In einer Studie von Forschergruppen der Universitäten Ulm und Zürich unter der Leitung von Manfred Spitzer und Ernst Fehr wurde die Bereitschaft untersucht, eine Fairnessnorm einzuhalten. Dabei wurde beobachtet, was sich im Gehirn der Menschen abspielt, wenn sie eine soziale Norm verletzen, aber mit einer Strafe für dieses Verhalten rechnen mussten. Die Studie ergab, dass die Hirnregionen bei der Androhung einer Strafe aktiver wurden, die auch für die Unterdrückung egoistischer Impulse verantwortlich sind. Besonders aktiv waren diese Hirnregionen bei jenen Personen, die sich besonders unfair verhielten, wenn sie sich vor einer Strafe sicher fühlten, sich bei der Androhung einer Strafe aber eines Besseren besonnen.
Ernst Fehr kommentiert: „Menschen, die vor allem wegen der Strafandrohung die Fairnessnorm einhalten, müssen vermutlich ihre egoistischen Impulse stärker unterdrücken, was dann diese Region des Frontalhirns stärker aktiviert. Dieses Resultat erweitert und bestätigt frühere Befunde von uns, die zeigen, dass eher egoistische Entscheidungen gefällt werden, wenn diese Gehirnregion in ihrer Aktivität gehemmt wird.
Zum Hintergrund: Bestimmte soziale Normen wie Ehrlichkeit, Fairness und Kooperation sind unerlässlich für das Funktionieren einer menschlichen Gesellschaft. Die Einhaltung dieser Normen wird durch verschiedene Mechanismen gesichert. Zum einen sind die meisten Menschen bereit, sich nach bestimmten Regeln zu verhalten, wenn sich auch andere danach richten. Zum anderen gibt es aber auch Menschen, die sich nur an bestimmte Normen halten, da andernfalls Strafe droht. Wenn solche Menschen die allgemeingültigen Normen ungestraft verletzen könnten, könnte dies zur Folge haben, dass auch die freiwillige Bereitschaft der anderen Menschen zur Einhaltung der Normen zusammenbricht, da diese Bereitschaft darauf beruht, dass sich alle an die Normen halten. Es ist in diesem Zusammenhang von Interesse, dass sich die hier involvierten Hirnregionen erst im Erwachsenenalter vollständig entwickelt haben, was erklären könnte, warum sich gerade Jugendliche durch Strafen erstaunlich wenig abschrecken lassen.
Ergo: Strafen und abschrecken ist weniger effektiv und sinnvoll als positive Wertvermittlung und das praktische Vorleben von fairem Handeln.
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