Termine beim Bürgeramt bekommt man nur über das Internet. Wer eine Überweisung tätigen will, kann den Papierträger kaum noch irgendwo abgeben. Vieles ist heutzutage digital. Folge: Viele alte Menschen fühlen sich ausgegrenzt. Denn längst nicht alle von ihnen sind mitgekommen in die digitale Zeit.
So wirkt sich die Digitalisierung, die ältere und andere Menschen nicht berücksichtigt, auf Unfairness hinaus. Strukturelle Unfairness ist das, die sich neu etabliert.
Wie der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest schon 2021 herausfand, hatten damals von den Senior:innen ab 80 Jahren 55 Prozent Internet und 41 Prozent ein Smartphone. Der Sozialverband VdK Hessen-Thüringen forderte daher jüngst, überall analoge Wege offenzuhalten – ob bei Bankgeschäften, Arztterminen, Bahntickets oder Behördengängen. Gerade, wenn man sparen müsse, seien die Hürden oft hoch, ergänzt VdK-Sprecher Philipp Stielow: Die günstigsten Bahnfahrten gibt es online, Rabatte bei Discountern manchmal nur mit App.
Die Vorsitzende des VdK Frankfurt, Hannelore Schüssler, betont: Vielen Älteren fehle das Geld, sich einen Computerkurs zu leisten. „Es fehlen ehrenamtliche Angebote“, sagt Schüssler. Margit Grohmann vom Seniorenbeirat der Stadt berichtet: „Wir haben eine Digitalisierungsinitiative an die Fraktionen geschickt, in der digitale Schulungen für Senioren gefordert werden.“ Es gebe aber auch ein Recht auf ein analoges Leben, niemand solle gezwungen werden, online zu gehen. Auf www.frankfurter-plattform-55plus.de werden zehn digitale Schulungen in den kommenden Monaten aufgelistet. Voraussetzung ist, dass man im Internet ist. „Das ist doch sinnig“, sagt die Vorsitzende des Frankfurter Seniorenbeirats, Renate Sterzel. Der Seniorenbeirat fordert Schulungen flächendeckend. „Es müsste sie in jedem Stadtteil geben“, sagt Margit Grohmann.
Denn sehr mobil seien die älteren Menschen nicht. Der gemeinsame Appell von Sterzel, Grohmann und Schüssler: Ehrenamtliche Studierende oder Schüler:innen, die der älteren Generation einmal in der Woche eine Schulung anbieten könnten, mögen sich beim VdK Frankfurt melden.
Schulungen sind nur die eine Seite der Medaille, die andere ist das Recht auf Teilhabe. Margit Grohmann: „In unserer Resolution geht es auch um Daseinsvorsorge, um die Pflicht der Kommune. Sie müsste immer auch analoge Angebote machen.“ Sterzel berichtet, dass es in Bürgerämtern wenigstens einen Tag pro Woche gebe, in dem man ohne (digitalen) Termin kommen könne. Aber das sei die Ausnahme. Es werde immer mehr digitalisiert. Das verlangt von den Senioren die Fähigkeit dazuzulernen und beträchtliche finanzielle Mittel. Schließlich müssen das Smartphone erworben und ein Vertrag mit einem Anbieter geschlossen werden. Dann muss man die Bedienung lernen – und zum Schluss auch ins Internet gelangen.
„Das ist in Altersheimen beispielsweise nicht einfach, denn viele haben noch kein W-Lan“, klagt Renate Sterzel. Dafür gebe es inzwischen die Möglichkeit, digitale Angelegenheiten auch vor Ort in Bürgerämtern, Stadtteilbüchereien etc. zu erledigen, wenn man kein eigenes Gerät hat. Man könne dort auch Theaterkarten etc. ausdrucken. Langfristig, glaubt Sterzel, führe an der Digitalisierung auch für Senior:innen kein Weg vorbei.
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