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08.04.2020 10:13
Geschäfte ohne oder mit Gewissen?  

Einer der größten Textilstandorte der Welt liegt im indischen Bundesstaat Tamil Nadu. Rund 2,2 Millionen Menschen arbeiten dort. Darunter 300.000 Mädchen und junge Frauen, die vor allem in Baumwollspinnereien wie Sklavinnen schuften, heißt es im neunen terre des hommes-Magazin.

"Kann ein Lieferkettengesetz helfen, die Situation der Arbeiterinnen zu verbessern? Dazu diskutierte terre des hommes mit Bundestagsabgeordneten, Vertretern der Wirtschaft und der Initiative für ein Lieferkettengesetz bei einem parlamentarischen Abend in Berlin.

Exzessive Überstunden, erbärmlicher Lohn, unzumutbare Unterkünfte, Schikanen und sexuelle Belästigung durch die Vorgesetzten – all das gehört zum Alltag der Textilarbeiterinnen in Indien. 40.000 Mädchen hat terre des hommes bisher aus dieser Sklaverei befreit. Sie gehen wieder zur Schule oder machen eine Ausbildung. Außerdem hat terre des hommes mit der
indischen Partnerorganisation Care-T einen Verhaltenskodex entwickelt für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen der Mädchen.

In Deutschland sollen Unternehmen mit dem Lieferkettengesetz dazu verpflichtet werden, Schäden an Mensch und Umwelt zu vermeiden. Beim parlamentarischen Abend betonte Cornelia Heydenreich von der Initiative Lieferkettengesetz: »Ein Lieferkettengesetz hätte vorbeugende Wirkung, denn Unternehmen müssen im Vorfeld menschenrechtliche Risiken analysieren und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung zu vermeiden. Bei Verstößen muss ein Unternehmen zur Verantwortung gezogen werden können.«

Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge von Bündnis 90/Die Grünen ergänzte, dass immer mehr Unternehmen in einem Lieferkettengesetz auch eine Chance sehen: »Dann sind alle in der Pflicht, nicht nur die, die sich bereits jetzt engagieren.« Auch Dr. Johannes Merck von der Otto Group sieht in einer gesetzlich für alle verbindlichen Regelung eine vernünftige Option.

terre des hommes-Botschafterin Margot Käßmann, die erst vor einigen Monaten das Projekt von terre des hommes in Tamil Nadu besucht hatte, machte deutlich, wie wichtig es sei, die indischen Frauen zu stärken und sie dabei zu unterstützen, ihre Rechte gegenüber den Fabrikbesitzern durchzusetzen.

Einig waren sich alle Beteiligten darüber, dass ein Boykott, solche Textilien zu kaufen, keine Lösung für die Arbeiterinnen wäre. P. E. Reji, terre des hommes-Mitarbeiter in Indien, fasste zusammen:
»Wir brauchen endlich faire Arbeitsbedingungen.«

Die Initiative Lieferkette
… ist ein Zusammenschluss zahlreicher Organisationen, die dafür eintreten, dass Unternehmen Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden. Freiwillig kommen Unternehmen ihrer Verantwortung nicht ausreichend nach. Deshalb sollen Unternehmen, die Schäden an Mensch und Umwelt in ihren Lieferketten verursachen oder in Kauf nehmen, dafür haften. Skrupellose Geschäftspraktiken dürfen sich nicht länger lohnen. Geschädigte müssen auch vor deutschen Gerichten ihre Rechte einklagen können. terre des hommes unterstützt diese Initiative".

Aus: tdh-Magazin 1-2020, S. 18f
"zum Magazin von terre des hommes

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