Besonders Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund melden immer häufiger Diskriminierung. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes fordert Reformen.
Im vergangenen Jahr haben sich deutlich mehr Menschen als in den Jahren zuvor wegen Diskriminierungserfahrungen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewandt. Laut dem am Dienstag (3. Juni) in Berlin vorgestellten Jahresbericht der unabhängigen Bundesbeauftragten Ferda Ataman hat sich die Zahl der Beratungsanfragen im Vergleich zu 2019 mehr als verdoppelt – von 4247 auf 11.405. Ataman forderte die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD auf, Diskriminierung entschiedener zu bekämpfen und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.
„Diskriminierung ist ein wachsendes Problem in Deutschland“, so Ataman. Sie werde zudem „immer hemmungsloser betrieben“. Der Bericht weist darauf hin, dass von einer hohen Dunkelziffer auszugehen sei, da viele Betroffene Diskriminierung nicht melden. Laut Studien habe jede dritte Person in Deutschland bereits Diskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erlebt – besonders häufig Frauen. „Die Zahl der Frauen, die Diskriminierung erlebt haben, hat sich in den letzten Jahren verdoppelt“, sagte die Bundesbeauftragte. Auch die Zahl sexueller Belästigungen sei gestiegen. Diskriminierung auf dem Vormarsch: Bundesstelle verzeichnet mehr als doppelt so viele Anfragen
Der größte Teil der Anfragen im Jahr 2023 betraf rassistische Diskriminierung – mit einem Anteil von 43 Prozent, was einer Verdreifachung gegenüber 2019 entspricht. Auf Benachteiligung aufgrund einer Behinderung oder chronischen Krankheit entfielen 27 Prozent, auf das Geschlecht – darunter auch sexuelle Belästigung – 24 Prozent. Altersdiskriminierung machte zwölf Prozent aus, religiöse Gründe sieben Prozent und Diskriminierung aufgrund sexueller Identität vier Prozent.
Besonders häufig wurde Diskriminierung im Arbeitsleben gemeldet – etwa ein Drittel der Fälle. Hier sei der Anteil geschlechtsspezifischer Diskriminierung besonders hoch: 54 Prozent. Hinzu kämen Benachteiligungen bei Beförderungen, insbesondere in Zusammenhang mit Mutterschaft oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch Diskriminierungen im Alltag seien häufig – etwa beim Einkaufen, in Restaurants, bei der Wohnungssuche oder durch staatliche Stellen. Sexismus und Rassismus im Alltag: Zahl der Betroffenen steigt laut Jahresbericht deutlich an
„Wir haben ein massives Problem mit Rassismus, wir haben ein massives Problem mit Sexismus“, so Ataman. Viele Menschen hätten „mehr denn je“ Angst um ihre Sicherheit. Sie sprach sich für ein Verbot der AfD aus, da diese in Teilen als rechtsextremistisch eingestuft werde. Zudem forderte sie eine Reform des AGG und kritisierte, dass „in Deutschland Falschparken konsequenter geahndet wird als die Diskriminierung anderer Menschen“. Der Schutz vulnerabler Gruppen sei essenziell, um die Demokratie zu verteidigen.
Für die Betroffenen hat eine solche Diskriminierung oft tiefgreifende Konsequenzen. Wie eine Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung aus dem Jahr 2024 zeigt, sind schwarze, asiatische und muslimische Menschen in Deutschland deutlich häufiger armutsgefährdet als Personen ohne Migrationshintergrund.
Armut trotz Arbeit und Bildung: Studie belegt strukturelle Benachteiligung
Besonders hoch ist das Armutsrisiko bei Muslimen mit bis zu 40 Prozent, gefolgt von asiatischen (30 Prozent) und schwarzen Menschen (26 Prozent). Zum Vergleich: Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 14,8 Prozent. Laut den Forschenden bestehen diese Unterschiede auch bei hoher Bildung und Erwerbstätigkeit. So liege etwa das Armutsrisiko für muslimische Männer mit Vollzeitstelle bei 21 Prozent und für schwarze Frauen bei 22 Prozent – gegenüber nur fünf Prozent bei deutschen Vollzeitbeschäftigten ohne Migrationshintergrund. In ihrem jüngst vorgestellten Jahresbericht bemängelt die Bundesbeauftragte Ferda Ataman ein wachsendes Diskriminierungs-Problem in Deutschland – und fordert rasche Maßnahmen. In ihrem jüngst vorgestellten Jahresbericht bemängelt die Bundesbeauftragte Ferda Ataman ein wachsendes Diskriminierungs-Problem in Deutschland – und fordert rasche Maßnahmen.
Auch für in Deutschland geborene Menschen mit Migrationsgeschichte, die hier ausgebildet wurden, bestehen laut der Studie schlechtere Einkommenschancen als für Deutsche ohne Migrationshintergrund mit vergleichbarem Abschluss. Zwar sinke das Armutsrisiko bei dieser Gruppe im Vergleich zu Zugewanderten mit im Ausland erworbenen Qualifikationen, doch gleiche Bildung führe nicht zu gleichen Chancen. „Es sind weiterhin deutliche Unterschiede zwischen rassistisch markierten und nicht rassistisch markierten Personen erkennbar“, so das Urteil der Forschenden. (tpn mit afp)
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