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27.12.2016 08:07
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12.12.2016 11:32
Dunkle Schokolade: bisweilen gesund und oft unfair
Dunkle Schokolade erlebt einen Boom. Weil es heißt, sie sei gesund, weil sie den Bluthochdruck minimal senke. Wegen der im Kakao enthaltenen Polyphenole. Gilt aber nur für einen Kakaoanteil von 80 % oder höher. Das ist nicht nur laut einer Pilot-Studie der Pharmakologen der Universität Köln offensichtlich so, sondern wurde von kanadischen und amerikanischen Forschern bestätigt. Und kann sogar gegen Husten helfen, was britische Wissenschaftler herausgefunden haben. Flavanole können Gefäßerkrankungen und damit Herzinfarkten vorbeugen. Bitterschokolade enthält auch weniger Zucker, ist kalorienärmer und macht schneller satt. Allerdings: was körperlich gesund ist und auch vielen Spaß macht, ist für viele Menschen weder lustig noch gesund. Denn in sehr vielen Schokoladenprodukten stecken Kinderarbeit und mörderische Arbeits- und Handelsbeziehungen. Je dunkler, desto gesünder: je höher der Kakaoanteil; für die Kinder- und Plantagenarbeiter gilt das nun gerade nicht. Und manche Bitterschokolade enthält mitunter zweifelhafte und riskante Stoffe, stellte Stiftung Warentest 2007 fest. Also Augen auf beim Schokoladenkauf. Fairer kaufen und produzieren ist besser als gedankenlos genießen und gleichgültig produzieren. Auch für die eigene Gesundheit.

Nicht nur zur Weihnachtszeit. „Die Deutschen sind auf die braune Süßigkeit besonders versessen“ schreibt Andreas Frey von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Und weiter: „Im Schnitt vertilgt jeder Bundesbürger mehr als neun Kilogramm Schokolade im Jahr. Übertroffen werden sie darin nur noch von den Schweizern mit mehr als zwölf Kilogramm“. Weil Schokolade bzw. Kakao ein Armutsprodukt aus der Sicht der Arbeiter ist, ist es gut, wenn jede vierte Tafel im Supermarktregal bereits ein entsprechendes Gütesiegel trägt, wie Frey schreibt. „In fünf Jahren sollen in Deutschland die Hälfte des Kakaos aus nachhaltigem Anbau kommen, verspricht die Industrie. Gemeint sind Zertifizierungen wie Utz, Fairtrade oder Rainforest Alliance. Diese Organisationen haben sich das Ziel gesetzt, die Bedingungen für die Kakaobauern zu verbessern und gleichzeitig die Umwelt zu schonen.

Doch steckt auch fairer Handel drin, wo fairer Handel draufsteht? (…) „was genau fällt unter Kinderarbeit? Die Internationale Arbeitsorganisation in Genf definiert sie als regelmäßige Erwerbsarbeit von Jungen und Mädchen unter 16 Jahren. Zudem spricht man von Kinderarbeit, wenn Minderjährige gefährlichen oder schweren Tätigkeiten ausgesetzt sind. Im Kakaoanbau sollen sie also nicht mit Macheten hantieren, keine Pestizide versprühen und auch keine schweren Lasten tragen. Leichte Arbeiten unter Aufsicht Erwachsener fallen hingegen nicht darunter, vorausgesetzt, dem Kind bleibt genug Zeit, eine Schule zu besuchen. So jedenfalls die Theorie.

Wie die Wirklichkeit aussieht, hat der dänische Journalist Miki Mistrati in den vergangenen Jahren mehrfach dokumentiert. Im Jahr 2010 spürte er im Norden des Landes verschleppte Kindersklaven aus den Nachbarländern Mali und Burkina Faso auf. Mit versteckter Kamera filmte er Schleuser, welche die Kleinen für ein paar Dollar über die Grenze bringen. Sein kanadischer Kollege Guy-André Kieffer musste solche Recherchen offenbar mit dem Leben bezahlen: 2004 wurde er entführt und ist seither verschollen.

Die Industrie reagierte mit Imagekampagnen und kooperiert seither mit Organisationen wie Utz und Fairtrade. Doch die Gesamtsituation hat sich dadurch nicht verbessert, wie eine Studie der Tulane University in New Orleans im vergangenen Jahr belegte. So habe sich die Zahl der auf Kakaoplantagen tätigen Kinder in der Elfenbeinküste in nur fünf Jahren sogar um 51 Prozent erhöht. Insgesamt schuften demnach schätzungsweise 1,3 Millionen Kinder auf ivorischen Farmen“. Die Zertifizierungsorganisationen kämpfen dagegen an. Das ist sehr aufwändig. Frey: „Aber reicht das, um von fairem Handel zu sprechen? Kann man eine Schokolade, auf der Logos wie das von Utz prangen, ohne Gewissensbisse genießen?

Daran gibt es durchaus Zweifel. Weil zertifizierter und nicht zertifizierter Kakao in der Fabrik vermischt werden, stecken in fertigen Riegeln nur ein paar Prozent faire Schokolade. „Solche Kakao-Zertifikate sind eine Mogelpackung und pure Augenwischerei“, findet Jens Klein, der sich bei der Berliner Handelsgenossenschaft Ethiquable für richtig fairen Handel einsetzt. Das Problem sei, dass der Begriff „fair“ im Gegensatz zu „bio“ keineswegs geschützt sei. „Auch jede Schokolade, deren Kakao von Kindersklaven geerntet wird, kann als ,faire Schokolade‘ deklariert werden“, sagt er.

Die Stiftung Warentest kam ((2007)) ebenfalls zu einem eher ernüchternden Ergebnis, was die Labels Rainforest Alliance und Utz betraf. Beide hätten nur eine mittlere Aussagekraft und weniger anspruchsvolle Kriterien. Gewinner des Tests waren Naturland Fair und Fairtrade. Ansonsten gilt, was die University of London schon vor zwei Jahren für Uganda und Äthiopien beschied: Der sogenannte faire Handel bewirkt weniger als oft behauptet. Und Schokolade macht bislang meistens nur glücklich, wenn man sie isst. Nicht wenn man sie anbaut“. Inzwischen hat sich einiges getan, doch es reicht nicht und braucht die Aufmerksamkeit und Konsequenz der Konsumenten.

Fazit: Beim Schokoladenkauf eher auf die Siegel Naturland Fair und Fairtrade achten. Dann stärkt man die Anstrengungen gegen Kinderarbeit und Ausbeutung. Und kann seine Schokolade eher genießen, weil die Kehrseite für andere nicht so bitter ist.

"Hintergrundreportage von Andreas Frey über die dunkle Seite der Schokolade"

"Über Kinderarbeit und Nachhaltigkeit in der Kakaoproduktion mit Hinweisen für Verbraucher"

"Stiftung Warentest: Manche Bitterschokolade hat auch für Verbraucher einen bitteren Beigeschmack"

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