Kein Land bietet Frauen gleiche Chancen – nicht einmal die wohlhabendsten Volkswirtschaften. Weltweit genießen Frauen nicht einmal zwei Drittel der Rechte von Männern, wie eine Analyse der Weltbank zeigt und von Spiegel Online berichtet wird. Dabei könnte ihre Gleichberechtigung die Wirtschaft in kurzer Zeit erheblich ankurbeln.
Es ist kein Geheimnis, dass Frauen oftmals immer noch weniger verdienen als Männer, oder dass traditionelle Familienbilder sich nach wie vor hartnäckig in den Köpfen der Gesellschaft halten. Die Zahlen, die eine neue Analyse der Weltbank ermittelt hat, sind trotzdem ernüchternd: Frauen genießen demzufolge weltweit im Schnitt nur 64 Prozent der Rechte, die Männer haben. In der Praxis sei die Kluft zwischen den Geschlechtern noch größer, heißt es in dem Bericht. Ein Hauptgrund sei, dass es an den Maßnahmen zur Umsetzung erlassener Gesetze fehle.
Als Beispiel nennt die Weltbank, dass 98 Volkswirtschaften Rechtsvorschriften erlassen hätten, die Frauen für gleichwertige Arbeit gleiches Entgelt vorschreiben. Doch nur 35 Volkswirtschaften hätten Maßnahmen zur Lohntransparenz oder Mechanismen zur Bekämpfung des Lohngefälles verabschiedet.
Was für eine Verschwendung von Talenten. Und wie tragisch, dass in den Volkswirtschaften, in denen Talente am knappsten sind, diese am meisten verschwendet werden«, heißt es in der Analyse. Der Bericht hat Gesetze und Vorschriften in zehn verschiedenen Bereichen in 190 Volkswirtschaften untersucht.
Dabei hat sich die Weltbank unter anderem die Situation in den Bereichen Mobilität, Arbeitsplatz, Ehe, Elternschaft, Vermögen oder Ruhestand angeschaut. Als neue Indikatoren hinzugekommen sind Sicherheit vor Gewalt und Zugang zu Kinderbetreuungseinrichtungen. Wenn man alle untersuchten Bereiche einbezieht, bietet kein Land Frauen gleiche Chancen.
Deutschland kommt auf 85 von 100 möglichen Punkten und liegt damit zwar im oberen Mittelfeld, aber hinter Ländern wie zum Beispiel Italien, Neuseeland, Portugal, Belgien oder Kanada. Doch nicht in allen Ländern, die gut abschneiden, sind auch die unterstützenden Maßnahmen zur Umsetzung von Gesetzen sehr gut bewertet – ein Beispiel dafür ist Italien.
„Frauen haben die Macht, die Weltwirtschaft anzukurbeln“, aus dem Bericht der Weltbank
Deutschland und Frankreich haben einen geringen Abstand zwischen ihren Gesetzen und Maßnahmen zur Umsetzung, wie es weiter heißt. Beide Länder benötigten aber erhebliche Verbesserungen im Bereich Schutz vor Gewalt.
Ohne die beiden neuen Indikatoren haben wie im vergangenen Jahr Frauen in 14 von 190 Volkswirtschaften die gleichen gesetzlichen Rechte wie Männer – darunter in Deutschland. »Frauen haben die Macht, die Weltwirtschaft anzukurbeln, und doch werden sie durch Gesetze und mangelnde Umsetzung oft im Abseits gehalten«, so der Bericht.
Beseitigung geschlechtsspezifischer Unterschiede könnte Wachstumsrate verdoppeln
Die Beseitigung geschlechtsspezifischer Unterschiede bei Beschäftigung und Unternehmertum könne das globale Bruttoinlandsprodukt um mehr als 20 Prozent steigern, die globale Wachstumsrate könne sich in den kommenden zehn Jahren verdoppeln. »Doch überall auf der Welt hindern diskriminierende Gesetze und Praktiken Frauen daran, gleichberechtigt mit Männern zu arbeiten oder Unternehmen zu gründen.«
Als größte Schwäche wurde laut Bericht die Sicherheit von Frauen ausgemacht: Sie läge weltweit im Durchschnitt bei nur 36, was bedeutet, dass Frauen kaum ein Drittel des erforderlichen gesetzlichen Schutzes vor häuslicher Gewalt, sexueller Belästigung, Kinderheirat und Femiziden erhielten.
Mit Material von eru/dpa/AFX "Der Weltbank-Bericht 2024 zum Thema"
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