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04.02.2016 11:50
Streit zwischen Rewe, Edeka und Minister Gabriel: was wäre fair?  

Rewe klagt. Geht Kaiser’s Tengelmann an Edeka? Nicht, wenn eine Klage von Rewe dagegen vor dem OLG Düsseldorf im Beschwerdeverfahren Erfolg hätte. Denn Rewe findet die Situation krass unfair. Mit einer Ministererlaubnis hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel Edeka die Übernahme von 16.000 Kaiser's-Tengelmann-Supermärkten erlaubt, nachdem sie das Kartellamt untersagt hatte. Aber nur unter Bedingungen: Edeka müsse garantieren, dass die rund 16.000 Arbeitsplätze – viele davon Teilzeit - bei Kaiser's Tengelmann mindestens für fünf Jahre überwiegend sicher seien und dass die Mitarbeiter tariflich bezahlt werden. Das solle durch verbindliche Tarifverträge abgesichert werden. Edeka ist dazu bereit. Rewe war mit seinem Angebot beim Minister abgeblitzt.

Spielt das Gemeinwohl überhaupt eine Rolle?

Eine Ministererlaubnis kann laut Gesetz erteilt werden, wenn es so starke Gemeinwohlgründe gibt, dass diese schwerer wiegen als die negativen Wettbewerbseffekte, die durch eine Fusion zu erwarten wären. Allerdings hat die Monopolkommission erklärt, dass das Arbeitsplatzargument nicht zieht. Denn die Arbeitslosigkeit ist in Deutschland nach wie vor sehr niedrig.

Außerdem würde es nicht zu einer regionalen Ballung von Entlassungen kommen. Schließlich würden die Konsumenten anderswo ihre Lebensmittel einkaufen, so dass dort zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigt würden. Die Arbeitsplatzverluste wären also relativ gering, sollten die Filialen von Kaiser's Tengelmann nicht an Edeka gehen. Der ohnehin schon der größte Supermarktbetreiber in Deutschland ist.

Konzentrationsprozess schreitet voran

Es ist in Zukunft ohnehin damit zu rechnen, dass es zu weiterer Konzentration und Fusion im Lebensmittelhandel kommen wird. Der wesentliche Wettbewerbsdruck kommt von Discountern wie Lidl und Aldi. Er verstärkt sich noch, weil sie immer mehr Markenartikel ins Sortiment aufnehmen, was vor allem preissensible Kunden anlockt. Hinzu kommt in Großstädten ein zunehmender Wettbewerbsdruck durch Bio-Supermärkte, die sich stark entwickeln und qualitätsbewusste Verbraucher anziehen.

Überlegenes Genossenschaftsmodell

Die Filialen von Kaiser's Tengelmann sind im Lebensmittelhandel ohnehin wenig bedeutend. Die Angebote sind meist teurer als bei der Konkurrenz bei Edeka und Rewe; die Märkte machen keinen attraktiven Eindruck und wohl aus deshalb schrumpften seit einiger Zeit die Marktanteile von Kaiser's Tengelmann. Die Kette ist seit Jahren defizitär. Das Genossenschaftsmodell von Edeka und Rewe ist einer zentralen Steuerung der Supermärkte wie bei Kaiser's Tengelmann deutlich überlegen.

Rewe befürchtet, dass Edeka die Supermärkte von Kaiser's Tengelmann deutlich aufpeppt und mit dem größeren Spielraum für die genossenschaftlichen Filialleiter ähnlich wie bei Rewe mehr Flächenabdeckung gewinnt. Dadurch dürfte Rewe unter erheblichen Konkurrenzdruck geraten. Das würde allerdings auch passieren, wenn Rewe die Märkte übernehmen könnte.

Was wäre fair und gemeinwohlorientiert?

Was wäre in dieser Situation eine faire Ministerentscheidung gewesen? Eine, die wirklich am Gemeinwohl orientiert ist, also von den Bürgern und Verbrauchern her denken. Das heißt: Die Supermärkte von Kaiser's Tengelmann werden orts- und stadtteilspezifisch aufgeteilt zwischen Edeka und Rewe, ggf. kommen auch noch andere Ketten zum Zug. Dabei gelten als Prinzipien: Vermeidung von Supermarkt-Ballung (keine Supermarkt- und Discounter-Ghettos), Konkurrenz der großen Anbieter bei in etwa gleichgroßem Einkommensvolumen der Bürger vor Ort, gute Erreichbarkeit der Märkte für die Verbraucher zu Fuß und mit dem Rad, weniger LKW- und PKW-Verkehr in der Umgebung. Das Verfahren hätte von einer Kommission überwacht werden können, die auch befugt wäre, ein Schiedsurteil zu sprechen. Und nicht zu vergessen: einer Monopolisierung im Lebensmittelhandel vorbeugen.

"Edeka im Fairness-Check"

"Rewe im Fairness-Check"

"Kaiser's im Fairness-Check"

"Ex-Vorsitzender der Monopolkommission Prof. Justus Haucap zur Ministererlaubnis"

"Rewe will gegen Fusion klagen"

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