Blog-Artikel

10.12.2010 16:01
Billigkauf zerstört Mensch und Natur  

Wir haben angeblich Schuld, wir, die Verbraucher. Sagt ein Anwalt des Unternehmers Axel H., der Schlachthöfe mit billigen Schwarzarbeitern versorgte. Der Vorwurf des Anwalts, der der Verteidigung diente, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Nicht nur Menschen hierzulande, die am Existenzminimum leben, greifen zu billigem Fleisch. Auch wohlsituierte Menschen nehmen Discountfleisch. Aus Großmärkten, aus Sonderangeboten. Man freut sich über die Schnäppchen und verdrängt dabei, wie die billigen Schnitzel und Steaks, die billigen Hühner und Puten zustande kommen.

Das Düsseldorfer Landgericht sprach den 48jährigen Axel H. schuldig, in 107 Fällen Steuerhinterziehung und in 29 Fällen Betrug der Sozialversicherung begangen haben. Zusammen mit sieben Mittätern hat er einen Schaden von 14 Millionen Euro verursacht. Das Urteil beendete einen der größten Steuerstrafverfahren in Deutschland. Mit einem Geflecht von 50 Firmen hatten Axel H. und seine Komplizen bis zu 1000 Menschen an Schlachthöfe vermittelt. Diese arbeiteten zwar Vollzeit, wurden aber als 400-Euro-Jobber geführt, teils auch als Selbständige, so dass Sozialbeiträge und Einkommenssteuern vermieden wurden. Die Richterin Brigitte Koppenhöfer sagte: „Der Umfang der illegalen Tätigkeiten und deren Selbstverständlichkeit sind erschreckend. Das Gewerbe scheint von diesen Straftaten durchdrungen zu sein“.

Billiges Fleisch hat eigenwillige Produktionsfaktoren: Massentierhaltung, Antibiotika im Futter, gülleverseuchte Landstriche und Grundgewässer, Schnellmast, gering entlohnte Beschäftige, Steuer- und Abgabenumgehung, getarnte Beschäftigungsverhältnisse, Fleischmurks durch Fleischbehandlung mit Spezialmethoden und –stoffen für appetitliches Aussehen und fleischnahen Geschmack. Welcher Verbraucher will das mitverantworten?

Über sieben Millionen Tonnen Fleisch werden in Deutschland konsumiert. Das ist Spitze. Und das angesichts von Aufklärungskampagnen, Fleischskandalen, Fitness-Wellen und Diätwahn. Dabei wäre ein höherer Fleischpreis bei gleichzeitig verbesserten Produktionsbedingungen nicht nur machbar, sondern sogar wünschbar. Denn höherer Preis reduziert den Fleischkonsum. Und weniger Fleisch bedeutet mehr Lebensqualität für Mensch, Tier und Fauna. Da die Fleischindustrie wohl nicht selber auf diesen Trichter kommt, muss der Verbraucher eine Kehrtwende machen und mit denen an einem Strick ziehen, die Fleisch seltener, dafür aber bewusst ökologisch produziertes Fleisch essen. Denn das ist fair zum Tier, fair zum Beschäftigten, fair zur Natur und fair zu sich selbst. Weniger ist wirklich mehr. Mehr öko und bio ist mehr fair.

Kaufen & Haben
  Blog-Artikel
  Blog-Kategorien
  Blog-Archiv