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01.06.2015 12:01
Nahles unter Beobachtung - packt sie Burnout-Anlässe an?  

Wie soll in Zukunft die Arbeitswelt gestaltet sein? Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Diese Fragen hat die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles mit ihrem Grünbuch „Arbeiten 4.0“ nicht nur in den Vordergrund geschoben, sondern auch an die Spitze ihrer Themenpalette gestellt. In einem Interview mit Spiegel Online sagte die SPD-Politikerin: „Vor allem sehe ich meine Verantwortung darin, mich um die Menschen zu kümmern, die noch ohne Internet in die Arbeitswelt gestartet sind und sich nun darin zurechtfinden müssen. Ich will noch in dieser Legislaturperiode entsprechende Gesetze umsetzen“. Sie stellt fest, die Arbeitsunzufriedenheit der Deutschen sei zu hoch, "es gibt zu viele Burn-out-Opfer“. Auch die Grenze zwischen Privatleben und Beruf müsste neu ausbalanciert werden.

Andrea Nahles sagt von sich, es sei nicht ihr Ding, nur heiße Luft zu machen: „Was ich anpacke, meine ich ernst“. Und: „In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Ausfall an Arbeitstagen wegen psychischer Belastung verdoppelt, das Zutrittsalter bei Erwerbsminderung ist von 58 auf 48 Jahre gefallen. Da müssen wir ran! Das ist nicht zuletzt auch im Sinne der Arbeitgeber. Viele glauben ja, mit dem Herunterladen ihrer Lieblingsserie aufs Tablet seien sie in der Zukunft angekommen - aber die Digitalisierung betrifft ganz besonders auch unser Arbeiten. Wir wollen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darauf vorbereiten, welche Veränderungen sie mit der fortschreitenden Digitalisierung im Job erwartet. Vor allem sehe ich meine Verantwortung darin, mich um die Menschen zu kümmern, die noch ohne Internet in die Arbeitswelt gestartet sind und sich nun darin zurechtfinden müssen. Wir wollen die Arbeitgeber dazu animieren, neue Modelle zu ermöglichen. Vom Arbeitnehmer 4.0 wird immer mehr Flexibilität verlangt - das muss die andere Seite dann aber auch erfüllen. Bessere Führung heißt dann beispielsweise: Es muss möglich sein, Führungsaufgaben auch in Teilzeit wahrzunehmen. Wir versuchen das gerade in meinem Ministerium“.

Auf die Frage, ob das in ihrem Ministerium klappt, bekennt Nahles: „Eher nicht so gut, weil es noch eine Menge Hindernisse gibt. Da sind wir dran, ein Selbstläufer ist das jedenfalls nicht. In der Zukunft werden solche Modelle eine immer größere Rolle im Wettbewerb der Arbeitgeber um die besten Arbeitskräfte einnehmen“. Und was die Balance zwischen Berufs- und Arbeitsleben angeht, sagt sie: „Es geht um das richtige Maß, vernünftige Kompromisse - dann profitieren beide Seiten. Natürlich müssen wir auch über das Arbeitszeitgesetz reden, das ist noch an der Arbeitswelt 3.0 ausgerichtet. Mehr Arbeit von zu Hause kann bei dem einen mehr Freiheit bedeuten, bei der anderen nicht. Es muss jeder den passenden Weg finden können. Das meine ich mit Flexibilität. Ich will Arbeitnehmerrechte wahren und mehr Flexibilität schaffen. Das geht. Von starren Prinzipien halte ich nichts. VW ist da auch eher rigoros, BMW nicht, bei Daimler läuft gerade eine Mitarbeiterbefragung zu diesem Thema. Daran sieht man: Die Politik kann hier Leitplanken vorgeben, aber doch nicht über die einzelnen Branchen, Betriebe und Regionen Vorschriften machen. Elf Stunden Arbeitsruhe bei einer Krankenschwester sind weiterhin richtig - aber bei einem Angestellten, der abends seine Kinder ins Bett bringt und anschließend noch mal arbeitet, sieht das wieder anders aus“.

Mit ihrem Grünbuch, ihrer Priorisierung von Arbeiten 4.0 und ihrer Statement zur verbreiteten Arbeitsunzufriedenheit und zunehmenden psychischen Problemen am Arbeitsplatz hat Nahles ein sehr ambitioniertes Arbeitsfeld umrissen, das bei richtiger und schlüssiger Bearbeitung auch ein mehr an Fairness-Qualität in die Unternehmen und die Beziehungen zwischen Arbeitnehmer, Führungskräfte und Arbeitgeber bringen kann. Das Themenfeld ist hochkomplex und daher gar nicht einfach zu beackern. Gleichzeitig weckt Nahles Erwartungen und Hoffnungen auf Fortschritte bei der Qualität der Arbeitswelt und Führungskultur. Daher steht sich nun mit ihrem Wort „Was ich anpacke, meine ich ernst“ für einen ambitionierten Ansatz. Und damit unter Beobachtung.

"Arbeiten 4.0"

"Andrea Nahles im Spiegel-Interview"

"Zu Burnout und Stress - Infos und Checks"

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