32 Billionen. So viele US-Dollar haben allein reiche Amerikaner in Steueroasen versteckt. Meldet die NGO Tax Justice Net (TJN). Eine Billionen-Summe Euro wird von Reichen aus Deutschland beigesteuert. Vor allem nach Singapur. Hinweise auf systematische Geldtransfers aus der Schweiz nach Singapur hat die NRW-Regierung nach eigenen Angaben auf angekauften sogenannten Steuer-CDs gefunden. Sie enthalten Listen von deutschen Steuerbetrügern, die ihr Geld unversteuert ins Ausland schaffen.
Doch diese Angaben hält die NRW-Finanzbehörde eher für „Beifang“. Neun Millionen Euro soll das Land NRW für die letzten vier CDs mit Daten zu Schwarzgeldkonten in der Schweiz gezahlt haben. Ein winziger Bruchteil jener 150 Milliarden Euro an Schwarzgeld, die deutsche Steuersünder nach Schätzungen der Steuergewerkschaft illegal auf Konten allein in der Schweiz lagern. Und das ist nicht alles. Steueroasen gibt es eine ganze Menge.
Alle Welt glaubt, Deutschland sei für Vermögende ein schwieriges Land. Zu hohe Steuern, lückenlose Kontrolle, Durchgriff der Finanzbehörde auf Konten, Diskriminierung von Reichtum. Würden Reiche ihren Anteil zum Staat und Gesellschaft leisten, wäre es ein blühendes Land: ohne Niedrig- und Dumpinglöhne, ohne Schlaglöcher in den Straßen und Schimmelwände in den Schulen, ohne Mangel an Erzieher und Erzieherinnen und ohne Altersarmut nach 40 Jahren Arbeit.
Das „Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland“ zeigt in seinem Informationsbrief vom April 2012 den Schattenfinanzindex 2011, dass Deutschland zu den Top Ten der Steueroasen gehört. Ja, Sie haben richtig gelesen.
Im Report heißt es: „Es gibt hierzulande einige gravierende Regulierungslücken, v.a. im Bereich der Offenlegung von wirtschaftlichen Eigentümern von Vermögen sowie bei den Anforderungen an die Unternehmenstransparenz. Hinzu kommen Schwächen in der Steuerverwaltung und bei der internationalen Kooperation zur Bekämpfung von Steuervermeidung und –hinterziehung sowie von Geldwäsche. Für die ‚Spitzenplatzierung’ Deutschlands ist in erster Linie die Größe des Finanzplatzes maßgeblich. Ohne die Gewichtung anhand des Anteils am globalen Markt für Finanzdienstleistungen käme Deutschland nur auf einen Platz im unteren Mittelfeld (Platz 57)“. In einer Tabelle listete der Report genau „die Indikatoren des SFI 2011 und Deutschlands Abschneiden im Überblick“ auf.
Deutschland hat nicht das Übereinkommen des Europarats / OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen von 1988 und nicht die UN-Konvention gegen Korruption von 2003 ratifiziert. Die Regierungsparteien CDU, CSU und FDP argumentieren, das sei nicht nötig, die deutschen Gesetze wären ausreichend.
Gelbe Karte für Merkel von LobbyControl: Wegen der Verweigerung der Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP unter Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Korruptionsbekämpfung tatkräftig und mit entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen voranzutreiben. Nach Informationen von LobbyControl gibt es allerdings nicht einmal eine konkrete Entschlussvorlage für die Sitzung des Innenausschusses. Das ist bezeichnend für die Blockadehaltung von Union und FDP, die die Empfehlungen des Europarats am liebsten stillschweigend ignorieren würden.
LobbyControl schreibt: „Trotz mehrerer Skandale bei Parteispenden und Parteisponsoring in den letzten Jahren ignorieren Bundesregierung und Bundestag das Thema. Merkel muss sich als Bundeskanzlerin und Parteivorsitzender der größten Regierungspartei endlich dafür einsetzen, dass die Empfehlungen nicht weiter verschleppt werden. Sonst ist ihre Tatenlosigkeit der Nährboden für die nächsten Parteispenden-Skandale.
Eine der Forderungen des Europarats ist es, die Veröffentlichungsschwellen für Parteispenden zu senken. Bisher müssen nur Spenden über 10.000 Euro veröffentlicht werden. Eine Analyse von LobbyControl zeigt, dass dadurch die Mehrzahl der Spenden intransparent bleibt. 2010 sind 61 Prozent der gesamten Spenden von Unternehmen und Verbänden an alle Bundestagsparteien unter der Schwelle geblieben. Bei den Spenden natürlicher Personen liegt der Wert mit etwa 81 Prozent noch höher. Der Fall des Spielautomatenherstellers Gauselmann hat letztes Jahr gezeigt, wie gezielt über Spenden einzelner Führungskräfte über eine Million Euro verdeckt an Union, SPD, FDP und Grüne geflossen sind, ohne dass dies in den Rechenschaftsberichten auftauchte“.
Was ist die Moral der milliardenschweren Steuerbetrüger, die Ethik einer christlich-liberalen Bundesregierung, die Korruption betreiben, zulassen und nichts gegen sie unternehmen? Was ist das tatsächliche Motiv? Gier und Geiz bei den Reichen, um im Wettbewerb der Reichste zu werden. Hier von Ehrgeiz zu sprechen, dürfte euphemistisch sein. Bei den Regierenden? Sich die Reichen nicht zu Feinden zu machen, denn ihr Reichtum ist eine Macht, die weit reicht. Und weiter reicht, als die Masse der Benachteiligten und der Lohnabhängigen. Es wird Zeit, die Politik aus dieser Umklammerung zu befreien und sie ihrem eigentlichen Zweck zu zuführen: dem Gemeinwohl zu dienen.
http://www.taxjustice.net/cms/upload/pdf/Deutsch/infosteuergerechtigkeit006.pdf
http://www.derwesten.de/politik/nrw-wirft-schweizer-bank-hilfestellung-bei-steuerbetrug-vor-id6969654.html
http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2012/06/5022-menschen-zeigen-merkel-die-gelbe-karte/
In englischer Sprache:
http://www.secrecyjurisdictions.com/PDF/Germany.pdf
http://www.secrecyjurisdictions.com/sj_database/Germany.xml#b128
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