Unfairness manifestiert sich in gesellschaftlicher Kommunikation über Menschen in Not und Kriegsfolgen. Damit wird der Weg bereitet und ausgebaut, der schließlich zu unfairer und inhumaner Verachtung führt. Der nächste Schritt sind dann tätliche Angriffe und strukturelle Ausgrenzungen. Wie Sven Christian Schulz in der Frankfurter Rundschau (18.10.23, S. 5) berichtet, stellt sich der DRK dem massiv entgegen:
„Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat scharf kritisiert, wie in Deutschland über Migration gesprochen wird. „Die aktuelle Migrationsdebatte ist geprägt von vielen Pauschalisierungen über Flucht und Zuwanderung. Dabei werden zu oft Drohkulissen aufgebaut und Ängste geschürt“, sagte Joß Steinke, der Bereichsleiter für Jugend und Wohlfahrtspflege, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
„Viel zu kurz kommt, dass Menschen in Not zu uns kommen, die in ihrer Heimat nicht mehr leben können, die Angst haben, nicht selten traumatisiert sind, die schlimme Dinge erlebt haben.“ Die Menschlichkeit komme zu kurz. „Wenn die Politik Entscheidungen auf der Basis der derzeit sehr pauschalen Zuschreibungen trifft, können die Maßnahmen am Ende völlig am Ziel vorbeigehen“, warnte er.
Als „fragwürdig“ bezeichnete Steinke das Bild, dass massenhaft Menschen aufgrund von Pull-Faktoren in das deutsche Sozialsystem einwandern wollen würden. Es könne „zu politischen Fehlschlüssen führen“ und so Deutschlands Lage verschlechtern. Menschen in Not, die fliehen müssen, würden weiterhin kommen. „Aber die Integration wird sehr viel schwerer und das Zusammenleben wird durch solche falschen Bilder weniger gelingen.“
Über Migration hatte zuletzt die Ministerpräsidentenkonferenz debattiert. Die Länderchefs drängten auf eine bundesweit einheitliche Bezahlkarte für Geflüchtete. Nur ein kleiner Teil der Leistungen für Asylbewerber:innen soll demnach in bar ausgezahlt werden. Das soll verhindern, dass Geld zu Familien ins Ausland überwiesen wird. Das könnten Asylsuchende aber ohnehin kaum, „denn sie erhalten nicht viel Geld“, so Steinke. Eine Bezahlkarte würden vor allem Bürokratie verursachen, aber keine Probleme lösen.
Eine weitere Forderung der Länder waren stationäre Grenzkontrollen zu Tschechien und Polen. Sie waren am Montagabend angelaufen, nachdem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eingelenkt hat. Faeser begründete dies mit der Begrenzung der irregulären Migration. Außerdem gehe es ihr darum, „die Schleusungskriminalität noch stärker zu bekämpfen“.
Aus Sicht des DRK ist jedoch zweifelhaft, dass die Ausweitung der Kontrollen der richtige Weg ist. Es sei „völlig unklar“, wie mit den Folgen umzugehen sei. „Dann stehen die Menschen – denn es geht um Menschen, oft Schutzsuchende, das dürfen wir nicht vergessen – an der Grenze und wir müssen uns überlegen, wie wir mit ihnen umgehen.“
Das Rote Kreuz fordert stattdessen neue Konzepte und mehr Mittel für die Bereitstellung von Wohnraum, für Integration und den Zugang zu Schulen, für die Beratung und den Spracherwerb. Dass der Bund ausgerechnet bei der Beratung von Geflüchteten die Mittel kürzen wolle, sei ein Unding, so Steinke. Er forderte langfristige Lösungen in Deutschland und Europa, bei denen Menschlichkeit angesichts vieler Krisen und Kriege im Fokus stehe“.
Es ist unerlässlich, überall und zu jeder Zeit auch nur den subtilen Ausdrücken von Menschenverachtung und Menschenmissachtung entgegenzutreten. Fairness wird oft dadurch ermöglicht, dass Unfairness erkannt, angesprochen und konfrontiert wird. Fair, indes klar, deutlich und konstruktiv.
|