weil es nicht nur um ein einzelnes Land geht, sondern um 27, die man dann miteinander vergleichen kann. Zum anderen, weil nicht nur Einstellungen abgefragt wurden, sondern eine ganz handfeste Entscheidung zu treffen war. Das macht die soeben im Fachmagazin „Global Environmental Change“ publizierten Ergebnisse relevant und aussagekräftig.

Drei Erkenntnisse sind besonders wichtig.

Erstens: Wer davon überzeugt ist, dass es den Klimawandel gibt und er menschengemacht ist, spendet am meisten. Das entspricht dem, was man erwarten würde. Überraschend ist hingegen, dass

zweitens – auch diejenigen, die vom anthropogenen Klimawandel nicht überzeugt sind, nicht etwa gar nichts spenden. Bei ihnen ist die Spendenbereitschaft immerhin noch halb so groß wie bei den Überzeugten – ein erstaunlicher Wert. „Viele der Skeptiker finden es trotzdem gut, dass etwas gegen den Klimawandel getan wird“, sagt Projektleiter Johannes Reichl im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. „Sie halten es beispielsweise für wirtschaftspolitisch clever, wenn in Erneuerbare investiert wird, anstatt fossile Energie teuer zu importieren.“ Hier könnte die Klimapolitik ansetzen und das Argument des Zusatznutzens in der öffentlichen Kommunikation stärker in den Vordergrund stellen.

Drittens hängt die Spendenbereitschaft davon ab, wie ambitioniert in einem Land Klimaschutz betrieben wird – und zwar umgekehrt proportional. „Das hat uns am meisten überrascht“, sagt Reichl. Konkret heißt das: Je ambitionierter das Land, desto geringer die Spendenbereitschaft. Und umgekehrt. Der Klimaschutzvorreiter Dänemark war das Land, in dem die Leute am wenigsten spenden wollten. Im Kohleland Polen dagegen war die Bereitschaft besonders hoch. „Wenn die Leute sehen, dass der Staat schon einiges tut, ziehen sie sich zurück“, erläutert Reichl. „Crowding-out-Effekt“ wird das genannt, Verdrängungseffekt.

Für die Klimapolitik ist das wichtig. „Sie muss Maßnahmen setzen und gleichzeitig klarmachen, dass alle Verantwortung übernehmen müssen“, sagt der Statistiker. „Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, braucht man beides und kein Entweder-oder.“

Und es gibt noch eine vierte Erkenntnis – die überraschendste von allen: Insgesamt war die Spendenbereitschaft sehr bescheiden. Überhaupt gar nichts spendeten 71,5 Prozent aller Teilnehmenden. In Deutschland lag der Wert sogar bei rund 77 Prozent. Nur einen Euro spendeten 15 Prozent (Deutschland: zwölf Prozent). Die gesamten fünf Euro waren lediglich sieben Prozent bereit zu geben (Deutschland: vier Prozent). Im Gesamtdurchschnitt ergab das eine Spendensumme pro Person von lediglich 66 Cent.

Wenn man bedenkt, dass Leute sich von geschenktem Geld leichter trennen als von dem, das sie schon haben, sind das Werte, die wenig optimistisch stimmen. Oder man begreift sie als Aufforderung, sich bei der Klimakommunikation mehr Mühe zu geben, um mehr Menschen von der Wichtigkeit von Klimaschutzmaßnahmen zu überzeugen<<.
"Welche Firmen und Marken weniger fair sind als behauptet"

01.11.2021 12:31
200 Millionen Dollar für einen Whistleblower
Wenn das hierzulande Schule machte! Ein Whistleblower erhält in den USA knapp 200 Millionen Dollar von der US-Aufsicht als Belohnung, weil er den Skandal mit aufdeckte, dass die Deutsche Bank Referenzzinssätze manipulierte, um größere Gewinne einzustreichen. In Deutschland sind Whistleblover von Staat und Recht verlassen, kämpfen oft einen einsamen Kampf, riskieren berufliche Existenz und Einkommen, oft auch Gesundheit und ihr soziales Umfeld. Seit Jahren bremsen die deutsche Regierungen ein Whistleblowing-Gesetz nach us-amerikanischem oder britischen Vorbild aus.

Während der Finanzkrise soll die Deutsche Bank wichtige Referenzzinssätze künstlich niedrig gehalten haben – unter anderem beim Libor. Ein Ex-Mitarbeiter des Geldhauses deckte den Skandal um die manipulierten Zinssätze auf und erhält dafür einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge nun eine üppige Belohnung.

Die US-Aufsichtsbehörde CFTC zahle dem Mann eine Rekordsumme von fast 200 Millionen Dollar, heißt es in dem Bericht unter Berufung auf Insider. Die U.S. Commodity Futures Trading Commission (CFTC), die für die Kontrolle der Derivatemärkte zuständig ist, kündigte die Belohnung in einer Mitteilung an, nannte aber keine näheren Details.

Strafen in Milliardenhöhe

In den vergangenen Jahren hatten Behörden weltweit Strafen in Milliardenhöhe gegen Banken und Händler verhängt sowie Strafverfahren angestrengt, nachdem die langjährigen Manipulationen wichtiger Referenzzinssätze aufgeflogen waren.

In den USA wurde vor Kurzem ein Gesetz verabschiedet, um das CFTC-Whistleblower-Programm aufrechtzuerhalten. Das »Wall Street Journal« hatte im Mai berichtet, das Programm sei aufgrund einer erwarteten hohen Auszahlung an einen Deutsche-Bank-Manager gefährdet.

Diese stehe im Zusammengang mit dem Vergleich in Höhe von 2,5 Milliarden Dollar, auf den sich die Deutsche Bank vor einigen Jahren mit Aufsehern wegen der Libor-Manipulationen geeinigt hatte. Die CFTC lehnte eine Stellungnahme unter Hinweis auf die Politik der Behörde ab.

Der Whistleblower war laut Reuters ehemals bei der Deutschen Bank beschäftigt, wie es unter Berufung auf zwei Insider hieß. Das Geldhaus lehnte am Freitag eine Stellungnahme ab. Die Kanzlei Kirby McInerney teilte mit, die von ihr vertretene Person habe die Rekordsumme zugesprochen bekommen, da sie 2012 umfangreiche Informationen und Dokumente zur Verfügung gestellt habe. Dies habe Untersuchungen der CFTC und einer ausländischen Behörde beschleunigt. Den Namen der Person nannte sie nicht.

Die bislang größte Belohnung, die laut Reuters für einen Whistleblower bislang vergeben wurde, beläuft sich auf 114 Millionen Dollar und wurde von der Wertpapieraufsichtsbehörde gewährt. Der nun auszuschüttende Betrag sei »überwältigend«, sagte Erika Kelton, eine Whistleblower-Anwältin bei der Kanzlei Phillips & Cohen LLP.

mit Material von apr/Reuters

Zum Whistleblowing
"Was ist Whistleblowing?"

"Beratung und Hilfe beim Whistelblowing"

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