Die Pandemie erweitert die Kluft zwischen Arm und Reich spürbar, so eine Studie der NGO Oxfam. Milliardäre stehen vielfach besser da als vorher. Thomas Magenheim-Hörmann fasste den Bericht von Oxfam für die Frankfurter Rundschau (25.1.21) wie folgt zusammen:
>>Die Corona-Pandemie verschärft die soziale Ungleichheit weltweit. Das ist das Ergebnis eines Berichts der Nothilfeorganisation Oxfam zur aktuellen Verteilung des Reichtums, den diese jedes Jahr um diese Zeit veröffentlicht. Die neue Version trägt den vielsagenden Titel „The Inequality Virus“, was übersetzt so viel heißt wie „das Ungleichheitsvirus“. Der Report gipfelt in der Aussage, dass die Superreichen dieser Erde ihre monetären Corona-Verluste an den Börsen mittlerweile mindestens wieder aufgeholt oder sogar weit überkompensiert haben. Ganz anders sehe es dagegen bei den Ärmeren aus. Es könne ein Jahrzehnt oder länger dauern, bis sie die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie überwunden hätten – falls sie dann noch lebten. Denn das Virus tötet vor allem Einkommensschwache.
So ist die Todesrate von Coronakranken laut Studie in einkommensschwachen Gegenden Großbritanniens doppelt so hoch wie in wohlhabenden. Wirtschaftlich drohe derzeit eine Verschärfung des Ungleichgewichts in fast allen Ländern der Erde gleichzeitig, was es seit über einem Jahrhundert nicht gegeben habe, heißt es in der Untersuchung.
Für den Bericht hat Oxfam knapp 300 Ökonominnen und Ökonomen aus 79 Ländern befragen lassen und die in Teilen auf Schätzungen beruhende Milliardärsliste des US-Magazins „Forbes“ sowie eine Hochrechnung der Weltbank ausgewertet.
87 Prozent der befragten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erwarten demnach in ihren Ländern eine Zunahme der Einkommensungleichheit. Das vorausgesetzt, sage die Weltbank voraus, dass weltweit 2030 mehr Menschen in Armut leben werden als vor Ausbruch der Pandemie.
Für die Reichsten sei die Coronakrise zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht schon vorbei, heißt es im Oxfam-Report. Er bezieht sich dabei auf die zehn reichsten Menschen der Welt, unter ihnen Amazon-Boss Jeff Bezos, Tesla-Gründer Elon Musk oder Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Diese rein männliche Zehnerriege habe ihr addiertes Vermögen von der Zeit vor der Pandemie bis Ende 2020 um gut 400 auf 920 Milliarden Euro gesteigert. Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass eine solche Rechnung vor allem die Entwicklung von Börsenkursen widerspiegelt. So hat der Onlinehändler Amazon wegen des Lockdowns in aller Welt zuletzt Geschäfte gemacht wie nie. In dieser Dimension haben nicht viele Konzerne von der Krise profitiert.
In Deutschland hat sich der Reichtum der Milliardäre ähnlich, wenn auch nicht so extrem entwickelt. Das liegt vor allem daran, dass die Superreichen hierzulande in eher traditionellen Branchen unterwegs sind. Die Zahl der Milliardärinnen und Milliardäre ist binnen Jahresfrist von 114 auf 116 gestiegen, das Gesamtvermögen von knapp 400 auf knapp 500 Milliarden Euro, so Oxfam. Für das durchschnittliche Jahresgehalt eines Dax-Chefs müsste eine durchschnittliche Pflegekraft rund 156 Jahre lang schuften.
Im Kontrast dazu erlebe die Welt nun die schlimmste Jobkrise seit über 90 Jahren mit Hunderten Millionen Menschen, die Arbeit und Einkommen verloren hätten, so Oxfam. Überproportional betroffen seien dabei Frauen, da sie besonders häufig in extrem von der Pandemie betroffenen Bereichen wie der Gastronomie arbeiten. Zudem stellten Frauen weltweit gut zwei Drittel aller Arbeitskräfte im Gesundheits- und Sozialwesen, wo sie oft schlecht bezahlt, auch ein größeres Risiko tragen, am Virus zu erkranken.
„Die tiefe Kluft zwischen Arm und Reich erweist sich als ebenso tödlich wie das Virus“, findet Tobias Hauschild von Oxfam Deutschland. Die Organisation plädiert angesichts dessen für eine Demokratisierung der Wirtschaft und eine Pandemiesteuer für Konzerne, die besonders von der Krise profitiert haben.<<
"Die Dokumentation von Oxfam zur wachsenden Ungleichheit" Siehe linke Spalte unter Downloads!
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