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22.01.2013 14:07
Finanzkrise vernichtet 28 Millionen Jobs  

Seit 2007 haben durch die Finanzkrise 28 Millionen Menschen ihre Stelle verloren, 39 Millionen gaben die Jobsuche aus Frust auf. Die Experten rechnen damit, dass sich der Abwärtstrend fortsetzt. Die weltweite Arbeitslosigkeit wird nach Einschätzung der Internationalen Arbeitsorganisation der UNO (ILO) weiter deutlich steigen. Im laufenden Jahr dürfte die Zahl der Menschen ohne Job um 5,1 Millionen auf mehr als 202 Millionen zunehmen, teilte die Sonderorganisation der Vereinten Nationen am Dienstag mit.

Damit hat die Arbeitsorganisation ILO eine verheerende Bilanz der weltweiten Wirtschaftskrise gezogen, die durch die Finanzkrise und Finanzspekulation ausgelöst wurde. Ab 2014 werde die Arbeitslosigkeit um weitere drei Millionen steigen. Die krassen Deregulierungen und Methoden einer Gemengelage von Finanzbranche und Politik haben Millionen Existenzen und Perspektiven zerstört. Die selbstgefälligen Lobreden auf die positiven Wirkungen des global agierenden, frei flottierenden Kapitals, die allen Menschen letztlich zu Gute kämen, haben sich mindestens für die jetzige junge und die künftige Generation als Fairness-Washing entpuppt.

Die weltweite Beschäftigungskrise hat sich nach einer gewissen Erholung zu Beginn des Jahrzehnts im Jahr 2012 wieder verschlimmert, so das Ergebnis eines Berichts über Globale Beschäftigungstrends, den die ILO im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums in Davos vorgelegt hat. Im fünften Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise stieg die Zahl der Arbeitslosen um weitere 4 Millionen auf mehr als 197 Millionen. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 5,9 Prozent. Hinzu kommen 39 Millionen Menschen, die sich vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben, weil sie keine Hoffnung auf Beschäftigung mehr sehen.

„Die Unsicherheit über die konjunkturelle Entwicklung und die unzureichenden Gegenmaßnahmen der Politik schwächen die Nachfrage und bremsen Investitionen und Neueinstellungen“, sagte ILO-Generaldirektor Guy Ryder bei der Vorstellung des Berichts in Genf. „Dies hat den Einbruch bei der Beschäftigung noch in die Länge gezogen. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist rückläufig und die Dauer der Arbeitslosigkeit nimmt zu.“

Am schlimmsten von der Beschäftigungskrise betroffen sind junge Menschen. 2012 waren weltweit 73,9 Millionen Jugendliche ohne Arbeit – das entspricht einer Arbeitslosenrate von 12,6 Prozent – und ihre Zahl dürfte bis 2014 noch um eine halbe Million ansteigen. In Europa sind derzeit im Schnitt 12,7 Prozent der Jugendlichen weder beschäftigt noch in Ausbildung, fast zwei Prozentpunkte mehr als vor Ausbruch der Krise. Besonders besorgniserregend ist dabei, dass schon bei Jugendlichen die Langzeitarbeitslosigkeit zunimmt.

„Selbst wenn Arbeitsplätze neu entstehen, sind dafür oft Qualifikationen nötig, die die Arbeitssuchenden nicht haben“, erklärte Ryder. „Die Regierungen sollten daher ihre Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen verstärken, um die Lücke zwischen vorhandenen und geforderten Qualifikationen vor allem bei jungen Menschen zu schließen.“

Obwohl für dieses und das kommende Jahr noch mit einem leichten Wirtschaftswachstum zu rechnen ist, dürfte dieses nicht ausreichen, um die Lage auf den Arbeitsmärkten weltweit zu verbessern. Die ILO, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, prognostiziert in ihrem aktuellen Bericht vielmehr einen Anstieg der Zahl der Arbeitssuchenden auf über 210 Millionen in den kommenden fünf Jahren.

Am deutlichsten ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit in den Industrieländern. Die Krise in Europa zieht jedoch zunehmend auch andere Länder in Mitleidenschaft. Viele Beschäftigte weltweit sind dabei zwar nicht arbeitslos, leben aber trotzdem unterhalb oder nur noch ganz knapp über der Armutsgrenze.

„Es handelt sich um eine wahrhaft globale Krise, die nicht mit Maßnahmen allein auf nationaler Ebene zu bewältigen ist“, so Ryder weiter. „Die Unsicherheit – also die Ursache für die geringe Investitionsbereitschaft und die unzureichende Schaffung neuer Arbeitsplätze – wird nicht zurückgehen, wenn einzelne Staaten widersprüchliche Lösungsansätze verfolgen.“

Zur Verminderung der Unsicherheit empfiehlt die ILO eine Kombination dreier Maßnahmen: die Stützung der Nachfrage, gegebenenfalls durch öffentliche Investitionen, solange die private Investitionsbereitschaft schwach ist; Ausbildungs- und Umschulungsprogramme, um die Qualifikationslücke zu schließen; und eine Konzentration auf Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. So hat bereits in mehreren Ländern die Erfahrung gezeigt, dass Beschäftigungsgarantien für Jugendliche zielführend und zugleich erschwinglich sind. „Die Kosten des Nichtstuns, wodurch die Langzeitarbeitslosigkeit wachsen würde und Jugendliche den Anschluss an den Arbeitsmarkt verlieren würden, wären jedenfalls viel höher“, sagte Ryder.

Im vergangenen Jahr gab es der Ilo zufolge weltweit rund 197 Millionen Arbeitslose. Das waren 4,2 Millionen mehr als im Jahr zuvor. "Das Wachstum der Weltwirtschaft wird nicht stark genug sein, um die Arbeitslosigkeit schnell zu senken", schreiben die Ilo-Experten. Seit 2007 hätten mehr als 28 Millionen Menschen ihre Arbeit verloren, etwa 39 Millionen gaben die Suche nach einer Stelle wegen fehlender Erfolgsaussichten auf.

Besonders hart trifft die Wirtschaftskrise junge Menschen. Weltweit haben der Ilo zufolge fast 74 Millionen der 15- bis 24-Jährigen keinen Job. Bis 2014 könnte eine weitere halbe Million hinzukommen.

"Viele geraten gleich zum Start ihres Berufslebens in die Langzeitarbeitslosigkeit, das hat es in früheren wirtschaftlichen Abschwüngen nicht gegeben", heißt es in dem Ilo-Bericht. In den Industriestaaten habe mehr als ein Drittel der jungen Menschen ein halbes Jahr oder länger keinen Job. Dadurch verkümmerten ihre beruflichen und sozialen Fertigkeiten. Angesichts der hoffnungslosen Lage vor allem in Europa geben der Arbeitsorganisation zufolge viele junge Menschen die Suche nach einem Job auf.
http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---dgreports/---dcomm/---publ/documents/publication/wcms_202215.pdf

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