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31.07.2023 12:11
Passive und aktive Unfairness gegenüber einer Trans Frau  

Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt: Als Trans Frau nicht willkommen.

Organisationale und personale Unfairness aus Unsicherheit, Ablehnung, Unwissen und Verlogenheit. Die Trans Frau Julia Monro musste systematische Diskriminierung am Arbeitsplatz erleben. Ein Porträt von Selma Oestringer für die Frankfurter Rundschau (31.8.23):.

„An diese Worte ihres ehemaligen Arbeitgebers kann sich Julia Monro bis heute gut erinnern: „Bei uns ist jeder Mensch willkommen, egal welcher Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung.“ Es ist Juni 2019, die IT-Spezialistin will nach rund zweijähriger Auszeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Eine schwierige Zeit voller Herausforderungen liegt da hinter ihr.

Ein Blick zurück: Julia Monro wird als Junge großgezogen. Von früher Kindheit an kann sie sich jedoch nicht mit der ihr zugewiesenen männlichen Rolle identifizieren. Bis sie 35 Jahre alt ist, führt sie ein Doppelleben, in das nur wenige vertraute Personen eingeweiht sind. Nach einem erzwungenen Coming-out als trans Frau, verändert sich ihr bis dahin geführtes Leben grundlegend. Ihre Transidentität will sie daraufhin nicht mehr verstecken, auch nicht im Berufsleben.
Transition am Arbeitsplatz

Vor ihrem Wiedereinstieg informiert die heute 42-Jährige sich über den Prozess einer Transition am Arbeitsplatz. Sie legt ihrem Arbeitgeber Richtlinien anderer Unternehmen vor, mit der Bitte, diese zu beachten. Darin enthalten sind auch Antworten auf zwei Fragen, die immer wieder gestellt werden: Muss das Unternehmen den neuen Namen der Person verwenden? Und welche Toilette darf die Person nutzen?

Der Arbeitgeber sichert Julia Monro zwar zu, willkommen zu sein – doch das Softwareunternehmen kümmert sich nicht: Die Namensänderung zieht sich über Monate, die Toilettenfrage wird nie geklärt. Auch ein bereits bestehendes Zwischenzeugnis auf den neuen Namen wird Monro verwehrt. „Sie haben es anfangs gut gemeint, aber die Inklusion insgesamt unterschätzt“, sagt Monro heute.

Auch der Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen erweist sich als schwierig. In der neuen Abteilung findet sie keinen Anschluss. Sie habe Einladungen zu Meetings nicht erhalten und die Bewilligung ihres lange gestellten Urlaubsantrags sei künstlich hinausgezögert worden, erzählt sie. Sie fühlt sich nicht ernst genommen und schon gar nicht willkommen. Einen Betriebsrat oder ähnliche Unterstützungsangebote habe es im Unternehmen nicht gegeben.
Diskriminierung auf Arbeitsmarkt: Unerwartete Abmahnung

Zum Jahreswechsel fällt sie mehrere Wochen wegen einer Grippe aus. Dann erhält sie eine Abmahnung, plötzlich und unerwartet. Ihr Arbeitgeber wirft ihr vor, sich nicht rechtzeitig krankgemeldet zu haben. „Das war nicht korrekt“, erinnert sich Monro, doch zu diesem Zeitpunkt sei ihr bereits bewusst gewesen, „dass da gezielt gegen mich gearbeitet wurde“. Sie muss sich aufgrund von Depressionen krankschreiben lassen, später wird sie ausgesteuert. Ihr Arbeitgeber habe sie loswerden wollen, zu aufwendig sei der Prozess der Inklusion gewesen.

Heute ist Monro selbstständig. Sie arbeitet als Beraterin und Referentin für geschlechtliche Vielfalt und allgemeine LGBTQ-Themen. Die Wertschätzung, die ihrer Person und Expertise entgegengebracht wird, empfindet sie als „himmelweiten Unterschied“ zu früher. Überhaupt: Sie vermisse ihren alten Job nicht, erzählt Monro, denn heute könne sie selbst entscheiden, mit wem sie zusammenarbeitet“.

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