Das Herz geht in die Knie, wenn die Arbeit überhand nimmt. Das ist die gesicherte Erkenntnis der Whitehall-II-Studie im European Heart Journal (2010; doi: 10.1093/eurheartj/ehq124). Die Whitehall-II-Studie gehört zu den wichtigsten arbeitsmedizinischen Langzeituntersuchungen. Die erste Studie, die 1967 begonnen wurde, hatte gezeigt, dass Beamte der unteren Besoldungsgruppen ein erhöhtes kardiovaskuläres Sterberisiko haben. Die zweite Phase sucht seit 1985 nach den Ursachen dafür.
Dafür wurden mehr als zehntausend staatliche Angestellte im Londoner Regierungsbezirk Whitehall zu ihrem Lebensstil befragt und mit ihrer Erlaubnis Einblick in ihre Krankenakten genommen. Marianna Virtanen von der Forschergruppe des University College London hat den Einfluss der Überstunden an 6.014 Teilnehmern untersucht, die durchschnittlich über 11,2 Jahre nachbeobachtet wurden. Dabei fiel auf: Beamte mit durchschnittlich drei oder vier Überstunden in den Woche zu 60 Prozent häufiger an Herzinfarkten oder Angina pectoris erkrankten, während ein bis zwei Stunden keine Auswirkungen hatten.
Der Grund liegt vermulich darin, dass Überstunden typisch sind für eine Typ-A-Persönlichkeit, deren Vertreter als ehrgeizig, gehetzt, ungeduldig, aggressiv und reizbar beschrieben werden. Im Gegensatz dazu die gelassenen und entspannten Typ-B-Persönlichkeiten, deren Herzen möglicherweise den Stress am Arbeitsplatz besser gewachsen sind, aber auch nicht zu ausufernden Überstunden neigen.
Natürlich sind Typ-A-Persönlichkeiten gern gesehene Mitarbeiter, weil sie viel schaffen, ambitioniert sind und mit einer Aufgabe nicht aufhören, ehe sie nicht erledigt ist. Den Preis dafür zahlen jedoch nicht nur die Mitarbeiter mit Herzbeschwerden, sondern auch die Unternehmen mit krankheitsbedingten Ausfällen und anderen Krankheitsfolgekosten. Eine faire Führung setzt daher klare enge Grenzen für Überstunden, nutzt Typ-A-Persönlichkeiten nicht schamlos aus und sorgt für Ausgleich und Urlaub.
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