Warum akzeptieren wir Ungleichheit und soziale Ungerechtigkeit auf so vielen Ebenen?
Warum akzeptieren wir Ungleichheit? Und unter welchen Bedingungen akzeptieren wir Ungleichheit? Mit diesen Fragen startet der neue, sehenswerte Kinofilm „Fairness. Zum Verständnis von Gerechtigkeit“ in die Facettenvielfalt von Gerechtigkeit und Fairness. Ist Fairness angeboren oder erlernt? Kann faires Verhalten gefördert werden? Welche Reaktionen lösen Benachteiligung bzw. Ungleichbehandlung aus?
Es wird schnell deutlich, dass – je nach Blickwinkel – die Begriffe Fairness und Gerechtigkeit unterschiedlich genutzt werden und nicht immer die Sachverhalte sauber voneinander trennen. Das macht den Film aber so dicht und so lebendig, denn es geht darin nicht so sehr um begriffliche Genauigkeit als vielmehr darum, eine Vielzahl von praktischen Anwendungsbereichen (z. B. in Erziehung, Bildung, Politik, Wirtschaft, Recht) zu beleuchten und auch kulturelle sowie historische Hintergründe zu berücksichtigen. So spielen unter anderem auch folgende Aspekte eine wichtige Rolle: Wie erleben wir Wettkampfsituationen und wie finden wir zu unseren Entscheidungen? Ist ein Protagonist hilfreich oder gemein und welche Rolle spielen Belohnung und Bestrafung? Was macht ein starkes Leistungsprinzip und starkes Konkurrenzdenken mit uns und wann stellen wir die Kooperation ein?
Das sind zentrale Fragen, die die Dokumentation FAIRNESS zu beantworten versucht. Anfänglich mit einigen überraschenden, sozialen Experimenten, die andeuten, dass unsere Bereitschaft ungleiche Systeme zu unterstützen, weit größer ist als wir oft zugeben mögen. Die Filmemacher besuchen verschiedene Länder um zu sehen, wie ganze Wirtschaften verändert wurden, damit sie mit mehr Gerechtigkeit funktionieren.
Der Film untersucht unser Verständnis von Gerechtigkeit und was es braucht, um ein unfaires System zu ändern. Dabei werden sowohl Ungleichheiten in den Gebieten Wirtschaft, Politik und Soziales aufgegriffen, um einen Denkanstoß und einen aktuellen Blick darüber zu geben, was Gleichheit tatsächlich für uns bedeutet.
Die Fairness-Stiftung sieht Gerechtigkeit (Justice) als Oberbegriff, der einen weiten, theoretischen, ethischen Horizont spannt. Fairness ist eine Ableitung, eine Gerechtigkeits-Derivat, das stärker die praktische Alltagsanwendung in den Blick nimmt und für Menschen leichter intuitiv verständlich und praxisnäher zu handhaben ist.
Gleichwohl: Der Film fördert das Fairness-Bewusstsein und –Verständnis, trägt globale und regionale Fairness-Erkenntnisse zusammen und regt dazu an, sich vertiefter mit Fairness zu befassen. Die Relevanz der Fairness für das örtlich und globale Zusammenleben – auch mit Tier und Umwelt – kann nicht hoch genug für die Zukunft der Menschheit und des Planeten eingeschätzt werden.
Ein Fazit des Filmes ist, dass Fairness eine Entwicklungsaufgabe der Menschheit sei und deswegen der Kampf um Fairness nie zu Ende gehe. In einem Experiment verzichtet ein Kind mehrfach auf einen persönlichen Vorteil, was in der Auswertung für einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn spricht. Berührend endet der Film mit einem Blick auf die nächste Generation: Kinder klagen weltweit vor Gericht Fairness ein, damit auch sie noch Ressourcen zum Leben haben werden. Der Film lehrt, dass es sich lohnt, an diesem Thema dran zu bleiben. Der Originaltitel des Films ist: The Price of Fairness. Produktionsland/-jahr: UK 2017. Regie: Alex Gabbay. Sprache: Englisch mit deutschen Untertiteln. Seit 29. Juni 2017 in deutschen Programmkinos.
Sehr empfehlens- und sehenswert!
"Der Film Fairness am Start"
"Trailer des Doku-Films Fairness auf Youtube"
Jutta Schmidt und Norbert Copray
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