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12.07.2022 14:15
Raubbau an der Natur ungebrochen - Weltbiodiversitätsrat drängt auf Einsicht und Handlungsänderung  

Bericht des Weltbiodiversitätsrats IPBES Wissenschaftler kritisieren Profitgier zu Lasten der Natur
Was ist uns die Natur wert? Dieser Frage haben sich laut Spiegel-Online nun Fachleute des Weltbiodiversitätsrats IPBES in einem Bericht angenähert: Fazit: Gewinnstreben schließt die Berücksichtigung der vielfältigen Werte der Natur häufig aus:

„Im Grunde weiß die Menschheit schon lange, dass es um die Natur oft nicht gutsteht. Doch beim Schutz dieser wichtigen Ressource steht sich der Mensch selbst im Weg, bemängeln Wissenschaftler. Ein verengter Blick auf die Natur und ökonomisches Gewinnstreben verhindern einem nachhaltigen Artenschutz, erklärte der Weltbiodiversitätsrat IPBES nun in Bonn zu einem Expertenbericht.

Die Art, wie Natur in politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen bewertet werde, sei ein Schlüsselfaktor der globalen Biodiversitätskrise – zugleich aber auch eine Chance, sie anzupacken, hieß es. Ein vorherrschender Blick auf kurzzeitige Gewinne und wirtschaftliches Wachstum schließe die Berücksichtigung der vielfältigen Werte der Natur häufig aus.

Umweltverbände äußerten sich zustimmend. Der Naturschutzbund (Nabu) erklärte, das Bruttoinlandsprodukt steige oft, wenn Natur vernichtet werde, etwa um eine Straße oder einen Damm zu bauen. »Kurzfristig profitieren wir von günstigen Preisen für ein T-Shirt oder einen Liter Milch. Doch langfristig gefährden wir damit unseren Wohlstand«, sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Dieser hänge auch von intakten Ökosystemen ab.

Die Umweltstiftung WWF betonte: »Für die einen ist die Natur nur Lieferantin von Nahrung und Wasser, für die andern ist sie die schützenswerte Mutter Erde«. Politische Entscheidungen sollten in Zukunft die Vielfalt zwischen ethischen, ökonomischen und kulturellen Leistungen der Natur besser widerspiegeln. »Wir müssen dringend weg vom kurzfristigen und gewinnorientierten Denken, das Wachstum über alles andere stellt«, erklärte der WWF.

Bis zu eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht

Indigene Gruppen aus Südamerika begrüßten die Beschlüsse. »Wir feiern insbesondere die Empfehlung, unsere territorialen Rechte und unser traditionelles Wissen anzuerkennen, was für einen wirksamen Schutz des Amazonasgebiets unerlässlich ist«, erklärte José Gregorio Diaz Mirabal, Koordinator des Dachverbands der indigenen Gruppen im Amazonasbecken (Coica).

Den Bericht (»Values Assessment«) hatte ein Treffen mit mehr als 900 Vertretern der 139 IPBES-Mitgliedsstaaten am Samstag in Bonn gebilligt. 82 Experten aus 47 Ländern arbeiteten an dem Papier mit, das sich auf mehr als 13.000 wissenschaftliche Referenzen stützt. Laut einem schon 2019 veröffentlichten Papier dieses Gremiums sind bis zu eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Das Wirtschaftswachstum war als ein wichtiger Faktor genannt worden.

Laut dem neuen Report haben wirtschaftliche und politische Entscheidungen bestimmte Werte der Natur bevorzugt, die zum Beispiel der marktwirtschaftlich orientierten Nahrungsmittelproduktion nützlich sind. Damit werde aber nicht angemessen berücksichtigt, wie Eingriffe in die Natur sich auf die Lebensqualität von Menschen insgesamt auswirken. Außerdem werde übersehen, dass etwa Klimaregulierung und kulturelle Identität ebenfalls mit Natur zu tun haben.

Es gebe keinen Mangel an Ansätzen, um die Werte der Natur sichtbar zu machen. Woran es fehle, seien aber Methoden, mit der ungleichen Machtverteilung zwischen Gruppen umzugehen und die verschiedenen Werte der Natur in politische Entscheidungen einzubeziehen.

Studie über invasive Arten geplant

Mitautorin Patricia Balvanera aus Mexiko erklärte, angesichts der globalen Biodiversitätskrise sei eine Verlagerung von Entscheidungen hin zu den vielfältigen Werten der Natur wichtig. »Dies bedeutet auch eine Neudefinition von Entwicklung und guter Lebensqualität«, sagte Balvanera. In Bonn beschlossen wurde ein neuer IPBES-Bericht zum Thema Wirtschaft und Biodiversität, der 2025 fertiggestellt sein soll. Im kommenden Jahr soll eine Studie über invasive Arten vorgelegt werden“.

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