13.02.2012 15:06
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So irrt Philipp Rösler über Wettbewerb
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Hat der Wettbewerb eine ethische Funktion? Bundesminister Philipp Rösler von der FDP sagte dieser Tage zur Eröffnung einer Konferenz in Wittenberg: "In der Sozialen Marktwirtschaft übernimmt der Wettbewerb eine zentrale ethische Funktion. Er fördert das Wachstum, das Grundlage für Fortschritt und sozialen Ausgleich ist. Soziale Marktwirtschaft und Wachstum gehen Hand in Hand. Zu den Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft gehört ein verantwortlicher Umgang mit Freiheiten und Vertrauen in marktwirtschaftliche Prozesse. Soziale Marktwirtschaft kann nur erfolgreich sein, wenn alle aktiv an ihrem Gelingen mitwirken. Das gilt für Unternehmer, Beschäftigte, politische Gestalter und Verbraucher gleichermaßen“.
Das ist großer Unsinn. Denn ein Wettbewerb hat keine ethische Funktion. Sondern die muss ihm durch Spielregeln und Kontrolle ihrer Einhaltung verpasst werden. Ein Wettbewerb ohne Spielregeln ist ein rohes Geschehen, wo die einzige Spielregel herrscht, die sich aufdrängt: Der Stärkere setzt sich durch. Und der setzt diese „Regel“.
Wettbewerb fördert auch nicht automatisch Wachstum und in der Folge Fortschritt und sozialen Ausgleich. Wettbewerb kann auch Wachstum hemmen, wenn ungezügelter Wettbewerb zur kurzsichtigen Ausbeute einer wichtigen Ressource führt, so dass Wachstum auf dem entsprechenden Gebiet nicht mehr möglich und auch nicht einfach ersetzbar ist. Hat der Minister noch nie von den „Grenzen des Wachstums“ gelesen oder gehört? Bebaubares Land beispielsweise ist begrenzt. Im Wettbewerb gewinnen derzeit dort diejenigen, die massiv Macht, Geld, Bedrohung und Verdrängung einsetzen. Oder Strukturvorgaben zu ihren Gunsten durch Beziehungen und Lobbyarbeit beeinflussen. Und es gibt Wettbewerb, der Fortschritt behindert. Wie seinerzeit der Wettbewerb um das beste Videoformat bewies. Das VHS-Format gewann; das Betamax und Video2000-Format blieb auf der Strecke, obwohl es technisch die bessere Bildqualität bot. Wie der Wettbewerb im Automobilsektor derzeit beweist: Die kleinen, sparsamen und umweltschonenden Fahrzeuge bleiben auf der Strecke; große, schwere und schnelle Autos gewinnen. Auf Kosten der Ressourcen und der Umwelt. Dass Wettbewerb durch Wachstum sozialen Ausgleich stiftet, ist eine Mär, der nicht nur Philipp Rösler aufsitzt. Er macht sich auch noch zu deren Herold. Wettbewerb stiftet zunächst Gewinner und Verlierer. Und nur, wenn der Gewinner auf faire Weise zu seinem Vorteil gekommen ist und dessen Fairness durch den Verlierer anerkannt werden kann, kann sozialer Ausgleich entstehen. Wenn jedoch der Wettbewerb nach der Art „wer hat, dem wird gegeben“ organisiert ist, werden die sozialen Unterschiede immer mehr verschärft. Sozialen Ausgleich gibt es also nicht durch den Wettbewerb, sondern durch Fairness und faire Regeln, der die Wettbewerber zu einem fairen Spiel veranlasst oder zwingt.
Ergo: Der Bundesminister Philipp Rösler hat eine Chance verpasst, ein wichtiges Thema geistig und ethisch zu durchdringen. Vielleicht fehlt es an ethischer Qualifikation. Vielleicht aber auch an Fairness-Bewusstsein. Wettbewerb ohne Fairness ist wie Musik ohne Pausen, Rhythmen und Takte. Nennt man Lärm.
http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Grenzen_des_Wachstums
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04.02.2012 13:04
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Apple verbreitet grausige Unfairness
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Apple ist hipp. iPhone, iPod, iPad, iMac – glänzende Produkte mit grausiger Vorgeschichte. Design hui – Produktion pfui. So der Erkenntnisstand kritischer Beobachter, Journalisten, ehemaliger Führungskräfte und von Organisationen.
Für Apple produziert Foxconn. Zu seinen Lebzeiten fand Steve Jobs die „Arbeitsbedingungen beim weltgrößten Elektronikhersteller Foxconn“ als „ziemlich nett“ bezeichnet, als durch eine Selbstmordserie der Arbeiter dort ein Fanal durch die Weltpresse ging. Foxconn selbst erhöhte die Löhne um etwa 30 %, doch an den Arbeitsbedingungen hat sich nichts Nennenswert geändert. Zudem wurde im Juni 2010 bekannt, dass Foxconn entweder alle oder einige der Werke in China schließen wolle, da man ausschließlich wegen der geringen Löhne nach China gegangen sei und dieser Standortvorteil im Falle der Umsetzung der angekündigten Lohnerhöhungen nun entfalle. Die taiwanische Firma Foxconn arbeitet vornehmlich auf dem chinesischen Festland und ist einer der größten Hersteller von Elektronik- und Computerteilen weltweit. Es produziert unter anderen auch für HP und Dell, ist Haupthersteller für Intel. Außerdem stellt es im Auftrag auch die Spielekonsolen Nintendo DS, Wii, Xbox 360 und die PlayStation her.
Aufgrund der „unethischen bis illegalen“ Arbeitsbedingungen war Foxconn 2011 für den Public Eye Award nominiert, mit welchem Konzerne ausgezeichnet werden, welche sich laut den Initianten besonders verantwortungslos gegenüber Mensch und Umwelt verhalten. Die von Greenpeace unterstütze Preisverleihung kam 2011 zu dem Schluss, dass der psychische und physische Druck auf junge chinesische Wanderarbeiter und Studentinnen weiter bestehe. In einem Untersuchungsbericht von mehreren Universitäten aus Taiwan und China auf Basis von Gesprächen mit 1.800 Arbeitern bei Foxconn kamen die Wissenschaftler unter anderem zu dem Schluss, dass die Arbeiter bei Foxconn gezwungen werden, 80 bis 100 Überstunden pro Monat zu leisten (gesetzliche Grenze wäre bei 36) und eine erhebliche Zahl von Arbeitsunfällen nicht behandelt werde. Apple soll für die unmenschlichen Arbeitsbedingungen und eine Serie von tödlichen Arbeitsunfällen bei seinen Auftragsherstellern in China mitverantwortlich sein. Das berichtet die New York Times unter Berufung auf den früheren Foxconn-Manager Li Mingqi, der bis April 2011 bei dem Unternehmen tätig war. Li, der Foxconn wegen seiner Entlassung verklagt, war in der Leitung einer Foxconn-Fabrik in Chengdu, wo bei einer Explosion im Mai 2011 drei Menschen starben und 15 verletzt wurden. Auch ehemalige Apple-Manager haben sich entsprechend geäußert, so die Zeitung. Li sagte: "Apple kümmerte sich um nichts anderes als die Erhöhung der Produktqualität und sinkende Herstellungskosten. Das Wohl der Arbeiter hat nichts mit ihren Interessen zu tun", sagte er. "Wir wissen seit über vier Jahren von missbräuchlichen Arbeitsbedingungen in einigen Fabriken, und sie laufen weiter", sagte ein ehemaliger Apple-Manager der New York Times, der wegen einer Vertraulichkeitsvereinbarung anonym bleiben wollte. "Warum? Weil sich dieses System für uns lohnt. Die Auftragshersteller würden schon morgen alles ändern, wenn Apple es ihnen sagen würde, dann hätten sie keine andere Wahl." Wenn die Produktqualität infrage gestellt sei, würde Apple dagegen sofort handeln, sagte der Manager. "Wäre die Hälfte der iPhones defekt, glauben sie, Apple würde das über vier Jahre laufen lassen?"
Die empfindlichste und verletzbarste, aber auch wertvollste Seite von Apple ist das Image, ist der Mythos von Apple. Das haben auch die Manager gespürt. Und deswegen ist Apple der Fair Labor Association gegen Kinderarbeit beigetreten. Außerdem wurde eine Zuliefererliste veröffentlicht. Weil viele Familienmitglieder von Angestellten bei Apple das gehört hatten, kamen die Mitarbeiter in Erklärungsnot. Niemand will sich für seine Firma schämen müssen. Niemand will gigantische Gewinne mit gigantischen Menschenrechtsverletzungen erzeugen. Der Druck bei Apple nahm und nimmt zu, die Dinge zu ändern. Aber die Veränderungen sind im Vergleich mit den Missständen noch im Mikrobereich.
Jetzt müssen die Kunden und iFans reagieren: Nachkauf eines Apple-Geräts deutlich aufschieben, Apples Verantwortung in Blogs, im Chat und auf Facebook mehr zum Thema machen, eine Liste in Facebook aufmachen „Wir kaufen ein Apple-Produkt, wenn Apple alle Missstände bei der Produktion seiner Geräte abgestellt hat“.
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/it/0,2828,815552,00.html
http://www.chip.de/news/Apple-Ausbeutung-bei-Foxconn-als-Standortvorteil_54010781.html
http://www.golem.de/1201/89340.html
http://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/0,1518,698214,00.html
http://www.aktiv-gegen-kinderarbeit.de/firmen/firmenliste/apple
http://www.zdnet.de/news/41533231/foxconn-erwaegt-angeblich-abzug-aus-china.htm
http://news.flanders-china.be/research-report-describes-foxconn-as-%E2%80%9Clabor-camp%E2%80%9D
http://de.wikipedia.org/wiki/Foxconn
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