Wird Angela Merkel zur Atomkanzlerin? Sie hat erkennen lassen, dass sie zu einer Verlängerung der Atomlaufzeiten steht. Aber niemand weiß, welchen Zeitraum sie bevorzugt. Immerhin war sie Umweltministerin, als weiter nuklearer Abfall in die Asse II in Niedersachsen eingefüllt wurde, obwohl es in ihrem Hause massive Bedenken gegen die Sicherheitsstandards und die Zuverlässigkeit der Asse gab. Heute steht die Bundesrepublik vor einem Scherbenhaufen des Atommülllagers und muss zwei Milliarden Euro aufwenden, um den radioaktiven Abfall aus dem Salz-Wasser-Gemisch wieder heraus zu holen. Die Frage eines Atommüllendlagers ist immer noch nicht geklärt, aber es wird weiter radioaktiver Abfall für Jahrhunderte und Jahrtausende produziert.
Offensichtlich geht es weniger um die Sicherheit der Bundesbürger als um’s Geld. Das jedenfalls lässt sich von der Tatsache ableiten, dass über die Laufzeitverlängerung zwischen den Atomenergiekonzernen und dem Bundesfinanzministerium verhandelt wird. Nicht einmal Bundesumweltminister Norbert Röttgen ist dabei. Im Vorfeld haben die Atomkonzerne die Bundesregierung wissen lassen, dass sie die älteren Atomkraftwerke abschalten würden, wenn ihnen mit einer Brennelementesteuer Gewinne verloren gingen, weil dann angeblich die Atommeiler nicht mehr rentabel seien. Die Kanzlerin ließ die Konzernbosse wissen, dass sie von diesem öffentlichen Säbelrassel nichts halte. Offenbar findet solches Droh- und Imponiergebaren aber wohl hinter verschlossenen Türen ab, womit die Konzerne ihr Erpressungspotenzial vorführen. Dabei gehört Deutschland derzeit zu den stromexportierenden Ländern, was den Konzernen auch gute Gewinne bringt. Insofern ist eine Stromlücke durch das Abschalten älterer Atommeiler nicht zu erkennen.
Doch entscheidender als das Gezeter um die Laufzeiten und die finanziellen Aspekte für die Bundesregierung und die Atomenergiekonzerne ist die Art und Weise, in der Politik gemacht wird. Politik soll sich an Gemeinwohlinteressen ausrichten, nicht ein Einzelinteressen. Doch wie versucht wird, am Bürgerwillen und an künftigen Regierungen vorbei politische Tatsachen zu schaffen, ist „ein Niedergang des demokratischen Parlamentarismus“. Wie es die Vorsitzende von Transparency International, Edda Müller, zu Recht ausspricht. Da beklagen die Politiker nach jeder Wahl die Politikverdrossenheit der Bürger. Um kurze Zeit darauf unter Missachtung von Transparenz, Gemeinwohl und Bürgerwillen schwer änderbare Fakten zu schaffen. Wenn sich starke Wirtschaftszweige wie die Atomkonzerne in der Energiewirtschaft oder die Hotelketten in der Hotelerie günstige Bedingungen ihres Profitstrebens von der Politik erkaufen oder mit Erpressungspotenzial heraushandeln können, dann steht das demokatrische System grundsätzlich auf dem Spiel. Und der politischen und steuerlichen Unfairness wird Tür und Tor geöffnet. Dabei geraten andere, schwächere gesellschaftliche Gruppen, ins Hintertreffen. Gesellschaftliche Unfairness wird zementiert.
http://www.fr-online.de/politik/-man-muss-massiv-dagegen-vorgehen-/-/1472596/4564460/-/index.html
http://www.transparency.de/Lobbyismus.737.0.html
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