900.000 Euro erstreiten wollte eine städtische Angestellte als Schmerzensgeld wegen jahrelangen Mobbings vor Gericht. Vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf scheiterte sie. Aus Mangel an Beweisen, wie das Gericht urteilte. Es entschied, dass das Verhalten des Arbeitgebers nicht als systematisches Mobbing zu werten sei (Aktenzeichen 17 Sa 602/12). Die Frau könne jahrelanges systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren durch Vorgesetzte bei der Stadt nicht nachweisen können.
Die 52-Jährige Diplomökonomin wollte mit der geforderten Summe ein Zeichen setzen und Wiederholungstäter abschrecken wollen. „Mir geht es darum, dass Mobbing auch mal aufhört hier in Deutschland“, sagte sie vor Gericht. Bislang wurde Mobbing-Opfern in Deutschland in der Regel zwischen 2000 und 5000 Euro zugesprochen. Der Anwalt der Klägerin, Michael Hiesgen, hatte schon im Januar vor Gericht kommentiert: „Diese Summen stellen keine abschreckende Wirkung für Unternehmen dar - noch eher für die Opfer, die für diese Summen jahrelang prozessieren müssen“.
Die Klägerin begründete ihre Klage damit, durch ihre Vorgesetzten jahrelang schikaniert worden zu sein. Sie hätten sie beschimpft und die Ergebnisse ihrer Arbeit als „Null“ bezeichnet, ihr Schulungen verweigert und sie mit einem Sonderauftrag an eine neun Kilometer entfernte Einsatzstelle „entsorgt“.
Angeblich hatte die Klägerin unrichtige Angaben über ihre Arbeitszeit gemacht, weswegen ihr die Stadt gekündigt hatte. Die Kündigung wurde jedoch vom Arbeitsgericht Solingen aufgehoben, weil die Stadt Solingen die Vorwürfe nicht beweisen konnte. Als sie ihren Dienst wieder aufnahm, wurde die Frau mit Prüfungen im Städtischen Klinikum Solingen beauftragt.
Das Landesarbeitsgericht erklärte in seinem Urteil auf eigenwillige Weise, dass länger dauernde Konfliktsituationen zum Arbeitsleben gehören können. „Nicht jede berechtigte oder überzogene Kritik durch den Arbeitgeber stellt eine Persönlichkeitsverletzung dar, zumal die Klägerin selbst Kritik in heftiger Form übte“, so die Düsseldorfer Richter. Mobbing liege erst vor, wenn sich „eindeutig eine schikanöse Tendenz erkennen lässt“. Außerdem habe die Klägerin selbst keinen ausreichenden Beitrag geleistet, um die verhärtete Auseinandersetzung zu entschärfen. Ein Mediationsverfahren hatte sie abgelehnt. Das Gericht hingegen gab bislang keine Hinweise, was eine schikanöse von einer nichtschikanösen Konfliktchronik unterscheide. Es gibt jedoch nach Auffassung der Fairness-Stiftung auch kurzzeitige unfaire Attacken sowie auch getarnte Schikanen, die sich einem Gericht nicht unbedingt erschließen, weil sie sehr administrativ und scheinbar rational daher kommen.
Nach der Urteilsverkündung zeigte sich die Diplomökonomin entsetzt. „Ich kann dieses Urteil nicht nachvollziehen. Mobbing-Opfer haben keine Lobby“, sagte sie. „Es ist ein bedrückendes Gefühl, morgen wieder zur Arbeit zu gehen“. Sie ist nun weiterhin als Rechnungsprüferin für die Stadt Solingen tätig. Mit dem aktuellen Urteil ist sie nun auch in zweiter Instanz gescheitert. Im vergangenen Jahr war sie vor dem Solinger Arbeitsgericht unterlegen. Eine Revision ließ das Düsseldorfer Gericht nicht zu.
http://www.fairness-stiftung.de/Schikanen.htm
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