22.04.2024 12:42
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Lässt Ikea für seine Möbel Urwälder vernichten?
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Ikea lässt Urwälder für Ingolf und Proppmätt vernichten, stellt Greenpeace fest:
"Diese Lieferketten nachzuverfolgen, war nicht leicht, denn Ikea produziert nicht alle seine Möbel selbst, sondern beschäftigt zusätzlich externe Hersteller. Aber nach monatelanger Recherche können wir nachweisen: Sieben dieser externen Unternehmen, die Ikea-Möbel herstellen, nutzen Holz aus alten, schützenswerten Wäldern, sogar aus Urwäldern.
In Ikea-Filialen in 13 Ländern, darunter auch Deutschland, fanden sich 30 verschiedene Produkte dieser Hersteller. Dazu gehören eine Vielzahl von Ikea-Klassikern, vom Kinderbett und Bettgestell Sniglar über die Stühle Ingolf, den Tritthocker Bekväm, die Sofas Kivik bis hin zu kleineren Haushaltsgegenständen wie dem Schneidebrett Proppmätt. Vielleicht sitzen Sie, liebe Lesende, gerade auf einem dieser Produkte oder haben es in der Küche – wie die meisten von uns.
“Wir dürfen die biologisch vielfältigsten Wälder und letzten Urwälder Europas nicht für Möbel opfern”, sagt Greenpeace-Waldexpertin Gesche Jürgens. “Alte Wälder sind für die Gesundheit des Planeten unverzichtbar und gehören umfassend geschützt. Ohne sie können wir die Arten- und Klimakrise nicht in den Griff bekommen.”
EU und Ikea in der Verantwortung
Dass die Karpaten und ihre Urwälder nicht ausreichend geschützt sind, dafür gibt es verschiedene Gründe: Zum einen sträuben sich Unternehmen und Behörden seit Jahren dagegen, dass wertvolle Wälder in Rumänien als Urwälder ausgewiesen werden, weil dort dann dort kein Holz mehr geerntet werden dürfte. Zum anderen liegen die Urwälder bereits in Schutzgebieten, aber dort (wie im europäischen Natura 2000 Netzwerk) dürfen trotzdem Bäume gefällt werden.
Die Europäische Union (EU) hat sich zwar Ziele zum Schutz der biologischen Vielfalt gesteckt und in diesen ist vorhergesehen, mehr Wälder besser zu schützen. Viele EU-Länder wie auch Rumänien setzen dies jedoch nicht um. Über 40 Prozent der Karpatenwälder befinden sich in Rumänien, davon sind nur 2,4 % (1700 km²) derzeit streng, d.h. vor Einschlag, geschützt. Urwald oder kein Urwald?
Was sind eigentlich Urwälder? Als Urwälder oder Primärwälder werden Wälder bezeichnet, die vom Menschen gar nicht oder nur sehr wenig beeinflusst sind und eine ursprüngliche Artenzusammensetzung aufweisen. Was sind naturnahe, alte Wälder? Wir verstehen diese in diesem Kontext als Wälder, die nach Holzeinschlag oder Abholzung wieder nachgewachsen sind und sich bereits mehr als 100 Jahre ungestört entwickeln konnten
In Rumänien gibt es beides. Zum einen noch Urwälder, aber eben auch viele Wälder, die nicht mehr als Urwälder gelten, aber trotzdem alt und schützenswert sind. Die Gebiete, in denen wir die Abholzung mit Ikea-Lieferanten in Verbindung gebracht zusammengebracht haben, sind teilweise echte Urwälder, teilweise auch “nur” alte, schützenswerte Wälder
Und was sagt Ikea?
Ikea poliert seit Jahren an seinem Image herum und hat sich “Nachhaltigkeit” prominent auf die Fahne geschrieben. Auf der Webseite verspricht ein Zitat von Ikeas Globalem Forstwirtschaft-Manager Mikhail Tarasov: "Wir fördern verantwortungsvolle Forstwirtschafts-Methoden. Wir tun dies, um die Branche zu beeinflussen und auch einen Beitrag zur wichtigen Arbeit zur Beendigung der Entwaldung zu leisten." Klingt vielversprechend, aber: In den Karpaten wird jede Stunde eine Fläche von fünf Fußballfeldern abgeholzt.
Ikea nutzt außerdem gezielt seine Mitgliedschaft im Forest Stewardship Council (FSC). Das FSC-Siegel kennzeichnet Waldprodukte als Erzeugnisse von Forstbetrieben, die nachhaltig arbeiten. Laut IKEA stammen fast 98% des von ihnen verwendeten Holzes aus FSC-zertifizierten Quellen. Allerdings erkennt das FSC-Zertifizierungssystem nicht immer die wahren Werte alter Wälder für die Artenvielfalt an. Dadurch können unter FSC-Zertifizierung sogar industrielle Forstwirtschaft und Holzeinschlagspraktiken in Wäldern stattfinden, die eigentlich streng geschützt sein sollten. Deshalb verließ Greenpeace das Siegel 2018.
Greenpeace Ost- und Zentraleuropa hat Ikea und seinen externen Möbelherstellern die Möglichkeit gegeben, zu den Ergebnissen der Recherche Stellung zu nehmen. Ikea hat die Aussagen der Recherche nicht bestritten. Die meisten Möbelhersteller haben nicht geantwortet. Einer der Hersteller bestätigte den Bezug von Holz aus einem Natura 2000-Gebiet und erklärte, dass eine solche Zerstörung nicht illegal sei.
“Es ist Aufgabe der EU, die eigenen Wälder stärker zu schützen, das heißt, Einschlag in Urwäldern und alten Wäldern zu verbieten”, sagt Jürgens. “Aber auch Unternehmen haben eine Verantwortung. Ikea behauptet, nachhaltig zu sein, profitiert aber im Moment immens vom schwachen Naturschutz in den Karpaten. Ikea muss seinen eigenen Nachhaltigkeitsversprechen gerecht werden und seine Lieferkette von der Zerstörung der Urwälder säubern.”
“Dunkle Fakten zur Waldzerstörung in den Karpaten”
Schätzungen zufolge wird weltweit alle zwei Sekunden ein Baum für die Produktion von Ikea-Möbeln gefällt. Nur noch rund 7% der rumänischen Wälder sind älter als 120 Jahre. Schätzungen zufolge hat Rumänien in den letzten 20 Jahren mehr als 50% seiner Urwälder durch Abholzung verloren".
"Ikea, Möbel und die Urwälder"
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11.04.2024 09:04
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Aldi Süd bricht mit polnischen Transportfirmen – Lieferkettengesetz wirkt
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Die Discounterkette Aldi Süd zeigt zwei polnischen Transportfirmen der Mazur-Gruppe die Rote Karte. In einem Schreiben forderte Aldi seine Lieferanten dazu auf, keine Transportaufträge mehr an die Mazur-Unternehmen Lukmaz und Agmaz zu vergeben. Die Frankfurter Rundschau informiert und kommentiert:
Im April 2023 streikten ausländische Fahrerinnen und Fahrer an der Raststätte Gräfenhausen wegen fehlender Löhne.
Der Discounter erwarte „auch von seinen Geschäftspartner:innen sowie deren Partner:innen die Einhaltung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten“, teilte eine Sprecherin von Aldi Süd der Frankfurter Rundschau auf Anfrage mit. Die beiden Firmen des polnischen Speditionsunternehmers Lukasz Mazur aber hätten „potenzielle Verstöße bisher nicht vollumfänglich aufgeklärt“.
Lkw-Fahrer streikten auf südhessischem Rastplatz Gräfenhausen
Die Sprecherin betonte, Aldi Süd habe „dabei zu keinem Zeitpunkt direkte Vertragsbeziehung zu den beiden Transportunternehmen unterhalten“. Ob es ein ähnliches Vorgehen auch mit Blick auf andere Unternehmen gebe, wollte Aldi nicht sagen.
Im vergangenen Jahr hatten weit mehr als 100 Lkw-Fahrer mit zwei Streiks auf dem südhessischen Rastplatz Gräfenhausen ihre ausgebliebenen Löhne von den Mazur-Firmen eingefordert. Sie wurden von Gewerkschaften unterstützt, darunter dem DGB-Beratungsnetzwerk „Faire Mobilität“. Schlagzeilen machte der Umstand, dass Mazur mit einem Trupp von Männern vorfuhr, um den Streikenden die Lkws abzunehmen – was jedoch mit Hilfe der Polizei unterbunden wurde.
Nach mehrwöchigen Arbeitsniederlegungen hatten die Männer aus Georgien, Usbekistan und anderen Ländern das Geld erhalten. Dabei soll insbesondere der Druck eines Auftaggebers gewirkt haben, der Mazur mit einer Vertragsstrafe drohte, sollten die Lkw mit seinen Waren nicht ankommen. Die Streikenden hatten sich nicht nur an Mazur gewandt, sondern auch an dessen Auftraggeber, darunter große Firmen wie Red Bull, Porsche und Bauhaus.
Aldi Süd bezieht sich nun auf das Lieferkettengesetz
Aldi Süd bezieht sich bei seiner Aufforderung an die Lieferanten auf das Lieferkettengesetz, das Anfang 2023 in Kraft getreten war. Danach müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Auftragnehmer sich an Standards zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz halten. Die Aldi-Sprecherin erklärte, der Schutz von Mensch und Umwelt gehöre „zu den Kernwerten der Unternehmenskultur“. Darüber hinaus sei Aldi durch das Gesetz „verpflichtet, in seinen Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten“.
Die Gewerkschafterin Anna Weirich, Branchenkoordinatorin bei „Faire Mobilität“, sagte der Frankfurter Rundschau, die Verlader müssten „wirklich Verantwortung für die Arbeitsbedingungen der Fahrenden“ übernehmen. „Wenn die Proteste aus dem letzten Jahr dazu beigetragen haben, dass man sich auch in Konzernen hierüber Gedanken macht, haben die Proteste etwas Wichtiges für alle Lkw-Fahrenden bewirkt.“
Ein Einstellen der Vertragsbeziehungen mit einzelnen Speditionen, wie es Aldi nach Medienberichten als Sanktion androht, solle aber nur der letzte Schritt sein. „Zuvor sollen Konzerne dafür Sorge tragen, wie die Arbeitsrechte der Beschäftigten in der Lieferkette besser geschützt werden können.“ In dieser Hinsicht scheine sich aber bisher nicht viel geändert zu haben. „Zumindest stellen wir in unseren Beratungsgesprächen bisher keine Verbesserung fest“, sagte Weirich.
"Der Fairness-Check"
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05.04.2024 10:15
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30 Prozent von Mobbing in Unternehmen betroffen
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Jeder dritte Angestellte wurde schon mal am Arbeitsplatz gemobbt: Diskriminierung im Job betrifft viele, doch nur ein Teil meldet einer Umfrage zufolge solche Vorfälle. Bemerkenswert: Die Wahrnehmung zwischen leitenden und nicht leitenden Angestellten klafft weit auseinander.
Rund ein Drittel der nicht leitenden Angestellten hat am Arbeitsplatz schon einmal Diskriminierung oder Mobbing erlebt – allerdings hat weniger als die Hälfte der Betroffenen solche Vorgänge auch gemeldet. Das jedenfalls zeigt eine Untersuchung der Unternehmensberatung EY.
Die Analyse stützt sich auf die Befragung von 1800 Beschäftigten in neun europäischen Ländern, davon 200 in Deutschland. Dabei gaben 33 Prozent der befragten nicht leitenden Angestellten an, schon einmal Diskriminierung erlebt zu haben, 30 Prozent wurden laut eigener Aussage bereits Opfer von Mobbing. Dabei erlebten Männer sowohl etwas seltener Diskriminierung (31 Prozent gegen 36 Prozent) als auch Mobbing (29 Prozent gegen 34 Prozent) als Frauen.
Gemeldet hat derlei Vorfälle nur knapp jede und jeder zweite Beschäftigte (49 Prozent). Männer vertrauten sich wiederum häufiger Vorgesetzten oder entsprechenden Stellen im Unternehmen an als Frauen. Unterschiedliche Beurteilung
Wie die Befragung weiter ergab, klafft die Wahrnehmung zwischen leitenden und nicht leitenden Angestellten zudem auseinander. Während 63 Prozent der Führungskräfte von einer Kultur des Vertrauens und der Transparenz in ihrem Unternehmen sprachen, waren nur 44 Prozent der nicht leitenden Angestellten dieser Meinung. Deutliche Unterschiede gab es auch bei der Beurteilung der Geschlechtervielfalt und der Sorge um das Wohlergehen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen.
Außerdem gaben 49 Prozent der Führungskräfte an, dass sie Beschäftigte allein aufgrund ihrer Qualifikation einstellen. Sogenannte Blind-Lebensläufe, in denen auf persönliche Daten wie Namen, Geschlecht oder Alter verzichtet wird, nutzen allerdings nur rund 28 Prozent, wie die EY-Umfrage weiter ergab. Hier gebe es insgesamt noch Nachholbedarf.
„Wenn im Schnitt fast jede und jeder dritte Angestellte schon einmal diskriminiert oder gemobbt wurde, müssen bei den Arbeitgebern die Alarmglocken schrillen“, sagte Ev Bangemann von EY. Es müssten „umgehend Maßnahmen ergriffen werden, um einen wirklichen Kulturwandel im Unternehmen voranzutreiben, der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter miteinbezieht“.
ani/AFP
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