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25.09.2023 14:45
Bananen sind mitunter Einladungen zur Unfairness  

Bananen – umweltfreundlich und unter fairen Arbeitsbedingungen produziert? Was ist von den Nachhaltigkeitssiegeln zu halten?
ZDF-Reporter haben sich auf die Spur von Bananen in deutschen Supermärkten gemacht. In Ecuador und Costa Rica entdecken sie ein System der Angst. Die Siegel werden oft ohne das Einhalten der erforderlichen Standards vergeben werden. Arbeiterinnen und Arbeiter berichten von massiven Arbeitszeitverstößen und ungeschütztem Kontakt mit giftigen Pestiziden – auch bei Betrieben, die mit Nachhaltigkeitssiegeln von großen Zertifizierern ausgezeichnet sind.

Die Dokumentation "Die Spur" im ZDF deckt auf, was sich hinter den Kulissen abspielt: Niedrige Standards, lasche Kontrollen und die mutmaßliche Abhängigkeit der Zertifizierer von der Lebensmittelindustrie. Die Bananen, die wir kaufen, haben oft einen bitteren Beigeschmack. Den Preis zahlen die Menschen vor Ort.

„Wir nutzen eine Vielzahl von Pestiziden“

Zu Hause im Supermarkt gibt es viele schöne Aufkleber. Den WWF-Pandabär. Das Bio-Siegel. Das Siegel „Rainforest Alliance“. „Marken können damit ausdrücken, dass Gutes in ihren Produkten steckt“, verspricht der Werbefilm. Das ZDF-Team startet nach Lateinamerika. Ein Drittel aller Bananen weltweit kommt aus Ecuador. Bei Dole oder Chiquita will man mit dem Fernsehteam nicht sprechen. Es filmt dann eben den üppigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf die Bananen. „Wir nutzen eine Vielzahl von Pestiziden“, plaudert ein Produzent sehr freimütig. Die Arbeiter machen das ohne Atemschutz.
Bananen und Bananen-Republiken

1870 ist das Jahr, in dem die Banane ihre Weltkarriere beginnt. Da entdecken US-Unternehmer die Frucht als Verkaufsschlager. In Lateinamerika entstehen Monokulturen. Korrupte Regierungen spielen mit – und handeln sich den Titel „Bananen-Republik“ ein. Die Regierungen gehen, die Pestizide bleiben. Die Leiterin einer Schule inmitten von Plantagen berichtet von einer weißen Schicht, die sich auf der Haut ihrer Schüler absetzt, wenn die Sprühflugzeuge unterwegs sind. „Wenn sie sprühen, fühlen sich die Kinder schlecht“, sagt die Lehrerin. Die Piloten oben tragen Masken. Die Schüler unten und die Arbeiter in den Plantagen aber nicht.

Welche Chemikalien eingesetzt werden? Mancozeb etwa, in der EU verboten, aber in Ecuador erlaubt. Es beeinflusst die Schilddrüse. Wenn werdende Mütter dem Stoff ausgesetzt sind, zeigen ihre Kinder später Schwächen „bei emotionalen und kognitiven Tests“, erklärt eine Wissenschaftlerin. Kurz: Kopf und Gefühlsleben sind gestört. Krebserregend soll die Chemikalie auch sein. In Bayern empfiehlt die Verbraucherzentrale, sich der Rückstände wegen nach dem Anfassen von Bananenschalen die Hände zu waschen. In Südamerika fliegen Sprühflugzeuge über Kinder und Arbeiter.

„Da werden sogar die Steine grün angestrichen“

Beispiel REWE. Auf Bananen klebt der grüne Frosch von „Rainforest Alliance“, das Siegel schmückt angeblich 40 Prozent der Bananen in Deutschland. Die ZDF-Reporter besuchen den Herstellungsbetrieb in Ecuador. Die Versprechen: weniger Pestizide, gute Arbeitsbedingungen. Eine Arbeiterin, Maria genannt, erzählt Anderes: „Die Bedingungen sind schrecklich“, sagt sie. „Sie lassen uns von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends arbeiten – zahlen aber nur Teilzeit.“ Heißt: Deutlich weniger als die gesetzlich vorgeschriebenen 450 Dollar Mindestlohn.

Die Kontrollen fürs Siegel werden im Regelfall angemeldet. Das ZDF spielt die Audioaufnahme von einem Vorarbeiter ein: „Morgen kommt möglicherweise jemand von ,Rainforest‘“, sagt der – und gibt vor, welche Chemie eingesetzt werden darf: Glyphosat. Und vor allem, welche Pestizide samt Umverpackungen für diesen Tag verschwinden müssen. „Da werden sogar die Steine grün angestrichen“, berichtet ein Gewerkschafter vor Ort.

„Es duscht einen!“

Nächste Station: Costa Rica, ein Viertel der deutschen Bananen kommt von hier. Ein Video von Arbeitern zeigt, wie sie im Sprühnebel der Chemieflugzeuge arbeiten. Dreimal im Monat komme das vor, sagt einer. „Es fliegt über einen hinweg und duscht einen!“ Einer der Betriebe produziert für Aldi. Auch er hat ein „Rainforest Alliance“-Siegel. Aldi will untersuchen – und nimmt die Produkte des Herstellers so lange aus dem Sortiment.

104.289 Bio-Siegel aktuell in Deutschland

Wer also ist diese „Rainforest Alliance“? In den vergangenen zehn Jahren habe die Organisation die Einnahmen auf 90 Millionen Dollar verdoppelt. Millionenspenden kommen von Jacobs, Walmart und Ikea. Das große Geschäft bringen mit 60,3 Prozent aber die Lizenzgebühren – also der Verkauf des Grüner-Frosch-Siegels. Zwei Zahlen dazu: 78 Prozent der Verbraucher in Deutschland gaben schon 2019 an, dass Siegel ihre Kaufentscheidung erleichtern. Im Juni 2023 trugen in Deutschland 104.289 Produkte Bio-Siegel.

Noch gibt es Bananen in jedem Supermarkt. Aber wird das auch in Zukunft so sein?

Entwarnung gibt es nicht, im Gegenteil: "Die Situation ist wirklich dramatisch", sagt Gert Kema von der niederländischen Universität Wageningen, einer der weltweit führenden Bananenforscher. "Gegen diesen neuen Erreger der Panama-Krankheit gibt es kein Mittel. Und gegen weitere Pilze helfen nur riesige Mengen an Fungiziden. Die Banane, die wir kennen, ist extrem bedroht - und ein Nachfolger nicht in Sicht."

Geklonte Pflanzen

Cavendish heißt die Sorte, die zu mehr als 95 Prozent den globalen Bananenhandel dominiert, in Deutschland sogar zu 99 Prozent. Während wilde Bananenpflanzen erbsengroße Samen enthalten können, ist die Cavendish samenlos - die Frucht entwickelt sich ohne Bestäubung.

Die Cavendish-Banane vermehrt sich mithilfe von abgeschnittenen Trieben, die in den Boden gesteckt werden. Damit sind praktisch alle Cavendish-Bananen auf der Welt geklont: Sie sind genetisch gleich. "Bananen sind die schlimmste, verrückteste Monokultur der Welt", sagt Kema.

Über eine Million Tonnen Bananen essen die Deutschen jedes Jahr. Damit haben sie eine Spitzenposition in Europa - mit enormer Preismacht. Denn ein Drittel des gesamten EU-Bananenimports landet auf heimischen Ladentischen, in den Supermärkten und bei den Discountern. In einem gnadenlosen Preiskampf verkommt hier die gelbe Frucht zur Ramschware. Der Preis für Bananen ist seit 20 Jahren nicht gestiegen. Der Film deckt die erstaunlich große Macht deutscher Supermarktketten auf und zeigt, welch dramatische Folgen unser Billigwahn für Arbeiter und Umwelt in den Anbauregionen Lateinamerikas hat.
Trotz möglicher Alternativen greifen die Kunden vor allem zu den Billigangeboten. Entgegen allen Lippenbekenntnissen fristen Bio- und Fair-Trade-Bananen ein Nischendasein. Der über ein Jahr lang recherchierte Film zeigt in eindringlichen Bildern: Die wahre "Bananenrepublik" liegt heutzutage nicht mehr in Lateinamerika, sondern in Deutschland.
Die Banane ist das meistkonsumierte Frischobst der Welt und auch die beliebteste Südfrucht der Deutschen: Rund 18 Kilo werden hierzulande im Schnitt jährlich pro Privathaushalt verzehrt. Obwohl Bananen per Schiff aus Ländern wie Peru, der Dominikanischen Republik, Kolumbien oder Ecuador importiert werden müssen, kosten sie häufig nur halb so viel wie heimische Äpfel. Der Preisdruck wird häufig an die Produzent*innen weitergereicht, und das bei stetig steigenden Produktionskosten.
Herausforderungen

Der Klimawandel mitsamt seinen Folgen ist die größte Herausforderung der Agrarproduktion. Er beeinflusst auch den Bananenanbau massiv: Extreme Hitzewellen, Überschwemmungen oder außergewöhnliche Kälteperioden bedrohen die Ernten. Hinzu kommen Pflanzenkrankheiten wie Fusarium TR4. Diese gefährden nicht nur die Verfügbarkeit der Banane, sondern auch Lebensgrundlagen der Produzent*innen.

Kleinbauernfamilien fürchten um ihre Existenz, da sie dem Preisdruck, der von Exporteuren, Importeuren und Supermärkten ausgeht, oft nicht standhalten können. Das Überleben der Kleinbauernfamilien, die in Konkurrenz mit riesigen Bananenplantagen stehen, ist nicht gesichert.

Arbeiter*innen auf nicht Fairtrade-zertifizierten Bananenplantagen arbeiten oft unter katastrophalen Arbeitsbedingungen. Dazu gehören teilweise Arbeitszeiten von bis zu 15 Stunden und willkürliche Gehaltszahlungen, die meist weit unter dem Mindestlohn liegen. Das liegt unter anderem daran, dass unabhängige Gewerkschaften fehlen – auf vielen konventionellen Bananenplantagen sind diese verboten.

Bananen sind „Pestizid-Weltmeister": Die meisten Verbraucher*innen kaufen am liebsten makellose Bananen. Deshalb werden Pestizide oft großzügig und unkontrolliert eingesetzt – mit enormen Risiken für Mensch und Natur. Dazu gehören gesundheitliche Schäden für Arbeiter*innen bis hin zum Verlust der Biodiversität. Für Fairtrade-Bananen gibt es dagegen strenge Umweltstandards. Dadurch sind auch konventionelle Fairtrade-Bananen nachhaltiger als herkömmliche Bananen.

Warum Fairtrade den Unterschied macht

Der faire Handel unterstützt die Arbeiter*innen auf den Bananenplantagen und setzt sich gleichzeitig für die Bananen-Kleinbauernfamilien ein

Gedüngt wird beim Bio-Bananenanbau wie folgt: >Pflanzenmaterial der abgeschlagenen Pflanzen wird auf der Stelle mit der Machete zerkleinert und sichelformig um den Schößling gelegt »Kompost wir hergestellt »nie wird Dünger unkompostiert aufs Feld gebracht (BCS-Auflage) »der Dünger besteht hauptsächlich aus Kuhmist, Ziegenmist, Schafmist, geschredderten Bananenstengeln (Kalium!), Reisasche, Asche aus Sägespänen, Stroh, Bananenschalen, Kakaoblättern. Zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit wird außerdem der Anbau von Leguminosen von der BCS vorgeschrieben. Dabei handelt es sich um Gandules (Linsenart). Die Pflanzen sollen am Feldrand und in der Plantage stehen. Sie werden außerdem in eigenen Feldern angebaut, dann zerkleinert und dem Kompost zugegeben. Pflanzenschutz: Das Unkraut wird manuell geschnitten »gegen die Blattkrankheit Sigatoka wird alle 10-14 Tage mit Kryphton oder Milagros (Metallsulfate, BCS-zertifiziert) geflogen »zum Schutz gegen Insekten werden Tüten an der Staude angebracht, sobald sich die Blüte zeigt »Gegen Kronenfäule wird eine Tinktur aus Citrex, Zitronensaft (0,1%) und Alaun (10%) mit dem Pinsel aufgebracht »Rund um und in der Packstation wird zur Desinfektion und zum Fernhalten von Insekten, wie z.B. Kakerlaken, Kalk ausgestreut.

Mit Material des ZDF, das Erste, Faire Trade und Querbeet.

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