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09.05.2016 14:56
Wie fair sind faire Produkte?  

Fair gehandelte Produkte bevorzugen – geht das, lohnt sich das? Stiftung Warentest hat in diesem Monat die stärksten Siegel für Nachhaltigkeit untersucht. Und kam zu dem Schluss: Den höchsten Standard repräsentieren die Siegel „Naturland fair“, „Fairtrade“ und „Hand in Hand“ von Rapunzel.

Sind denn die Verbraucher bereit, für fair gehandelte Ware mehr auszugeben? Stiftung Warentest stellt fest: „Ja. 2014 lag der Umsatz von Waren, die ein Fairness-Siegel tragen, erstmals über 1 Milliarde Euro – eine Verdopplung in nur drei Jahren. Gut drei Viertel davon sind Lebensmittel, so die Zahlen des Forums Fairer Handel. 78 Prozent entfallen auf Produkte mit dem Logo von Fairtrade, dem bekanntesten Siegel.

Auch andere Siegel versprechen, bei der Herstellung bestimmte soziale, ökologische und ökonomische Kriterien einzuhalten: Gepa fair+, Naturland Fair, Rainforest Alliance Certified, Utz Certified – und Hand in Hand“. Neben Fairtrade wurden fünf Siegel genauer durchleuchtet. Warentest: „Kann der Kauf von Produkten mit den Logos die Situation der Bauern verbessern? Ja, am meisten bei Naturland Fair, gefolgt von Fairtrade und Hand in Hand, am wenigsten bei Rainforest Alliance. Der Organisation geht es vor allem darum, nachhaltige Anbaupraktiken zu fördern. Mindestpreise für die Rohware garantiert sie nicht.

Einige Siegel legen den Schwer­punkt auf Soziales, andere auf Umwelt­schutz. Sie sind also nicht einfach Stempel auf dem Papier. Hinter ihnen stehen Labelorganisationen, die Anforderungen stellen – auch an die Bauern, die die Rohware erzeugen. Die Organisationen legen den Standard fest, nach dem Produzenten zertifiziert werden. Bauern können Schulungen in Anspruch nehmen, um die Anforderungen umsetzen zu können. Unabhängige Kontrolleure prüfen schließlich, ob sie die geforderten Kriterien einhalten. Alle Organisationen im Test haben eigene Standards – außer Gepa. Hinter „Gepa fair+“ stehen Standards anderer Organisationen wie Fairtrade“.

Die Tester von Stiftung Warentest machten „einen Praxis-Check“ und schreiben: „Für jede Organisation wählten wir bis zu vier mit ihrem Logo versehene Produkte aus: Kaffee, Tee, Kakao und Südfrüchte. Die Organisationen sollten belegen, dass sie diese zurück­verfolgen können und ihre Kriterien in der Produktion einge­halten werden. Farmen selbst besuchten wir nicht, unsere Prüfer ließen sich aber Kontrollberichte, Zertifikate und Verträge zeigen. Meist klappte die Rückverfolgbarkeit ohne Probleme – insbesondere bei Fairtrade und Rapunzel. Bei Rainforest Alliance und Utz kam es vor, dass die Herkunft der Rohware nicht eindeutig belegt werden konnte. Von klein bis groß. Das Hand-in-Hand-Logo von Rapunzel ziert nur etwa 100 Lebens­mittel, das Utz-Siegel 20 000.

Mit dem Erfolg kam die Kritik: Fairer Handel bewirke weniger als behauptet, befand 2014 eine Studie der University of London. In Äthiopien und Uganda würden Lohnarbeiter in fairen Kooperativen weniger verdienen als in konventionellen Betrieben. Fairtrade nahm die Kritik ernst, bemängelte aber die Methodik der Studie. Was sagt unser Test zum Thema Bezahlung? Auf dem Papier sichern alle Organisationen den Festangestellten in der Landwirtschaft Mindest- oder Tariflohn zu – oder sogar mehr. Unser Blick in Prüfberichte bestätigte das, vor allem bei Fairtrade und Rapunzel, da diese auch gezahlte Löhne aufführen. Fairtrade und Rapunzel sichern zudem Bauern in Kooperativen Mindestpreise für die Ernte zu, Naturland auch. (…)

Ob die Bauern tatsächlich von höheren Preisen und Schu­lungen profitieren, zeigen Wirkungs­analysen. Dazu messen die Organisationen ihren Effekt vor Ort. Vielfältige Analysen machen Fairtrade und Utz. Im „Impact Report 2016“ berichtet Utz etwa, dass viele Kakaobauern in der Elfen­beinküste bei Kontrollen negativ auffielen. Sie müssten mehr Schutz­kleidung tragen.

Die Labelorganisationen arbeiten längst zusammen und machen gemeinsame Kontrollbesuche. Das spart Zeit und Geld. Die Zertifizierer und Prüfer von Fairtrade und Rainforest Alliance dürfen seit neuestem für Utz Plantagen zertifizieren. Auch Bauern profitieren von mehreren Labeln, zeigt eine Studie des Centrums für Evaluation im Auftrag von Fairtrade. Sie haben so mehr Abnehmer und ein höheres Einkommen“.

Aber es gibt auch Kritik. Beispielsweise schrieb Cacao_Guro schon kurz nach dem Erscheinen des Heftes am 01.05.2016 dazu auf die Website von Stiftung Warentest: „Hallo, dass die Bauern ihre besten Produkte nicht fair trade handeln, stimmt zumindest im Kaffee- und Kakao-Bereich. In diesem bin ich in Südamerika seit vielen Jahren tätig. Preise für hochwertige Produkte liegen nämlich weit über jedem fair trade Preis; so wird Edelkakao oft zu Preisen die dem 10fachem fair trade Aufschlag entsprechen gehandelt. Zwar existieren bei fair trade zertifizierten Kakao Preisuntergrenzen, diese sind aber so niedrig angesetzt, dass sie seit vielen Jahren nicht erreicht wurden und in Zukunft auch nicht erreicht werden, so dass sie völlig sinnlos sind. Was den Test angeht finde ich die positive Bewertung von fair trade allgemein völlig unnachvollziehbar, da die Realität vor Ort anders aussieht. Es gibt Projekte, deren Zertifizierungskosten höher sind als der bezahlte Aufschlag, so dass die Bauern am Schluss sogar noch drauf zahlen. Zudem besitzt fair trade meiner Meinung nach in kleinster Weise ein System, ihr Standards zu überprüfen“.

Und Ka.Seb schrieb am 29.04.2016 ebenda: „bisher hatte ich auch eine positive Meinung zu Fairtrade. Nach dem Bericht im Südwest-Fernsehen http://www.swr.de/marktcheck/-/id=13831164/pqdwp3/index.html
habe ich meine Meinung geändert. Teilweise laufen unter Fairtrade Produkte, die wenige als 20 % Fairtrade beinhalten. Und das liest man erst im Kleingedruckten. Dann macht es keinen Sinn mehr, diese Produkte vorrangig zu kaufen. Und test fällt darauf herein“.

"Stiftung Warentest über Nachhaltigkeitssiegel"

"Wie die Nachhaltigkeitssiegel vergeben und geprüft werden"

"Sind Faire Trade-Produkte wirklich fair? Der SWR-Marktcheck prüft nach"

"Der Fairness-Check zu 60 großen Anbietern und Handelsketten"

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