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18.03.2014 14:51
Verliert der TÜV seinen guten Ruf?  

TÜV Siegel haben ein hohes Ansehen, das sich der TÜV über Jahre erworben hat. Was ist jedoch, wenn der TÜV mit einem Siegel wirbt, dass kaum hält, was es verspricht?

Derzeit klärt der Bundesgerichtshof, ob beim TÜV Rheinland eine Pflichtverletzung bei der Zertifizierung von Brustimplantaten der Firma PIP vorliegt. PIP hatte jahrelang Brustimplantate mit gesundheitsschädlichem Industriesilikon versetzt. Plusminus berichtet, dass der Redaktion Unterlagen vorlägen, die Versäumnisse des TÜVs vermuten lassen.

In einem anderen Fall gaben Prüfer des TÜV Süd vor Gericht an, dass „sie (…) [im Prüfbericht] das hineinschreiben [würden], was der Auftraggeber will“. „Der TÜV erklärt das als Missverständnis. Nicht die Ergebnisse, sondern das Test-Design würden nach Wunsch des Kunden gestaltet“. Hierbei ging es um ein Blockkraftwerk einer GFE-Group, welches sich als Betrugsfall herausstellte. Der TÜV hatte fälschlicherweise einen „sensationell niedrigen Treibstoffverbrauch“ attestiert.

Vor fünf Jahren hat der TÜV Nord sein Prüfsiegel „geprüfte Fondsplausibilität“ für „besonders riskante geschlossene Fonds“ eingestellt. Zuvor war vom Bundesverband für Finanzdienstleistungen festgestellt worden, dass die TÜV-Noten „deutlich geschönt" seien.

Für kriminelle Zwecke nutzte die Firmengruppe S&K Immobilien eine Bescheinigung des TÜV Süd. Die Bescheinigung, laut TÜV nur für interne Zwecke gedacht, stellte fest, „dass sich der Wert der Immobilien von S&K fast verdoppelt“ habe. Zwar wurde die Bescheinigung von S&K missbraucht, allerdings scheint fragwürdig, weshalb der TÜV überhaupt eine solche Bescheinigung ausstelle, ohne den Wert der Immobilien zu prüfen.

Im Bereich nachhaltiger Palmöl-Produktion in Indonesien werfen Kritiker TÜV Nord und - Rheinland Gefälligkeitsgutachten vor. Ein solcher Fall wurde durch TÜV Nord bestätigt und betraf den Palmölproduzenten Wilmar.

Kritisch untersucht Panorama außerdem das Siegel „Service tested“ des TÜV Saarland. Auch hier kann festgestellt werden, dass der TÜV zwar Informationen zum Vorgehen der Kundenbefragung veröffentlicht, diese jedoch unvollständig sind und somit einen Mangel an Transparenz aufweisen.

Die aufgedeckten Fälle sind zum großen Teil sehr gravierend. Dennoch scheint es sich um Einzelfälle zu handeln. Es ist bislang keine systematische Strategie erkennbar, wonach der TÜV seine Qualität gemindert habe und Verbraucher täuschen wolle. Es bleibt jedoch abzuwarten, was der TÜV unternimmt, um die Qualität seiner Siegel zu sichern und vor Missbrauch zu schützen. Auf Seiten des TÜVs sind hierfür hohe Anstrengungen erforderlich. Dies gilt insbesondere für die Transparenz der Siegel in Bezug auf Vorgehensweisen und Ergebniserlangung. Aber nur so kann der TÜV seinen guten Ruf erhalten oder wiederherstellen.

Jolanda Butera, Diplom-Soziologin

Gefährliche Brustimplantate
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Wie der TÜV seinen guten Ruf verspielt
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Zum Siegel Service tested des TÜV
"Prüfprozess des TÜV bei Service tested"

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