Blog-Artikel

25.06.2010 14:29
KiK und die Billigkleidung sind krass unfair  

Ein T-Shirt für einen Euro. Das ist krass unfair. Und wird nicht besser durch begleitende PR-Maßnahmen. Fair-Washing betreiben KiK und Co. im Billigsegment des Textilhandels. Zu Recht schreibt Klaus Staeck in der Frankfurter Rundschau von heute:

>> Qualität "kommt von quälen", wirbt Verona Pooth in ihrem schlichten Feldbusch-Deutsch für KiK. Wenn sie wüsste, wie recht sie damit hat. Eigentlich kann sie doch nicht so naiv sein, wie sie sich im Werbespot gibt. Selbst Verona sollte klar sein, dass ihr Auftraggeber mehr Qualen als Qualität produziert. Dieses Leiden bekommen keineswegs minderwertige Billigprodukte bei der Qualitätsprüfung zu spüren, wie der Spot suggeriert, sondern seine Mitarbeiter in Deutschland und die Näherinnen in der Dritten Welt. Doch was schert es die mit üppigen Gagen verwöhnte Werbeikone, dass die Verkäuferinnen bei KiK mit 5,20 Euro pro Stunde abgespeist werden und sich die Arbeiterinnen in Bangladesch jeden Tag nur "Reis und vielleicht alle zwei Monate ein Hühnchen" leisten können. Hauptsache, die eigene Kasse stimmt.

Plagen Verona und KiK die investigativen Medien wieder einmal, werden sie mit irreführenden PR-Kampagnen beruhigt. Ohne mit den Wimpern zu zucken, setzt sich Pooth für "SOS Kinderdörfer" oder "Ein Herz für Kinder" ein und nimmt in Kauf, dass Kinder und Frauen in Bangladesch für einen Hungerlohn im Auftrag von KiK T-Shirts zusammennähen. Da kann der Textilverramscher noch so oft beteuern, dass seine Lieferanten in Südostasien einen Verhaltenskodex unterzeichnet haben, der Mindestlöhne garantieren und Kinderarbeit verbieten soll. Obwohl dieser "Code of Conduct" wegen seltener Kontrollen nicht eingehalten wird, die Ausgebeuteten von ihren Chefs geschlagen werden und bis zu 16 Stunden pro Tag schuften müssen, wirbt KiK weiter mit seinem sozialen Engagement. In der Vermarktung ihrer bescheidenen Wohltaten sind sie ganz groß, in Sachen sozialer Verantwortung ganz klein.

Für das Image von KiK macht es sich gut, tausend Kindern in Bangladesch einen Schulbesuch und etwa ebenso vielen Fabrikarbeiterinnen einen minimalen medizinischen Gesundheitscheck zu ermöglichen. Doch für die Betroffenen ändert sich im Alltag wenig. Statt sündhaft teure PR-Maßnahmen zu starten und sich in Prospekten mit dem "Gold Standard Award" für vorbildliche Öffentlichkeitsarbeit in Asien auf die Schulter zu klopfen, sollte der Textildiscounter lieber für gerechte Löhne und gesunde Arbeitsbedingungen sorgen. Es wie die Lifestyle-Experten von Apple darauf ankommen zu lassen, dass zehn Mitarbeiter eines chinesischen Zulieferbetriebs wegen der Niedriglöhne den Freitod wählen, zahlt sich fürs Image auf Dauer nicht aus. Ebenso wenig wie die Garantien von Billigheimer Lidl, der mit fairen Arbeitsbedingungen seiner Zulieferer aus Bangladesch geprotzt hat und nach genauer Prüfung der Hamburger Verbraucherzentrale seine Werbung zurückziehen musste.

Aus eigener Einsicht oder schlechtem Gewissen werden KiK und Co. ihre Billig-Strategie nicht ändern. Die Verantwortlichen sind gefordert, die Discounter auf Sozialstandards in ihrer Lieferkette zu verpflichten. Auch der Kunde trägt eine Mitverantwortung. Er muss wissen, was hinter der Charity-Fassade so mancher Promis steckt und wieso ein T-Shirt beim Discounter statt zehn nur einen Euro kostet. Was der Kunde hier billig einkauft, kommt seine Mitmenschen in Deutschland und der Dritten Welt sehr oft teuer zu stehen. Wer also nicht so gedankenlos wie Verona handeln möchte, der kaufe besser dort, wo die Produkte nicht nur billig, sondern ihren Preis für alle Beteiligten wert sind. <<

Klaus Staeck ist Verleger und Grafiker: http://www.klaus-staeck.de/index.php
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/?em_cnt=2784208&

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