Das Karlsruher Lebensmittel-Institut MRI untersucht Produkte speziell für Kinder. Der Zuckeranteil in Getränken ist demnach seit 2019 sogar gestiegen. Darüber schreit Max Baumgart in der FR (5.7.23):
"Der Zuckergehalt in Erfrischungsgetränken für Kinder ist gestiegen – obwohl sich die Industrie eine Reduzierung zum Ziel gesetzt hat. Das zeigt das aktuelle Produktmonitoring des Bundesinstituts für Ernährung und Lebensmittel (Max Rubner-Institut/MRI), das Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) am Dienstag vorstellte. Seit 2019 ist demnach der Anteil an Zucker von 5,4 Gramm pro 100 Milliliter auf 6,3 Gramm gestiegen.
Ungefähr 7000 Produkte hat das MRI auf ihren Gehalt an Energie, Fett, gesättigten Fettsäuren, Salz und Zucker untersucht. Dabei hat das Institut aus Karlsruhe Fertigprodukte auf Basis von Joghurt und Quark, trinkbare Milchmischerzeugnisse, Erfrischungsgetränke wie zum Beispiel Cola, Frühstückscerealien, Suppen, Eintöpfe sowie Instantsuppen und -gerichte betrachtet.
Demzufolge enthalten Fertigprodukte mit Kinderoptik oft mehr Zucker als vergleichbare Produkte für Erwachsene. Damit sind Produkte gemeint, die wegen ihres Designs oder ihres Namens für Kinder ansprechend sind oder denen Sammelkarten oder Figuren beigelegt sind. Zum Beispiel stecken in Frühstückscerealien für Kinder durchschnittlich 17 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Der Durchschnitt bei Müsli und Cornflakes liegt bei 14,7 Gramm. Zwar sinkt der Zuckergehalt in Cerealien mit Kinderoptik seit 2016, aber er liegt weiterhin oberhalb des Grenzwerts der Weltgesundheitsorganisation von 12,5 Gramm pro 100 Gramm. Özdemir will Werbeverbot – kann sich aber nicht durchsetzen – Zuckerlobby ist stärker
Das MRI hat bei folgenden Produkten für Kinder einen höheren Zuckergehalt als bei Erwachsenenprodukten festgestellt: Frühstückscerealien, Waffelgebäck, Müsliriegel, Nudelsoßen, panierte Geflügelprodukte, Salami und reguläre Erfrischungsgetränke. Bundesminister Özdemir weist darauf hin, dass Kinder weniger Zucker vertragen als Erwachsene.
Was hinter den Zahlen steckt, führte Özdemir bei der Pressekonferenz vor: Er hielt bei der Pressekonferenz am Dienstag ein Glas mit 200 Milliliter Wasser hoch. In der anderen Hand hielt er ein Glas mit fünf Zuckerwürfeln – umgerechnet ungefähr 15 Gramm. „Das ist bei Erfrischungsgetränken, die sich gezielt an Kinder richten, die Menge an Zucker, die da drin ist“, sagte der Bundesminister. Er appelliert an die Industrie, den Anteil an Zucker in Getränken zu reduzieren. „Machen Sie es bitte so, dass auch die Kinder, deren Eltern nicht die Chance haben, genau Bescheid zu wissen und entsprechend aufzupassen, was ihre Kinder trinken, gesund alt werden können.“
Mit einem Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel möchte Özdemir das durchsetzen und die Industrie zur Anpassung ihrer Rezepturen bewegen. Nach einem langen Streit mit dem Koalitionspartner FDP hat er den Gesetzentwurf neulich entschärft. Er lasse sich aber nicht davon abbringen, Kinder vor Zuckerbomben und anderen ungesunden Lebensmitteln zu schützen, sagte Özdemir. „Jedes Kind in Deutschland soll die Chance haben, gesund aufzuwachsen – und zwar unabhängig von dem Einkommen der Eltern, der Bildung oder der Herkunft.“
Auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) spricht sich mit Bezug auf die Daten für verbindliche Regeln zum Schutz der Kindergesundheit aus".
Fazit: Selbstverpflichtungen der Industrie sind oft nicht zu trauen. Skepsis ist angebracht.
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