Einer der bedeutendsten politisch engagierten Psychoanalytiker, Friedenskämpfer und Ethiker ist tot. Prof. Dr. Dr. Horst-Eberhard Richter war der Fairness-Stiftung freundschaftlich verbunden. Er identifizierte sich mit den Inhalten und Aktivitäten der Fairness-Stiftung. Zum 10jährigen Jubiläum 2010 war er trotz seines hohen Alters eigens nach Frankfurt gereist, um an der Verleihungsfeier Deutscher Fairness Preis und Fairness-Initiativpreis 2010 sowie am Internationalen Fairness-Forum teilzunehmen. Prof. Richter war selbst Träger des Deutschen Fairness-Preises, den er 2001 erhielt. Die Laudatio hielt die weithin bekannte Dorothee Sölle, Friedenskämpferin wie er, Poetin und evangelische Theologin. Sie hatte gern die Laudatio für Horst-Eberhard Richter übernommen, der an diesem Tag den Deutschen Fairness Preis der Fairness-Stiftung bekam. Und sprachmächtig, sensibel, forsch und tiefsinnig wie immer fragte sie: „Brauchen wir nicht eine andere Sprache als die der Wissenschaft? Brauchen wir nicht andere Wünsche als die uns diktierten? Leben in seiner Fülle für alle - brauchen wir nicht, um das wünschen zu können, eine andere Kraft als die der rationalen Vernunft? Brauchen wir nicht das Glauben und das Hoffen, um irgendwann das Lieben zu lernen?“ Sie starb 2003.
Beide Friedenskämpfer sind bedeutende Gestalten der Zeitgeschichte, Vorbilder humanistischen Engagements und durch die Fairness-Stiftung verbunden.
Wir ehren Prof. Horst-Eberhard Richter durch ein bleibendes Gedenken, indem wir in seinem Sinne aktiv für Fairness eintreten, Unfairness entgegen treten sowie Bewusstsein und Kompetenz für Fairness erschließen. Horst-Eberhard Richter hat nicht nur durch seine zahlreichen Bücher, durch seinen Einsatz für die Psychiatriereform, durch den sozio-psychoanalytischen Blick auf die Familie, Gesellschaft und Wirtschaft neue soziale Bewegungen unterstützt und geistig unterfüttert, sondern auch durch ganz persönlichen Einsatz bei Demonstrationen und aktive Hilfe für benachteiligte Menschen ein Vorbild angegeben für alle, die humanistische Demokraten sein wollen und sein sollten. So war er „unbequem und engagiert“, durchdrungen von einer Leidenschaft dafür, dem Gewissen eine Chance zu geben und damit dem „Lernziel Solidarität“ voran zu helfen. Sein bedeutendstes kulturphilosophisches Werk dürfte „Der Gotteskomplex“ (1979) sein, dass unserer Gesellschaft die Analyse vor Augen hält und Perspektiven für die nächsten einhundert Jahre bietet, um der Menschheit den Weg aus der humanen Krise zu weisen, die hinter allen Krisen steckt.
Für seine Lösungsperspektiven griff der mehrfach international ausgezeichnete Wissenschaftler und Vordenker der Globalisierungskritiker auf zwei Quellen zurück: auf eine ganzheitliche sozial-psychoanalytische Tradition und auf eine christlich-ethische Tradition. Dabei setzt er sich besonders für ein sozial engagiertes gegen ein durch Macht korrumpiertes Christentum ein. Die Spiritualität von Franziskus und Clara ist für Richter eine wichtige Quelle zur Inspiration für ein neues menschliches Selbstverständnis, um Allmachtswahn durch Mitgefühl und Mitverantwortung zu überwinden. Vielfältige Gruppierungen und Projekte zeigen, dass damit begonnen worden ist, viele Menschen eine Disposition dafür haben und mehr praktischen Mut brauchen. Richters spornte an und rief dazu auf, sich öffentlicher einzumischen, sich deutlicher querzulegen und sich stärker noch miteinander zu verbünden, um den noch bevorstehenden Reifetest der Menschlichkeit zu bestehen.
Horst-Eberhard Richter starb am Montag, den 19.12.2011, mit 88 Jahren.
Wir sind dankbar, dass er unter uns und mit uns verbunden war. Er war ein Großer. Er ist es.
Norbert Copray
http://www.fairness-stiftung.de/Preisverleihung2001.htm
http://www.fairness-stiftung.de/pdf/BegruendungFuerPreisverleihung2001.pdf
http://www.fairness-stiftung.de/pdf/DankesredeHorstEberhardRichter2001.pdf
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