Fair ist gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Von Anfang an. Das ist die Forderung sozialkritischer Menschen. Aber nicht nur. Das ist auch eine der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation, kurz ILO genannt. Da heißt es im Abkommen 100 vom 23. Mai 1953 in Art. 1b: „Der Ausdruck „Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit" bezieht sich auf Entgeltsätze, die ohne Rücksicht auf den Unterschied des Geschlechts festgesetzt sind“. So formuliert vor über 55 Jahren. Auch diesem Abkommen ist die Bundesrepublik Deutschland mit seiner Wiederaufnahme in die ILO 1951 beigetreten. Und nach mehr als 55 Jahren gibt es hinsichtlich Männern und Frauen immer noch nicht flächendeckend gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Die Entlohnung von Männern und Frauen liegt im Schnitt zwischen 10 und 30 % zu Lasten der Frauen.
Doch seit 15 Jahren wurde selbst diese Situation durch die Leih- und Zeitarbeit übertroffen. Häufig verdienen Leih- und Zeitarbeiter nur halb so viel oder etwas mehr als halb so viel wie die Mitarbeiter der Stammbelegschaft. 15 % weniger Geld als die Stammmitarbeiter bei gleicher Arbeit ist die Regel. Und das, obwohl die Zeitarbeiter, wie der Begriff schon sagt, ein deutlich höheres Risiko tragen. Weniger als die Hälfte von ihnen arbeitet länger als 6 Monate, viele nur 3 Monate am selben Arbeitsplatz. Lange Anfahrten sind die Regel. Mobilität und Flexibilität sind extrem ausgeprägte Anforderungen.
Das Geschäft mit der Leiharbeit ist für die Zeitarbeitsfirmen lukrativ. Denn sie verdienen ordentlich, zumal, wenn größere Kontingente von Leiharbeitern vermittelt werden. Die Firmen wiederum können mit der Zeitarbeit die Löhne der Stammbelegschaft drücken oder mit deren angedrohter Ausweitung Zugeständnisse der Stammmitarbeiter erpressen.
Die Wirtschaftsredakteurin der Frankfurter Rundschau, Eva Roth, schreibt richtigerweise: „Die Arbeitgeberverbände warnen eindringlich vor einer Equal-Pay-Regelung. Dadurch würden Leiharbeiter teurer als Festangestellte, weil die Zeitarbeitsfirma ja auch was verdienen will, lautet ein Argument. Das stimmt. Doch zurzeit liegt die doppelte Last bei den Beschäftigten: Sie erhalten weniger Geld und haben einen unsicheren Job. Die Unternehmen haben dagegen den doppelten Vorteil: billige Arbeitskräfte und Flexibilität. Das ist kein faires Geschäft.“
Wirklich kein faires Geschäft! SEPP58 kommentiert dazu aus eigener Erfahrung: „Bei Tarifverhandlungen werden Leiharbeiter als Druckmittel eingesetzt! (…) Unter jedem Leiharbeitstarifvertrag, der Equal pay verhindert, stehen die Namen der Gewerkschaften VERDI, IGM usw.. Sie, die Gewerkschaften, haben aus Rücksicht auf die SPD die Leiharbeitnehmer den Seelenverkäufern zum Fraß vorgeworfen“.
Ein fairer Vertrag sieht anders aus. Der verteilt Vor- und Nachteile ausgewogen auf die Vertragspartner, um gemeinsam Vorteile für beide gleichermaßen zu sichern. Den Unternehmen die Flexibilität und Mobilität der Leiharbeiter, den Stammmitarbeitern die Unterstützung durch Zeitarbeiter in Spitzenzeiten der Auftragslage, den Leiharbeitern die Beschäftigung zu menschenwürdigem und gleichem Lohn jenseits der Arbeitslosigkeit und der Sozialbedürftigkeit, den Zeitarbeitsfirmen Verdienste aus Vermittlungs- und Betreuungsarbeit. Wer hier einen der Partner übervorteilt, sägt nicht nur an der Sozialpartnerschaft, sondern auch am inneren Frieden. Zur sozialen Gerechtigkeit gehört gleicher Lohn für gleiche Arbeit – gleich.
http://www.ilo.org/ilolex/german/docs/gc100.htm
http://www.fr-online.de/politik/meinung/kein-faires-geschaeft/-/1472602/7165140/-/index.html
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