Hunderte Mitarbeiter kritisieren Amazons Klimapolitik. Sie fordern von Amazon mehr Einsatz für den Klimaschutz - und riskieren damit ihre Jobs. Eine Richtlinie verbietet Mitarbeitern öffentliche Kritik an Unternehmensentscheidungen. Eigentlich ist Amazons Mitarbeitern öffentliche Kritik am Unternehmen untersagt.
Eine Gruppe von 357 Angestellten hält sich jedoch nicht daran: In einem Blog-Eintrag von diesem Sonntag kritisieren die Amazon Employees for Climate Justice (AECJ, Amazon-Angestellte für Klimagerechtigkeit) die Klimaziele des Internetkonzerns als unzureichend. Sie rufen Amazon auf, deutlich ambitioniertere Ziele im Kampf gegen den Klimawandel zu setzen als bisher.
Im September vergangenen Jahres hatte Konzernchef Jeff Bezos mitgeteilt, sein Unternehmen wolle beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle einnehmen und bis zum Jahr 2040 CO2-neutral werden. AECJ fordert nun, dieses Ziel auf 2030 vorzuziehen.
"Als Amazon-Mitarbeiter sind wir nicht nur für den Erfolg des Unternehmens verantwortlich, sondern auch für seine Auswirkungen", sagte Softwareentwicklerin Sarah Tracy. "Es ist unsere moralische Pflicht, uns dafür einzusetzen, und die Änderungen der Kommunikationsregeln halten uns davon ab, dieser Verantwortung nachzukommen."
Tracy und ihre Kollegen unterschrieben den Blogeintrag mit Namen und Job-Titel, obwohl der Konzern ihnen vor Kurzem per Brief mit der Entlassung gedroht hatte, wenn sie weiterhin Kritik öffentlich äußerten. Bereits im vergangenen Jahr hatten mehr als 8000 Beschäftigte einen offenen Brief an Konzernchef Bezos unterzeichnet. Darin forderten sie, dass Amazon seine CO2-Emissionen senkt und seinen Einsatz fossiler Energien beendet. Amazon ist mit knapp 650.000 Mitarbeitern, so der neueste Stand von 2018, der weltgrößte Internethändler. Der Konzern wird unter anderem für die Belastungen seiner Paketlieferungen für das Klima kritisiert. Amazon nutzt fossile Brennstoffe, um seine Pakete in Flugzeugen und Lkw um die Welt zu transportieren. Der Konzern hat zudem einen gewaltigen Strombedarf, weil er für seine lukrativen Clouddienste große Datenzentren betreibt. In der Kritik steht auch, dass Amazon Anwendungen zu künstlicher Intelligenz (KI) an Firmen aus dem Ölsektor verkaufe. Amazon will bis 2030 nur noch erneuerbare Energien einsetzen
Amazon teilte nach der erneuten Kritik mit, dass es neben seinem Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden, auch bis 2030 zu 100 Prozent erneuerbare Energien einsetzen wolle. Auf die Vorwürfe zu den externen Kommunikationsrichtlinien entgegnete der Konzern, dass diese nicht neu seien, für alle Angestellten gleichermaßen gelten und denen anderer großer Firmen ähnelten. Tatsächlich ist es nicht ungewöhnlich, dass Unternehmen ihren Beschäftigten auferlegen, sich öffentlich mit Kritik an Unternehmensentscheidungen zurückzuhalten.
Die Zeitung "Washington Post", die Amazon-Chef Bezos gehört, zitierte in einem Artikel Amazon-Sprecher Drew Herdener mit den Worten, dass Amazon-Angestellte ermutigt würden, ihre Kritik stattdessen auf internen Plattformen zu äußern. Maulkorb nach außen, aber nicht nach innen? Schwer zu glauben.
Jedenfalls kann das 1 Billion teure Unternehmen laut Börsenwert sicher eine deutlich nachhaltige Klimapolitik betreiben. Doch durch das neue Angebot, Waren just in time innerhalb von 24 Stunden nach der Bestellung auszuliefern, hat 150 Millionen Kunden dieses Prime-Abonnement annehmen lassen. Was zu erhöhtem Lieferverkehr mit entsprechenden CO2-Abgasen und Schadstoffen führt.
mit Material von afp vom 27.1.2020
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