Ausbeutung ist für die deutschen Lebensmittelhändler nach wie vor ein Geschäftsmodell - zu diesem Ergebnis kommt der Supermarkt-Check 2022 der Entwicklungsorganisation Oxfam. Lidl, Aldi und Rewe haben sich in ihrem Engagement für Menschenrechte zwar verbessert. Bitter aber ist der Befund für Edeka. Die Frankfurter Rundschau berichtet heute darüber:
"Edeka bleibt das Schlusslicht unter den deutschen Handelsketten - jedenfalls in Sachen Menschenrechte. Das zumindest attestiert der Supermarkt-Check 2022 der Entwicklungsorganisation Oxfam dem Lebensmittelhändler, dessen Name Edeka ursprünglich für „Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler“ stand. „Edeka nimmt die Ausbeutung in seiner Lieferkette weiter in Kauf“, lautet das Fazit der aktuellen Oxfam-Studie.
Rewe, Lidl sowie Aldi Nord und Süd hingegen haben in ihrer Menschenrechtspraxis deutliche Fortschritte gemacht, liegen damit nun sogar im internationalen Vergleich mit Unternehmen aus Großbritannien und den Niederlanden auf den vorderen Rängen. Als Oxfam 2018 den ersten Check präsentierte, zählten die deutschen Händler noch zu den Schlusslichtern.
Seither analysiert Oxfam jährlich die Menschenrechtspolitik der Lebensmittelketten, bewertet Transparenz, die Achtung der Rechte der Arbeitnehmer:innen von Lieferanten, die Handelsbeziehungen mit Kleinproduzent:innen und die Geschlechtergerechtigkeit. Basis sind die Nachhaltigkeitsberichte und die Websites der Supermärkte.
Seit dem ersten Check 2018 hat Lidl sich dabei von fünf auf 59 Prozent der möglichen Punkte gesteigert, Aldi legte von ein auf 49 Prozent zu, Rewe schaffte einen Sprung von ein auf 48 Prozent. Die zusätzlichen Punkte erzielten die Handelsketten laut Oxfam vor allem durch Fortschritte bei der Transparenz. So legt Lidl mittlerweile alle Lieferanten für Bananen, Erdbeeren und Tee offen. Aldi, Rewe und Lidl veröffentlichten zudem neue Leitlinien zur Geschlechtergerechtigkeit.
Darüber hinaus engagieren sich die drei Unternehmen in Pilotprojekten für existenzsichernde Löhne. Konkret geht es um den Bananenanbau in Ecuador. Die Supermärkte verpflichten sich dabei, Kosten, die durch höhere Löhne entstehen, selbst zu übernehmen und nicht auf ihre Lieferanten abzuwälzen.
Dennoch gibt es laut Oxfam in der Preispolitik auf breiter Front zu wenig Bewegung. „Die Supermärkte üben weiterhin Preisdruck auf ihre Lieferanten aus und tragen somit zu niedrigen Löhnen in den Lieferketten bei“, so das Urteil der NGO. Dabei hätten die Märkte in der Pandemie Rekordumsätze verbucht. „Geld für eine andere Preispolitik ist genug da, doch am grundsätzlichen Geschäftsmodell der Supermärkte hat sich nichts geändert, es steht weiterhin für Ausbeutung“, sagt Tim Zahn, Oxfam-Experte für Wirtschaft und Menschenrechte.
Am deutlichsten wird das am Beispiel von Edeka, das nur elf Prozent der möglichen Punkte erreicht und sich laut Oxfam weiter hin weigert, ernsthaft Verantwortung für die Lieferkette zu übernehmen. „Für einen ganzen Tag Arbeit erhalten Beschäftigte in Costa Rica bei einem Ananas-Zulieferer von Edeka beispielsweise nur 4,50 Euro – ein Lohn weit unter dem Existenzminimum“, sagt Zahn.
Edeka erklärte auf FR-Anfrage, der Schutz von Arbeits- und Menschenrechten in den Lieferketten habe für das Unternehmen eine „sehr hohe Priorität“. Die von Oxfam erhobenen Vorwürfe weise Edeka entschieden zurück. Vor einer detaillierten Stellungnahme wolle man die Ergebnisse des Checks zunächst aber gründlich prüfen.
Für Oxfam zeigt das Beispiel von Edeka, dass freiwilliges Engagement nicht genüge. Die Bundesregierung müsse deshalb das deutsche Sorgfaltspflichtengesetz ambitioniert umsetzen und dafür sorgen, dass ein künftiges EU-weites Lieferkettengesetz die Lücken in der deutschen Regulierung schließe, fordert die NGO".
"Der Supermarkt-Check 2022"
|