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06.12.2010 15:02
Religion begünstigt Bestrafung unfairer Akteure  

Ohne Fairness, Kooperation und Wahrhaftigkeit kann das menschliche Zusammenleben nicht funktionieren. Entscheidend ist jedoch vor allem, dass möglichst viele Menschen bereit sind, unfaires Verhalten zu bestrafen. Und zwar ohne Rücksicht auf eigenen Nachteile. Werden etwa unfaire Geschäftspraktiken angesprochen, kann es mit dem entsprechenden Geschäftspartner kein Geschäft geben. Machen Schüler einen Lehrer auf unfaires Verhalten im Klassenzimmer aufmerksam, kann sich das nachteilig in der Note niederschlagen. Wird ein Vorgesetzter auf unfaire Entscheidungen hingewiesen kann es sein, dass er den Mitarbeiter dafür mit Aufgaben überhäuft. Und ein Mitarbeiter, auf unfaires Vorgehen angesprochen, mindert seine Leistung, ohne dass dies nachgewiesen werden kann.

Der in diesem Jahr mit dem Deutschen Fairness Preis ausgezeichnete Fairness-Forscher Prof. Dr. Ernst Fehr von der Universität Zürich hat durch empirische Experimente herausgefunden, dass religiöser Glaube dabei hilft, eigene egoistische Impulse abzuwehren. Dadurch wird der Weg frei für eigenes faires Verhalten und für altruistische Strafen: Menschen mit Kritik an unfairem Verhalten konfrontieren, auch wenn dadurch Nachteile für den Kritiker entstehen sollten. Denn faktisch ist es so: Religiöse Menschen bestrafen häufiger unfaires Verhalten, auch wenn sie selbst dafür Nachteile erleiden.

Der Glaube an mächtige, moralisierende Gottheiten hilft dabei. Wer glaubt, dass eine allwissende, übernatürliche Macht von ihm erwartet, faire Verhaltensnormen einzuhalten und durchzusetzen, wird dies auch eher tun. Neueste Erkenntnisse weisen darauf hin, dass religiöse Personen die Regeln der Fairness eher aufrechterhalten und sich eher an prosozialem Verhalten beteiligen. Gleichzeitig ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie zur Erlangung eines Vorteils betrügen.

Dass ein religiöser Hintergrund förderlich dafür ist, Regeln der Fairness durchzusetzen, hatte bis jetzt noch niemand bewiesen. Aus diesem Grund untersuchte das Forschungsteam um den Ernst Fehr, Charles Efferson (beide Universität Zürich), Ryan McKay (Royal Holloway der Universität London) und Harvey Whitehouse (Universität Oxford) die Auswirkung von Religion auf die Bestrafung unfairen Verhaltens, bei der eigene Nachteile in Kauf genommen werden.

Dieses Ergebnis der empirischen Experimente lässt auf einen Mechanismus schliessen, der Normen der Fairness in großen, anonymen Gruppen festigt. Religiöse Menschen bestrafen, weil sie denken, dass die übernatürliche Macht dies von ihnen erwartet und sie diese nicht enttäuschen wollen. Wenn der Glaube an eine übernatürliche Macht das kooperative Verhalten innerhalb einer Gruppe stärkt, dann sichern Religionen einer immer grösser werdenden Anzahl von Anhängern das Überleben und Gedeihen. Auf diese Weise tragen diese Religionen auch zu ihrem eigenen Überleben bei. Und entwickeln sich selbst zu prosozialen Religionen weiter.

Welche Folgen jedoch ein Gottesbild hat, in dem eine strafende Gottheit kein Rolle (mehr) spielt, hat die Forschercrew um Ernst Fehr nicht untersucht. Ebenso wenig, wenn Menschen glauben, dass die Gottheit in ihrem Verständnis keine Bestrafung von Missetätern erwartet, sondern ‚über Gute und Böse die Sonne scheinen lässt‘.

Literatur:
Ryan McKay, Charles Efferson, Harvey Whitehouse and Ernst Fehr: Wrath of God: religious primes and punishment, in Proceedings of the Royal Society B, doi: 10.1098/rspb.2010.2125
http://www.fairness-stiftung.de/Preisverleihung2010.htm

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