12.10.2012 15:23
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Unfairer Umgang mit Transparenzanspruch
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Dreist und heuchlerisch agieren CDU, CSU und FDP, wenn es um die Nebenverdienste von Peer Steinbrück als Bundestagsabgeordneter der SPD geht. Denn 1. sind die meisten Groß-Nebenverdiener aus der CDU sowie den anderen Koalitionsparteien, die auf Nachfrage überhaupt nicht ihre Verdienstsummen offen legen wollen, wie sie es von Steinbrück fordern, 2. weigert sich die große Koalition seit Jahren beharrlich, Korruption von Abgeordneten unter Strafe zu stellen. Ihre Begründungen für die unendliche Geschichte erscheinen international und national fragwürdig, auch in den eigenen Reihen hinter vorgehaltener Hand.
Deutschland hat nicht das Übereinkommen des Europarats / der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen von 1988 und nicht die UN-Konvention gegen Korruption von 2003 ratifiziert. Die Regierungsparteien CDU, CSU und FDP behaupten, das sei nicht nötig, die deutschen Gesetze wären ausreichend.
Die Nebenverdienste von Steinbrück wurden erst Thema, als er zum Kanzlerkandidaten der SPD ausgerufen wurde. Er gehört zu den TOP-Nebenverdienstlern des Bundestages. Die anderen neun sind ausnahmslos von CDU, CSU und FDP. Während sie Steinbrück heftig angreifen, wollen die Spitzenverdiener der Koalition wie Heinz Riesenhuber (CDU), Michael Fuchs (CDU) Patrick Döring (FDP) keine völlig transparenten und genauen Veröffentlichungen der Nebenverdienste.
Längst hätten die Koalitionsparteien die UN-Konvention von 2003 ratifizieren und damit in Kraft setzen können. Längst hätten sie schärfere Regeln für Nebenverdienste und ihre Veröffentlichung erlassen können.
Jetzt also rote Karte für Merkel: Wegen der Verweigerung der Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP unter Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Korruptionsbekämpfung tatkräftig und mit entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen voranzutreiben.
Das ist bezeichnend: während sich Union und FDP bei dem Thema in Blockadehaltung üben und die Empfehlungen des Europarats am liebsten stillschweigend ignorieren würden, zeigen sie mit dem Finger auf Steinbrück. Damit das Wahlvolk nicht merkt, dass die Koalitionsparteien im Bremserhäuschen bei der Antikorruption sitzen. Und weiterhin selbst ein trübes Süppchen bei Nebenverdiensten und Parteispenden kochen kann.
Dabei verpflichten mehrere internationale Abkommen – darunter die UN-Konvention gegen Korruption – die Bundesregierung, die bisher laxen Vorschriften gegen Bestechung oder Bestechlichkeit von Parlamentariern zu verschärfen. Auch der Bundesgerichtshof entschied voriges Jahr, der einschlägige Paragraf 108e des Strafgesetzbuchs sei "als praktisch bedeutungslose symbolische Gesetzgebung" anzusehen und reiche nicht aus, "alle strafwürdigen korruptiven Verhaltensweisen zu erfassen". Deshalb solle der Bundestag für Abhilfe sorgen.
Doch die Mehrheit der Parlamentarier weigert sich beharrlich. Ein Gesetzentwurf von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) wurde mit dem Hinweis abgelehnt, man wolle das mit einem Vorstoß aus der "Mitte des Bundestags" regeln. Die Arbeitsgruppe der Koalition aber brütet seit Monaten ohne Ergebnis.
Die Grünen wollen diese Hinhaltetaktik schon seit geraumer Zeit nicht mehr mitmachen. Einstimmig verabschiedete die Fraktion einen Gesetzentwurf. Die Grünen wollen den bislang zahnlosen Paragrafen 108e ordentlich aufrüsten. Ein Abgeordneter, der einen rechtswidrigen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, und zwar als Gegenleistung dafür, dass er in Ausübung seines Mandates eine "Handlung zur Vertretung oder Durchsetzung der Interessen des Leistenden oder eines Dritten vornimmt oder unterlässt", soll künftig mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.
„Was viele nicht wissen: Die rot-grüne Bundesregierung hatte die jetzt existierenden Regeln im Jahr 2005 gegen die Stimmen von Union und Liberalen durchgesetzt. Und Union und FDP sind es auch, die seitdem eine Verschärfung immer wieder verhindern. Der Grund scheint auf der Hand zu liegen: CDU, CSU und FDP haben prozentual betrachtet mit Abstand die meisten Abgeordneten, die nebenbei arbeiten. Und so verwundert es nicht, dass sie zwar bei Steinbrück mehr Transparenz fordern, aber bei einer Neufassung der Regelungen eher zurückhaltend sind. Die Stunde der Populisten hat geschlagen“ (Panorama, NDR 11.10.2012.
Ob der Druck der Grünen hilft? Selbst Gesichtsverlust auf internationaler Ebene hat den Ehrgeiz der Regierung bislang nicht angestachelt. Als Angela Merkel im Mai afrikanische Geistliche zu Gast im Berliner Kanzleramt hatte, referierte der kongolesische Erzbischof Laurent Monsengwo Pasinya über schlechte Regierungsführung – und meinte damit nicht nur sein Land. „Auch Deutschland“, mahnte der Erzbischof, „hat die UN-Konvention gegen Korruption noch immer nicht ratifiziert“.
http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2012/steinbrueck219.html
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