Das Recht und die Rechtsprechung sind das eine, die Umsetzung des Rechts und der Rechtssprechung das andere. Dazwischen besteht bisweilen ein garstiger Graben. Davon können viele ein Lied singen, die zwar vor Gericht Recht bekommen, es aber hinterher in der Praxis nicht erhalten haben.
So auch im Fall der Asylgesetzgebung und Verfahrensregelungen. Das sehr restriktive Asylrecht wird von Sachbearbeitern und Amtsmitarbeitern in den zuständigen Ämtern und Behörden unfair gehandhabt. Die Organisation Pro Asy hat eine Stichprobe von 77 Asylverfahren gezogen und dabei massive Verstöße gegen Recht und Fairness festgestellt. Die Amtsmitarbeiter "lassen Länderkenntnisse vermissen, verstoßen gegen zentrale Verfahrungsgrundsätze, ignorieren und bagatellisieren Folter, arbeiten einseitig und unfair". Die Kritik wird durch Urteile der Verwaltungsgerichte begründet, die die ablehnenden Bescheide der Behörden aufgehoben hätten, weil erhebliche Mängel und Rechtsabweichungen festzustellen waren.
In einem mir persönlich bekannten Fall wurde einem afrikanischen 15jährigen Jungen, der in Afrika von Banden gezwungen und gefoltert worden war, als Kindersoldat zu arbeiten, eine Sehhilfe vom Amt verweigert. Fast blind war er als unbegleitetes Kind nach Deutschland gekommen, hatte zwei Operationen erhalten, so dass die Sehfähigkeit wieder deutlich bei 80% lag - vorher bei 10%. Durch die willkürliche Verweigerung der Sehhilfe in Höhe von 300 € trübte das Auge wieder ein, die Sehfähigkeit nahm stark ab. Nicht zuletzt auch Verschleuderung von Steuergeldern, aus denen die vorhergehenden Augenoperationen bezahlt worden waren.
Amtsbescheide müssen lückenlos kontrolliert werden, fordert Pro Asyl. Nicht nur das: bei regelmäßig unsachgemäßer Bearbeitung von Anträgen und Fällen durch die Sachbearbeiter muss es Konsequenzen geben für deren Tätigkeit, Funktion und Position.
Übrigens: Wussten Sie, dass Asyl suchende Jugendliche ab 18 Jahren die Kosten für ihre anwaltlich notwendige Begleitung bei Asylantrag selbst tragen und dass sie das mit 80 € Taschengeld im Schnitt monatlich schaffen müssen?
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