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16.02.2007 00:22
Schlammschlacht: Kardinal Meisner im Karneval  

Da hat der Kölner Kardinal Joachim Meisner mal eben den Hammer herausgeholt. Getroffen hat der Opus Dei-Förderer Meisner Horst Seehofer, seines Zeichens Bundesverbraucherminister und einer von zwei Kandidaten für den CSU-Vorsitz in Bayern. Meisner erhob schwere Bedenken, der Minister sei nicht wählbar, weil er ein außereheliches Verhältnis hätte und vom Vorsitzenden einer christlichen Partei verlangt werde, dass seine persönliche Lebensführung mit christlichen Vorstellungen übereinstimme. Denn danach bemesse sich die Glaubwürdigkeit. Das Private ist das Politische. Diesen Satz hat Meisner allerdings nicht gesagt, denn der ist aus der 68-Bewegung und die hasste Meisner wegen ihrer politisierenden Attitüde. Aber seine Minister-Schelte ist danach. Zugleich ein Rückfall in die moralinsauren fünfziger Jahre der Adenauer-Zeit, als die Kirche sich noch aktiv in Personalbesetzungen und Politikvorlagen aller Art einmischte.

Mit Opus Dei fördert Meisner seit Jahrzehnten einen innerkatholischen, reaktionären Geheimbund, der aus jedem seiner Schritte, Strategien und Mitgliedschaften ein Hehl macht. Ob das die bessere Lösung wäre: jeder hält seine Lebensweise geheim und kein Meisner kann ihm was am Zeug flicken? Woher hat Meisner seine Information? Aus der Bild-Zeitung, die als erste mit der Meldung an die Öffentlichkeit ging. Eine Zeitung, die für Wahrheit und lautere Absichten steht. Und die natürlich ebenso wenig wie Meisner mit der Attacke auf Seehofer die Absicht verband, den Weg für den Konkurrenten Seehofers um den CSU-Vorsitz, Erwin Huber, freizumachen, der für wirtschaftsfreundliche und –nahe Positionen steht. Seehofer teilt häufiger den Blick der kleinen Leute und sieht daher soziale Gerechtigkeitslücken eher und genauer als beispielsweise Kardinal Meisner, der in dieser Hinsicht noch nicht auffällig geworden ist.

Was Meisner indirekt empfiehlt, ist, öffentlich anders zu leben als privat. So machen es viele, auch CSU-Mitglieder, Pfarrgemeinderäte, Priester, Bischöfe und Kardinäle. Dermaßen unerfrorene Einlassungen wie von Meisner steigern bei einigen die Lust, ein Coming Out von Mitbrüdern heraufzubeschwören, denn etliche davon sind Meisner nicht unbekannt, aber solange sie ihre sexuellen Verhältnisse heimlich leben und die Priesterkinder unbekannt bleiben, stimmen ja persönliche Lebensführung und christliche Vorstellungen überein. Für die Bild-Zeitung und Kardinal Meisner.

Die CSU-Spitzen hatten gerade mehr Fairness im Kampf um den Vorsitz vereinbart. Da blieb nur Meisner, die Fairness zu missachten und mit Schlamm zu schmeißen. Richtig tugendhaft, der Kardinal. Zumal er bestimmt vorher genau und gewissenhaft mit Horst Seehofer über seine eheliche Situation, Hintergründe und Missdeutungen gesprochen hat. Wie ein katholischer Priester das eben so macht: vorbildlich seelsorglich. Es muss Karneval in Köln sein, wo dann alles Kopf steht, um den Kardinal Meisner für einen guten Priester und Kirchenführer zu halten.
http://www.sueddeutsche.de/,zl3/muenchen/artikel/773/101672

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