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23.06.2025 07:21
Eingedampfte Fairness - EU-Lieferkettengesetz wird versagen  

Das Europäische Lieferkettengesetz könnte noch deutlicher abgeschwächt werden, als es die EU-Kommission beabsichtigt. Das jedenfalls geht aus der Vorlage der polnischen EU-Ratspräsidentschaft hervor, die am kommenden Dienstag im Rat für Allgemeine Angelegenheiten zwischen den Staaten abgestimmt werden soll.

EU-Ratspräsidentschaft will Geltungsbereich des Lieferkettengesetzes massiv einschränken

Die Anwendung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) soll demnach nicht nur um ein weiteres Jahr verschoben und damit erst im Juli 2028 in Kraft treten, die Ratspräsidentschaft schlägt auch vor, den Geltungsbereich der Richtlinie massiv einzuschränken. Die Sorgfaltspflichten im Blick auf Menschenrechte, Umwelt und Klima würden dann nur Unternehmen ab 5000 Beschäftigten und 1,5 Milliarden Euro Nettoumsatz erfassen, heißt es im Dokument des Rates, das die FR einsehen konnte.

Aktuell liegt die Schwelle der CSDDD bei 1000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von 450 Millionen Euro. Geht der polnische Vorschlag durch, der am Mittwoch im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten bei der EU Thema war, dann würden in Deutschland geschätzt nur noch 276 Unternehmen zur Achtung von Menschenrechten, Umwelt und Klima verpflichtet. Zum Vergleich: Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gilt immerhin für rund 5500 Unternehmen.

EU hat Unternehmen mehr Zeit gegeben – und Raum für Lockerung des Lieferkettengesetzes geebnet

Auf Drängen der Wirtschaft hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, die im vergangenen Jahr beschlossene CSDDD später in Kraft treten zu lassen, um den Unternehmen mehr Zeit zur Vorbereitung zu geben. EU-Parlament und Mitgliedstaaten stimmten dem zu und öffneten zudem die Tür für eine mögliche Lockerung und Vereinfachung der Regeln. Ziel des sogenannten Omnibus-Paketes der EU ist es nun, Bürokratie abzubauen und die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu stärken.

Nach Ansicht von Nele Meyer, Direktorin der European Coalition for Corporate Justice (ECCJ), geht es aber nicht um Vereinfachungen, sondern um eine Deregulierung. „Unsere Alarmglocken läuten“, sagte Meyer im Gespräch mit der FR. Schon im Beratungsprozess würden demokratische Prinzipien missachtet. So seien zivilgesellschaftliche Akteure nicht einbezogen worden. Die Reform solle im Hauruck-Verfahren durchgepeitscht werden.

Vorschlag zum Lieferkettengesetz „Versagen von Verantwortung“

Was jetzt von Seiten der Ratspräsidentschaft zur Abstimmung steht, ist in Meyers Augen ein „Versagen von Verantwortung gegenüber künftigen Generationen und der Umwelt“. Auf heftige Kritik der ECCJ, eine europäische zivilgesellschaftliche Plattform, die sich für Unternehmensverantwortung einsetzt, stößt auch der Passus zum Klima. Danach müssen die Pläne der Unternehmen zur Reduktion von CO2-Emissionen nicht mehr mit dem 1,5-

Grad-Ziel des Klimaabkommens von Paris „kompatibel“ sein, es soll schon ausreichen, wenn die darin vorgesehenen Maßnahmen dazu „beitragen“. Verlangt würden auch nur noch „reasonable efforts“ (angemessene Bemühungen) und nicht mehr „best efforts“, wie in der bisherigen Richtlinie.

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