14.09.2015 13:20
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Ist fair wirklich fair? "Faire Woche" mit Fairness-Washing?
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Noch bis zum 25. September findet die 14. „Faire Woche“ statt. Dabei dreht sich alles um den Fairen Handel. Mehr als 2.000 Aktionen sind dazu geplant und mehr als eine halbe Million Teilnehmer werden bundesweit erwartet.
Unter dem Motto „Fairer Handel schafft Transparenz“ fokussiert die Faire Woche auf das Problem mangelnder Transparenz in konventionellen Wertschöpfungsketten. Transparenz ist einer der Grundprinzipe des Fairen Handels. Ein transparenter Umgang zwischen allen Akteuren ist die Basis einer vertrauensvollen Partnerschaft. Ganz anders ist es meistens im konventionellen Handel. Die Folgen sind oftmals Ausbeutung von Mensch und Natur, ohne dass die verantwortlichen Unternehmen dafür haftbar gemacht werden können.
Doch so transparent geht es auch beim Fairen Handel nicht zu wie das zu wünschen wäre. Wie sich der Endpreis eines Produkts letztlich zusammensetzt, wieviel Gebühr er für die Zertifizierungsgesellschaft und Kosten für den Zertifizierungsaufwand enthält, was bei den Produzenten vor Ort, was beim Transporteur, was beim Händler vom Preis hängen bleibt, ist häufig undurchsichtig und sollte auf jeder Packung aufgelistet werden. Der französische Filmemacher Donatien Lemaitre in einem Interview zu seinem ARTE-Film über Fairen Handel: „Problematisch daran ist, dass die Handelsriesen bei den fair gehandelten Produkten besonders große Gewinnmargen einstreichen. Der Verbraucher zahlt einen höheren Preis. Aber von dem Geld, das Bedürftige unterstützen soll, bleibt der größte Teil beim Händler. Und das ist legal, weil Fairtrade den Händlern keinen Verhaltenskodex vorschreibt.“ Die meisten Kunden fragen nicht weiter nach, wenn auf der Verpackung mit fairem Handel geworben wird. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat es 2014 getan und sich stichprobenartig 32 Lebensmittel genauer angesehen. Jedes zweite Produkt fiel wegen intransparenter Angaben durch.
Und nicht überall, wo Fairer Handel drauf steht, ist auch Fairer Handel enthalten. Beispielsweise stellte 2014 „Stiftung Warentest“ fest, dass der Orangensaft „Fairglobe“ von Lidl, der das „Fairtrade“-Logo trägt, keinesfalls unter als fair zu bezeichnenden Bedingungen hergestellt wurde. Vielmehr bekam die Plantage ein „mangelhaft“ für die Arbeitsbedingungen und den Umweltschutz. Und das ist nicht der einzige Fall unsauberen Umgangs mit dem Label „Fairer Handel“, der den Verbraucher täuscht. Hinzu kommt ein gewisser Wirrwar der Siegel und Definitionen für Fairen Handel. Auf vielen Lebensmitteln wird mit Siegeln wie Fairtrade, UTZ und Gepa Plus geworben, denn das Versprechen fair gehandelter Ware spricht immer mehr Käufer an. Fair produziert ist oft nur ein kleiner Teil der Zutaten. Und dazu kommt: Der Begriff "fair" ist rechtlich nicht geschützt und jedes der 27 in Deutschland vergebenen Siegel interpretiert ihn anders.
Und schließlich: Über die Produktionsweise der anderen Produkte wissen wir gar nichts. Insofern sind Produkte des Fairen Handels zu bevorzugen und die Entwicklung zu unterstützen. Der Erfolg des Fairen Handels in den letzten Jahren ist beachtlich. Mehr als eine Milliarde Euro gaben deutsche Verbraucher im vergangenen Jahr für fair gehandelte Produkte aus. Das gab das Forum Fairer Handel in der vergangenen Woche auf seiner Jahrespressekonferenz bekannt. Mit einem Jahreswachstum von 31 Prozent erreicht der Faire Handel in Deutschland damit den drittgrößten Zuwachs innerhalb von zehn Jahren. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland allerdings deutlich hinter Skandinavien, Großbritannien oder der Schweiz und auch verbindliche Regulierungen zur menschenrechtlichen Haftung im globalen Geschäftsverkehr fehlen. Doch die Relation zum Gesamtmarkt wird oft nicht benannt, sondern der Fokus liegt fast immer auf den Produktgruppen innerhalb des Fairen Handels. Pro Kopf und Jahr betragen die Gesamtausgaben nämlich nur 13 Euro - dafür bekommt man derzeit gut zwei Pfund Kaffee, das nach wie vor wichtigste Produkt des Segments. Nur 3 % des Kaffeekaufs kommen auf den Fairen Handel. Da ist noch viel zu tun. Damit fair wirklich fair ist.
"Faire Woche - Portal"
"Eher fair als bio?"
"Fairer Handel - Lexikonartikel"
"Das Geschäft mit dem Faire Trade- und Fair-Label"
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