Blog nach Monat: Februar 2016

16.02.2016 15:01
Faire Versöhnung zwischen Alnatura und dm?
Der Streit zwischen dm-Gründer Götz Werner sowie Alnatura-Gründer und Geschäftsführer Götz Rehn, über den in diesem Blog berichtet wurde, soll beigelegt sein. Beigelegt heißt, beide haben sich durch Vermittlung eines Dritten darauf geeinigt, ihre Anwälte anzuweisen, den Streit gütlich beizulegen. Das bestätigte jedenfalls Götz Werner auf Nachfragen der WirtschaftsWoche.

Der Streit war ausgebrochen, weil dm fast die Hälfte der Alnatura-Produkte ausgelistet hatte und Götz Werner die Markenrechte von Alnatura gerichtlich erstreiten wollte. Er war der Auffassung, dass Alnatura erst durch Götz Werner und dm groß und erfolgreich geworden ist.

Die Mitteilung zur Streitbeilegung, über die das Anthroposophie-Zeitschrift „Info3“ berichtet, kam handschriftlich und umfasst nur drei Sätze. „Auf Initiative und Vermittlung von Sekem-Gründer Dr. Ibrahim Abouleish haben sich die Gründer von dm und Alnatura Götz Werner und Götz Rehn versöhnt. Auf dieser Grundlage werden die Anwälte beauftragt, die Auseinandersetzungen vergleichsweise beizulegen“, heißt es laut „Info3“ in dem Papier vom 15. Februar.

Götz Werner ließ die Meldung gegenüber der WirtschaftsWoche und dem Fachblatt "Lebensmittel-Zeitung" bestätigen. Details zu der Einigung seien allerdings noch nicht bekannt, sagte der dm-Sprecher. Ob damit ein Großkonflikt endet, der die Bio-Branche seit Monaten in Atem hält, ist nicht absehbar. Bekanntlich schläft der Teufel im Detail. Da die beiden Unternehmer verschwägert sind, dürfte er Konflikt nicht nur sachliche, finanzielle und strategische Aspekte haben.

"Zu Geschichte und Hintergrund des Streits zwischen dm-Gründer Werner und Alnatura-Geschäftsführer Rehn"

"WirtschaftsWoche zur Streitbeilegung"

"Spiegel zur Streitbeilegung von dm und Alnatura"

"dm im Fairness-Check"

"Alnatura im Fairness-Check"

08.02.2016 16:04
Wir trauern um Roger Willemsen: Unser Unterstützer der ersten Stunde
Roger Willemsen ist gestern, am 7. Februar 2016, an Krebs gestorben. Wir verlieren einen wunderbaren Menschen und Unterstützer für die Fairness-Stiftung.

2001 moderierte Roger Willemsen unsere erste Feier der Verleihung des Deutschen Fairness Preises. Preisträger war Prof. Dr. Dr. Horst-Eberhard Richter, der 2011 mit 88 Jahren starb. Und Willemsen moderierte unser erstes Internationales Fairness-Forum 2001 zum Thema „Zu welchem Preis? Licht- und Schattenseiten von Führungspositionen in Wirtschaft und Gesellschaft“. Dank seines fulminanten Horizonts, seiner herausragenden Moderationsfähigkeit und seiner brillanten Eloquenz hat Roger Willemsen zum Auftakt unserer großen Veranstaltungen beigetragen und damit 15 Jahre erfolgreiche Preisverleihungen und Fairness-Foren eröffnet.

In der Erstausgabe des Fairness-Reports 2001 gab Willemsen ein Aufsehen erregendes Interview zu „Wie die Quote die Fairness erschlägt“ (siehe Link unten). Er zeigte darin, in welcher Spannung Fairness und Erfolg in Massenmedien stehen. Was heute durch Facebook und Twitter noch deutlicher wird als seinerzeit allein durch TV und Presse. Von Spannung kann schon fast keine Rede mehr sein. Wer die Hasstiraden und Attacken in den sogenannten Social Media verfolgt, wird nicht umhin können, die Bedeutung von Fairness in den Massenmedien skeptisch zu sehen. Es wäre ein tolles Vermächtnis, mehr Fairness-Bewusstsein in solchen Medien voranzubringen und Fairness wirksam zu machen.

Dr. Roger Willemsen war in zahlreichen Hilfsorganisationen tätig, z. B. bei Amnesty International und Terre des Femmes. Zugleich arbeitete er als Botschafter der von CARE International und UN-Flüchtlingshilfe gemeinsam verwirklichten Afghanistan-Kampagne "Helfen steckt an". Seit dem Frühjahr 2006 war Roger Willemsen Schirmherr des Afghanischen Frauenvereins e. V., der seinen Sitz in Deutschland hat und für den er sich persönlich sehr engagierte. 2006 erschien sein Buch „Hier spricht Guantánamo“, in dem er ehemalige Guantanamo-Häftlinge über ihre Haftumstände interviewt. Willemsen hat die Aktion „Deine Stimme gegen Armut“ unterstützt, war Pate des Kinderhospizes Bethel für sterbende Kinder und Mitglied der globalisierungskritischen Vereinigung Attac.

Wir verlieren einen vielseitig talentierten, sozial engagierten und künstlerisch-empfindsamen Menschen, der uns etwas zu sagen und der Welt Wichtiges zu deuten hatte. Er sprach uns Mut zu, die Fairness-Stiftung und das Fairness-Anliegen mit langem Atem voranzubringen. Er gehörte zu den bekanntesten deutschen Intellektuellen. Roger Willemsen war am 15. August letzten Jahres 60 Jahre alt geworden. Kurz danach hatte er alle Verpflichtungen und Veranstaltungen wegen einer Krebserkrankung abgesagt und sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Wir drücken seinen Angehörigen unser Mitgefühl aus.

"Roger Willemsen moderiert die Verleihung des Deutschen Fairness Preises an Horst-Eberhard Richter"

"Roger Willemsen moderiert das Internationale Fairness-Forum"

"Roger Willemsen über die Quote, die die Fairness erschlägt"

"Roger Willemsen im Rundfunk-Gespräch über Gott, den Papst und soziales Engagement: „Ich würde gerne glauben“


04.02.2016 11:50
Streit zwischen Rewe, Edeka und Minister Gabriel: was wäre fair?
Rewe klagt. Geht Kaiser’s Tengelmann an Edeka? Nicht, wenn eine Klage von Rewe dagegen vor dem OLG Düsseldorf im Beschwerdeverfahren Erfolg hätte. Denn Rewe findet die Situation krass unfair. Mit einer Ministererlaubnis hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel Edeka die Übernahme von 16.000 Kaiser's-Tengelmann-Supermärkten erlaubt, nachdem sie das Kartellamt untersagt hatte. Aber nur unter Bedingungen: Edeka müsse garantieren, dass die rund 16.000 Arbeitsplätze – viele davon Teilzeit - bei Kaiser's Tengelmann mindestens für fünf Jahre überwiegend sicher seien und dass die Mitarbeiter tariflich bezahlt werden. Das solle durch verbindliche Tarifverträge abgesichert werden. Edeka ist dazu bereit. Rewe war mit seinem Angebot beim Minister abgeblitzt.

Spielt das Gemeinwohl überhaupt eine Rolle?

Eine Ministererlaubnis kann laut Gesetz erteilt werden, wenn es so starke Gemeinwohlgründe gibt, dass diese schwerer wiegen als die negativen Wettbewerbseffekte, die durch eine Fusion zu erwarten wären. Allerdings hat die Monopolkommission erklärt, dass das Arbeitsplatzargument nicht zieht. Denn die Arbeitslosigkeit ist in Deutschland nach wie vor sehr niedrig.

Außerdem würde es nicht zu einer regionalen Ballung von Entlassungen kommen. Schließlich würden die Konsumenten anderswo ihre Lebensmittel einkaufen, so dass dort zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigt würden. Die Arbeitsplatzverluste wären also relativ gering, sollten die Filialen von Kaiser's Tengelmann nicht an Edeka gehen. Der ohnehin schon der größte Supermarktbetreiber in Deutschland ist.

Konzentrationsprozess schreitet voran

Es ist in Zukunft ohnehin damit zu rechnen, dass es zu weiterer Konzentration und Fusion im Lebensmittelhandel kommen wird. Der wesentliche Wettbewerbsdruck kommt von Discountern wie Lidl und Aldi. Er verstärkt sich noch, weil sie immer mehr Markenartikel ins Sortiment aufnehmen, was vor allem preissensible Kunden anlockt. Hinzu kommt in Großstädten ein zunehmender Wettbewerbsdruck durch Bio-Supermärkte, die sich stark entwickeln und qualitätsbewusste Verbraucher anziehen.

Überlegenes Genossenschaftsmodell

Die Filialen von Kaiser's Tengelmann sind im Lebensmittelhandel ohnehin wenig bedeutend. Die Angebote sind meist teurer als bei der Konkurrenz bei Edeka und Rewe; die Märkte machen keinen attraktiven Eindruck und wohl aus deshalb schrumpften seit einiger Zeit die Marktanteile von Kaiser's Tengelmann. Die Kette ist seit Jahren defizitär. Das Genossenschaftsmodell von Edeka und Rewe ist einer zentralen Steuerung der Supermärkte wie bei Kaiser's Tengelmann deutlich überlegen.

Rewe befürchtet, dass Edeka die Supermärkte von Kaiser's Tengelmann deutlich aufpeppt und mit dem größeren Spielraum für die genossenschaftlichen Filialleiter ähnlich wie bei Rewe mehr Flächenabdeckung gewinnt. Dadurch dürfte Rewe unter erheblichen Konkurrenzdruck geraten. Das würde allerdings auch passieren, wenn Rewe die Märkte übernehmen könnte.

Was wäre fair und gemeinwohlorientiert?

Was wäre in dieser Situation eine faire Ministerentscheidung gewesen? Eine, die wirklich am Gemeinwohl orientiert ist, also von den Bürgern und Verbrauchern her denken. Das heißt: Die Supermärkte von Kaiser's Tengelmann werden orts- und stadtteilspezifisch aufgeteilt zwischen Edeka und Rewe, ggf. kommen auch noch andere Ketten zum Zug. Dabei gelten als Prinzipien: Vermeidung von Supermarkt-Ballung (keine Supermarkt- und Discounter-Ghettos), Konkurrenz der großen Anbieter bei in etwa gleichgroßem Einkommensvolumen der Bürger vor Ort, gute Erreichbarkeit der Märkte für die Verbraucher zu Fuß und mit dem Rad, weniger LKW- und PKW-Verkehr in der Umgebung. Das Verfahren hätte von einer Kommission überwacht werden können, die auch befugt wäre, ein Schiedsurteil zu sprechen. Und nicht zu vergessen: einer Monopolisierung im Lebensmittelhandel vorbeugen.

"Edeka im Fairness-Check"

"Rewe im Fairness-Check"

"Kaiser's im Fairness-Check"

"Ex-Vorsitzender der Monopolkommission Prof. Justus Haucap zur Ministererlaubnis"

"Rewe will gegen Fusion klagen"

01.02.2016 12:33
Trauer um Fairness-Vorbild Graf von Faber-Castell
Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell ist am 21.1.2016 in Houston (USA) nach längerem Krebsleiden gestorben. Der 1941 in Bamberg geborene Vorstandsvorsitzende des internationalen Unternehmens Faber-Castell und Träger des Deutschen Fairness Preises 2007 war eine überzeugende Unternehmerpersönlichkeit in achter Generation des Familienunternehmens von 1761. Mit einer Produktion von ca. zwei Milliarden holzgefassten Stiften pro Jahr ist Faber-Castell der weltgrößte Hersteller von Bunt- und Bleistiften. Das Unternehmen beschäftigt rund 7000 Mitarbeiter in 14 Fertigungsstätten und 23 Vertriebsgesellschaften und hat in über 120 Ländern Handelsvertretungen. Dazu gehört die Faber-Castell-Gesellschaft im brasilianischen São Carlos, die mit einer Produktion von 1,5 Milliarden Stiften pro Jahr die größte Farbstiftfabrik der Welt ist. Anfang der 1990er Jahre entwickelte Faber-Castell die umweltfreundliche Wasserlacktechnologie für Blei- und Farbstifte. 1992 wurde die weltweit erste Produktionsanlage für umweltfreundliche Blei- und Farbstifte in Betrieb genommen. Seit 2000 verpflichtet sich das Unternehmen freiwillig mit einer eigenen Charta, in allen Niederlassungen weltweit die empfohlenen Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen der ILO einzuhalten.

Wie Geschäftserfolg, Nachhaltigkeit und Fairness zusammen gehören

Auf der Firmenwebsite schrieb Graf von Faber-Castell: „Ich halte nichts von kurzfristigem Profitstreben. Die Fähigkeit, nachhaltig ertragreich zu sein, ist für ein Unternehmen, das langfristig erfolgreich sein will, lebensnotwendig. Für mich ist es selbstverständlich, als Unternehmer im doppelten Wortsinn mit Anstand „anständig“ Geld zu verdienen. Der Anstand, der auf Werten wie sozialer und ökologischer Verantwortung, Vertrauen, Ehrlichkeit und fairem Umgang miteinander basiert, ist durchaus mit einem gesunden Streben nach Ertragskraft vereinbar, denn nur ertragreiche Unternehmen können sich soziale und ökologische Leistungen auch erlauben. Unsere gesunde wirtschaftliche Lage und die Anerkennung durch unsere Geschäftspartner sagen mir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Umweltaspekte treten auch mit einem einzigartigen Forstprojekt für Holzstift-Brettchen in Brasilien sowie einer Produktionsstätte für Brettchen und Stifte aus ökologisch zertifizierten Holzressourcen in Costa Rica zunehmend in den Vordergrund unternehmerischen Denkens.

Warum Graf von Faber-Castell den Deutschen Fairness Preis bekam

Zu Verleihung des Deutschen Fairness Preises an Graf von Faber-Castell erklärt die Fairness-Stiftung in der Preisurkunde: „Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell unternimmt enorme Anstrengungen, um in einem partizipativen Prozess Mitarbeiter in aller Welt mit Kompetenz, mit Marken- und Kundenbewusstsein sowie mit kommunikativen Fähigkeiten auszustatten. Wer wie die Faber-Castell AG weltweit eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen und der Marke, starke Kundenorientierung und permanente Innovationsfreude bei den Mitarbeitern auslösen und erhalten will, kommt gar nicht darum herum, für eine faire Unternehmens- und Personalführung zu sorgen. Graf von Faber-Castell steht persönlich selbst ein für eine solche Orientierung und Vorgehensweise. Dabei bindet er sich nach wie vor in alle wesentlichen Prozesse selbst ein, interessiert sich für Details und die großen Linien und ist selbst durch nahezu ständiges weltweites Reisen die verkörperte Verbindlichkeit in seinem Unternehmen zwischen allen Stakeholdern. Wer sich so menschenzugewandt und zukunftsorientiert über eine lange Zeit einsetzt, das vorbildliche Sozialengagement seiner Vorfahren in moderne faire und nachhaltige Wertsetzungen für sein Unternehmen übersetzt und lebt, den geschäftlichen Erfolg und die eigene Marke an eine faire, soziale und ökologische Prägung des Unternehmens knüpft, der hat den Deutschen Fairness Preis verdient. Daher ist Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell der würdige Träger des Deutschen Fairness Preises.“

Die Fairness-Stiftung trauert um eine große Unternehmer- und Führungspersönlichkeit, für die Fairness von zentraler und umfassender Bedeutung in der alltäglichen und langfristigen Praxis war. Und verneigt sich in Respekt vor seinem Lebenswerk.

Eine Gedenk- und Traueranzeige der Fairness-Stiftung erschien in Frankfurter Rundschau, Frankfurter Allgemeine und Frankfurter Neue Presse.

"Reportage zur Verleihung des Deutschen Fairness Preises an Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell"

"Faber-Castell"

"Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell zur Nachhaltigkeit und Fairness"

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