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01.06.2023 12:13
EU-Parlament stimmt für strenges EU Lieferkettengesetz - für Menschenrechte und Umwelt  

Das ist fast nicht zu glauben: Die Regeln sind strenger als ursprünglich geplant. Die Europaabgeordneten haben neue Vorgaben für Unternehmen beim Umgang mit Lieferanten beschlossen. Sie sollen nun auch für kleinere Firmen gelten. Spiegel-Online berichtet am 1.6.2023 wie folgt:

"Das EU-Parlament hat sich für ein verhältnismäßig strenges Lieferkettengesetz ausgesprochen. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte in Brüssel für Vorschriften, die Unternehmen für die Bekämpfung von Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltverschmutzung entlang ihrer weltweiten Lieferketten verantwortlich machen. Die Vorgaben sollen demnach über die im deutschen Lieferkettengesetz vorgesehenen Maßnahmen hinausgehen und etwa auch für den Finanzsektor gelten.

Die neuen Regeln übertreffen in ihrer Strenge vorherige Pläne. Denn ihnen sollen über alle Sektoren hinweg Unternehmen mit Sitz in der EU unterliegen, die mehr als 250 Angestellte und mehr als 40 Millionen Euro Jahresumsatz weltweit haben. Zunächst war das Lieferkettengesetz nur für Firmen ab 500 Beschäftigten und 150 Millionen Euro Umsatz gedacht. Auch Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU sollen sich an das neue Regelwerk halten müssen, wenn sie mehr als 150 Millionen Euro umsetzen und mindestens 40 Millionen Euro davon in der EU.

Die betroffenen Unternehmen sind künftig verpflichtet, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt zu ermitteln »und erforderlichenfalls zu verhindern, zu beenden oder abzumildern«, beschloss das Parlament. Außerdem müssen sie die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards auch bei ihren Partnerunternehmen in der Wertschöpfungskette überwachen. Dazu gehören Lieferanten, Vertriebspartner, Transportunternehmen, Lagerdienstleister oder auch die Abfallwirtschaft.

Die EU-Kommission hatte das Gesetz im vergangenen Februar vorgeschlagen. Die 27 Mitgliedstaaten einigten sich im Dezember auf eine Position, die den Vorschlag der Kommission etwas abschwächen würde. Für die abschließenden Verhandlungen zwischen Mitgliedstaaten und EU-Parlament fehlte noch die Positionierung der Abgeordneten, die nun über die Vorschläge der Kommission hinaus geht. In Deutschland gilt bereits seit Januar ein Lieferkettengesetz, das eventuell an die EU-Vorgaben angepasst werden müsste.
Scharfe Kritik aus der Wirtschaft

Das deutsche und nun entsprechend auch das europäische Gesetzesvorhaben wird von Wirtschaftsvertretern scharf kritisiert. Sie warnen vor überbordender Bürokratie und einer Schwächung europäischer Unternehmen auf dem Weltmarkt.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) kritisierte, dem Gesetzentwurf fehle es an Praxistauglichkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit. »Das Lieferkettengesetz bürdet den Unternehmen ein neues und unkalkulierbares Haftungsrisiko auf.« Von ihnen werde eine Kontrolle erwartet, die außerhalb ihrer eigenen Einflussmöglichkeiten liege, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian. Lieferketten bestünden oft aus mehreren hundert, teils mehreren tausend Firmen. In der Regel sei einem Betrieb aber nur der direkte Zulieferer bekannt. Kleine und mittlere Unternehmen würden »komplett überfordert« durch die geplanten Richtlinien.

Der Arbeitgeberverband BDA warnt gar vor einer Abwanderung von Unternehmen durch mehr Regulierung. In Krisenzeiten brauchten Unternehmen Flexibilisierung und Spielräume für Innovationen – »und weniger Bürokratie aus Brüssel«, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Vorschlag des EU-Parlaments zu den Lieferketten bringe mehr Regulierung und keinen zusätzlichen Schutz für Menschenrechte.

Tiemo Wölken, rechtspolitischer Sprecher der Europa-SPD, sieht in dem EU-Gesetz dagegen die Chance, dafür zu sorgen, dass nicht mit zweierlei Maß gemessen werde, »sondern dass wir dafür sorgen, dass Menschenrechte und Umweltschutz überall auf der Welt gleichermaßen gelten«.

Insbesondere die CDU- und CSU-Delegation im Europaparlament hatte sich bis zuletzt für weniger strenge Vorschriften eingesetzt. Etwa sollten Subunternehmer sowie der Finanzsektor ausgenommen und nur größere Unternehmen betroffen sein. Der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss forderte noch am Mittwoch in einer Debatte im Parlament, den bürokratischen Aufwand zu stoppen. Entsprechende Änderungsanträge fanden jedoch keine Mehrheiten.

366 Abgeordnete befürworteten das geplante EU-Lieferkettengesetz, 225 Abgeordnete stimmten dagegen, 38 enthielten sich".

Der Widerstand gegen diese Fassung der Lieferkettengesetzes durch Wirtschaftsverbände im Verbund mit Politikern der konservativen Parteien, allen voran CDU und CSU, war enorm. Um so eindrucksvoller der Entscheid einer starken Mehrheit des EU-Parlaments.

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